Monday, September 25, 2023

Der Regierungschef, der böse Witze über Putin macht

WELT Der Regierungschef, der böse Witze über Putin macht Artikel von Sebastian Gubernator • 3 Tag(e) Im UN-Sicherheitsrat bringt der albanische Premier Edi Rama den russischen Vertreter unter Gelächter zum Schweigen. Es ist nicht der erste Witz, den Rama auf Kosten Moskaus macht. Unkonventionell war er schon zu Beginn seiner politischen Karriere. Edi Rama beim Treffen des UN-Sicherheitsrats in New York Edi Rama brauchte nur zwei Sätze, um den Stellvertreter des russischen Regimes in die Schranken zu weisen. Der albanische Präsident ist derzeit Vorsitzender des UN-Sicherheitsrates. Bei der Sitzung des Gremiums am Mittwoch geriet er mit dem russischen UN-Botschafter Wassili Nebensia aneinander. Der kritisierte, dass der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj nach dem UN-Generalsekretär als erster das Wort ergreifen durfte. Das werde die Sitzung in eine „Ein-Mann-Stand-up-Show“ verwandeln. Rama, der die Sitzung leitete, entgegnete kühl: „Es gibt eine Lösung dafür, wenn Sie einverstanden sind. Sie beenden den Krieg – und Präsident Selenskyj wird nicht das Wort ergreifen.“ Als wäre das nicht genug, legte Rama mit einem Wortwitz auf Kosten des russischen Regimes nach. Er verteidigte seine Entscheidung, Selenskyj sprechen zu lassen, unter allgemeinem Gelächter mit den Worten: „Dies hier ist keine Spezialoperation der albanischen Präsidentschaft.“ Eine Anspielung darauf, dass Moskau seinen Feldzug in der Ukraine nicht als Krieg, sondern als „militärische Spezialoperation“ bezeichnet. Rama, der seit 2013 Premierminister von Albanien ist, fällt nicht zum ersten Mal mit spitzen Bemerkungen gegen Russland auf. Anfang September ging ein Video von einer Konferenz in Slowenien viral, in dem zu sehen ist, wie Rama auf dem Podium einen Witz über Wladimir Putin macht. „Ich weiß nicht, ob Sie davon gehört haben, dass Russland darüber nachdenkt, die Zeitzonen zu vereinheitlichen. Weil sie zwischen dem einen Ende des Landes und dem anderen eine Differenz von neun Stunden haben. Der Premierminister ist zu Putin gegangen und hat gesagt: ,Herr Präsident, wir haben ein Problem. Meine Familie ist im Urlaub, ich habe sie angerufen, um gute Nacht zu sagen, aber bei ihnen war es schon Vormittag, sie waren am Strand. Ich habe Olaf Scholz angerufen, um ihm zum Jubiläum zu gratulieren, und er sagte: Es ist morgen. Ich habe Xi Jinping zum Neujahr angerufen, und er sagte: Es ist noch immer das alte Jahr. Und Putin sagt: ,Ja, das ist mir auch passiert. Ich habe Prigoschins Familie angerufen, um ihr mein Beileid für ihren Verlust auszudrücken, aber das Flugzeug war noch gar nicht gestartet.‘“ In dem Video ist Gelächter aus dem Publikum zu hören. Rama selbst lehnt sich nach der Pointe zurück und lacht herzlich mit. Rama hat einen bewegten Werdegang hinter sich Der Chef der Wagner-Söldner, Jewgeni Prigoschin, war im August rund zwei Monate nach seinem gescheiterten Aufstand bei einem Flugzeugabsturz ums Leben gekommen. Dies hatte Spekulationen darüber ausgelöst, dass die Maschine im Auftrag von Putin abgeschossen worden sein könnte. Der 59-jährige Rama hat einen bewegten Werdegang hinter sich. In den frühen 80er-Jahren spielte er Basketball im albanischen Nationalteam. Später lehrte er als Professor an der Kunstakademie in der Hauptstadt Tirana und machte sich international als Künstler einen Namen. 1989 wurde er Teil der Demokratiebewegung in Albanien, die ein Jahr darauf den Übergang vom Kommunismus zu einem pluralistischen System erzwang. Im Oktober 2000 trat er zur Bürgermeisterwahl in Tirana an und gewann. Das rot angestrichene Ministerium für Stadtentwicklung und Tourismus in Tirana Während seiner Amtszeit verfolgte er die Vision, Tirana zur „farbenfrohsten Hauptstadt der Welt zu machen“, indem er graue Fassaden bunt anstreichen ließ. Er gab sich unkonventionell und kokettierte gern damit, gar kein Politiker zu sein, sondern ein „Künstler, der Politik als Instrument benutzt, um gewisse Dinge zu verwirklichen“. Im September 2013 wurde Rama Ministerpräsident. Während seiner ersten Amtszeit wurde Albanien offiziell als EU-Beitrittskandidat anerkannt. 2017 und 2021 wurde Rama im Amt bestätigt.