Friday, March 18, 2022
China-Botschafter gibt Ukraine ein Versprechen - Fieser Seitenhieb aus Deutschland gegen Putin
China-Botschafter gibt Ukraine ein Versprechen - Fieser Seitenhieb aus Deutschland gegen Putin
Erstellt: 18.03.2022, 08:24 Uhr
Von: Sven Hauberg
Am 4. Februar trafen sich Russlands Präsident Wladimir Putin (links) und der chinesische Staats- und Parteichef Xi Jinping in Peking.
In einem Zeitungsbeitrag behauptet Chinas US-Botschafter, Peking habe vom russischen Einmarsch in der Ukraine nichts gewusst. Dabei verwendete er auch einen Begriff, den China bislang vermied.
Update vom 17. März 2022, 12.00 Uhr: Der ehemalige deutsche Außenminister Joschka Fischer glaubt nicht, dass China „in Nibelungentreue“ an Wladimir Putin festhalten werde. „Der Unterschied zwischen Russland und China ist: Beides sind zwar autoritäre Regime, aber die Chinesen leben im 21. Jahrhundert, während Putin den Rückwärtsgang eingelegt hat. Er ist eher eine Figur des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts“, sagte Fischer der Nachrichtenagentur dpa.
Da die chinesische Wirtschaft von den europäischen und amerikanischen Märkten abhängig sei, werde China „kein unverantwortliches Hasardspiel spielen“, so Fischer, der von 1998 bis 2005 erster grüner Außenminister war. Es bestehe aber die Gefahr, „dass China durch eine falsch verstandene Solidarität mit Russland“ sein Verhältnis zum Westen infragestelle.
Erstmeldung vom 16. März 2022: München/Washington – Wusste China* bereits Anfang Februar von Russlands Plänen, in der Ukraine einzumarschieren? US-Berichten zufolge hatte Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping* Russlands Machthaber Wladimir Putin bei dessen Besuch in Peking gebeten, mit einer Invasion bis zum Ende Olympischen Winterspiele zu warten*. China reagierte empört. Nun wies Chinas Botschafter in Washington, Qin Gang, in einem Meinungsstück für die Washington Post die Vorwürfe erneut zurück. Dabei sprach er überraschend sogar von einem „Krieg“. Bislang war in Äußerungen Pekings meist von einem „Konflikt“ die Rede.
Die entscheidende Aussage in dem am Dienstag veröffentlichten Text: „Hätte China von der drohenden Krise gewusst, hätten wir unser Bestes getan, um sie zu verhindern.“ Mit seinem Beitrag wolle er aufzeigen, „wo China in der Ukraine-Krise* steht“, so Qin, und „Missverständnisse und Gerüchte“ widerlegen. Dazu gehören laut Qin auch „Behauptungen, China habe von diesem Krieg gewusst, ihn gebilligt oder stillschweigend unterstützt“.
China habe vielmehr gar kein Interesse an dem Krieg: „Der Konflikt zwischen Russland und der Ukraine ist nicht gut für China.“ Schließlich sei Peking der größte Handelspartner von Russland* und der Ukraine und der weltgrößte Importeur von Rohöl und Erdgas. Außerdem hätten sich zu Beginn des Krieges mehr als 6000 chinesische Staatsbürger in der Ukraine aufgehalten. Diese wurden tatsächlich erst mit mehreren Tagen Verzögerung aus dem Land evakuiert*.
China: Russland soll Peking um militärische Ausrüstung gebeten haben
Qin verwies auf mehrere diplomatische Initiativen unter chinesischer Beteiligung, etwa auf ein Gespräch zwischen Xi Jinping, Emmanuel Macron und Olaf Scholz sowie auf ein Treffen zwischen Pekings oberstem Außenpolitiker Yang Jiechi mit Joe Bidens Nationalem Sicherheitsberater Jake Sullivan*. Doch ein Thema sparte er in seinem Kommentar aus: Mehrere US-Medien hatten zuletzt berichtet, Russland habe die chinesische Regierung nach Beginn des Krieges in der Ukraine um militärische und wirtschaftliche Hilfe gebeten. Ein Sprecher des chinesischen Außenministeriums hatte entsprechende Behauptungen am Montag noch als „bösartig“ zurückgewiesen, Qin erwähnte sie nun nicht.
Wie der Spiegel berichtet, hatten Vertreter der US-Regierung der deutschen Bundesregierung am Montag mitgeteilt, Moskau habe aus Peking eine „positive Antwort“ auf die Bitte erhalten, sowohl militärisches Gerät zu liefern als auch die Wirtschaftsbeziehungen aufrechtzuerhalten. „Selbst wenn China bisher noch keine letalen Waffen geliefert hat und die internationalen Sanktionen nicht komplett auffangen kann, unterstreicht das intensive Engagement von Präsident Xi Jinping mit Wladimir Putin seinen Willen, Russland zu unterstützen – selbst, wenn dies Chinas Reputation beschädigt“, zitiert der Spiegel einen nicht näher genannten Offiziellen. US-Berichten zufolge hat sich Moskau von Peking neben Feldrationen für seine offenbar schlecht versorgen Soldaten auch gepanzerte Fahrzeuge, Boden-Luft-Raketen und Drohnen gewünscht.
Der Analyst Alexander Gabuev vom Moskauer Carnegie Center schrieb dazu auf Twitter, „Russlands Ersuchen um einige Arten von chinesischer militärischer Ausrüstung erscheint plausibel“. Gabuev glaubt aber auch, dass es sich dabei um den „Teil eines laufenden Verhandlungsprozesses, der Putins Invasion in der Ukraine vorausgeht“, handelt. Igor Denisov vom Moskauer Institut für Internationale Beziehungen sieht es ähnlich: „Höchstwahrscheinlich handelt es sich um routinemäßige Arbeitskontakte, die vielleicht schon mehr als ein Jahr andauern und nichts mit der dringenden Militärhilfe für Russland in der Ukraine zu tun haben“, schreibt der Analyst bei Twitter.
Chinas Botschafter in Lwiw: „China wird die Ukraine niemals angreifen“
Ob China bereits Waffen oder anderer Ausrüstung an Moskau geliefert hat, ist ebenso unklar wie die Frage, ob es eine entsprechende Bitte Russlands überhaupt gegeben hat. Die USA jedenfalls haben Peking vor einem derartigen Schritt gewarnt: Regierungssprecherin Jen Psaki sagte am Montagabend Ortszeit in Washington*, „dass es erhebliche Konsequenzen geben wird, falls sie militärische oder andere Hilfe leisten, die natürlich gegen Sanktionen verstößt oder die Kriegsanstrengungen unterstützt“.
Chinas Reaktion auf den russischen Einmarsch in der Ukraine ist seit Beginn des Kriegs ambivalent. Einerseits betonte Peking mehrfach die Freundschaft zu Russland, drückte aber auch sein Bedauern über zivile Opfer aus und verwies auf die Souveränität der Ukraine. Der chinesische Botschafter in der Ukraine, Fan Xianrong, unterstrich am Montag in Lwiw die Verbundenheit der beiden Länder. „China wird die Ukraine niemals angreifen, wir werden helfen, vor allem im wirtschaftlichen Bereich“, so Fan laut einer Mitteilung der Verwaltung von Lwiw.
Chinas Botschafter: Kritik an westlichen Russland-Sanktionen
Ansonsten wiederholte Qin Gang in seinem Zeitungsbeitrag bereits bekannte Standpunkte Chinas: Die Souveränität und territoriale Integrität aller Staaten müssten respektiert werden, gleichzeitig aber auch „legitime Sicherheitsinteressen“ Russlands berücksichtigt werden – ein Hinweis auf Pekings mehrfach geäußerte Kritik an der Nato. Qin sprach sich erneut gegen die Sanktionen aus, die gegen Russland erlassen worden waren. Auch wies Chinas Botschafter Vermutungen zurück, Peking könnte den Einmarsch in der Ukraine als Blaupause für eine Invasion Taiwans nutzen*: „Das ist ein Irrtum. Es handelt sich um völlig unterschiedliche Dinge. Die Ukraine ist ein souveräner Staat, während Taiwan ein untrennbarer Teil von Chinas Territorium ist.“ Peking betrachtet Taiwan* als abtrünnige Provinz, obwohl die demokratisch regierte Insel nie Teil der Volksrepublik China war.
China kritisiert die westlichen Sanktionen gegen Russland vehement und zeigt dabei mit dem Finger vor allem auf die USA. Außenminister Wang Yi hatte in einem Gespräch mit seinem niederländischen Amtskollegen Wopke Hoekstra laut Pekings Staatsmedien am Dienstag ebenfalls darauf verwiesen, dass die Sanktionen „die schwierige Erholung der Weltwirtschaft erneut erschwert und den Lebensunterhalt verschiedener Länder unangemessen beeinträchtigt“ hätten.