Thursday, September 26, 2024
Trump gekränkt: Selenskyj fällt beim Ex-Präsidenten durch
WAZ
Trump gekränkt: Selenskyj fällt beim Ex-Präsidenten durch
Artikel von Miguel Sanches • 1 Std. • 3 Minuten Lesezeit
Mit Donald Trump hat es sich Wolodymyr Selenskyj verscherzt. Zu einem Treffen wird es noch kommen. Am Freitag empfängt der republikanische Präsidentschaftskandidat den Mann aus Kiew am Morgen im Trump Tower. Ein Krisengespräch. Trump ist gekränkt.
Der USA-Besuch des ukrainischen Präsidenten hat zu einer Klärung geführt. Fortan ist er auf Gedeih und Verderb von den Demokraten abhängig. Selenskyj kann nur hoffen, dass deren Kandidatin Kamala Harris die US-Wahl gewinnt. Die bisherige Vizepräsidentin unter Joe Biden bietet ein Höchstmaß an Kontinuität: an Beistand im Ukraine-Krieg.
Die Republikaner sind aufgebracht. Sie nehmen Selenskyj zwei Handlungen übel. Zum einen hat er im Vorfeld seiner Visite in Amerika in einem Interview mit dem Magazin „New Yorker“ Trumps Vizekandidaten J.P. Vance als „zu radikal“ bezeichnet. Vance hatte der Ukraine nahegelegt, eine Art Diktatfrieden mit Kremlchef Wladimir Putin zu machen; also die Gebiete abzutreten, die Russland ohnehin schon erobert hat.
Trumps Kränkung
Er schlug den Sack und meinte den Esel? So ist es jedenfalls beim republikanischen Präsidentschaftskandidaten angekommen, also: schlecht. Trump bemerkte im Walkampf in North Carolina, „der Präsident der Ukraine ist in unserem Land. Er macht böse kleine Verleumdungen gegenüber Ihrem Lieblingspräsidenten.“ Er meinte natürlich sich selbst.
US-Wahlkampf: Trump gibt Selenskyj Schuld für Krieg in der Ukraine
Unabhängig von der narzisstischen Kränkung und davon, dass Trumpf pflichtschuldig seinen Vize verteidigte, ist er tatsächlich auch nicht länger bereit, die Ukraine zu unterstützen. „Diese Städte sind weg, sie sind weg, und wir geben weiterhin Milliarden von Dollar an einen Mann, Selenskyj, der sich weigerte, einen Deal zu machen“, so Trump.
Mischte sich Selenskyj im Wahlkampf ein?
Zum anderen sind die Republikaner auch verärgert, weil Selenskyj mit führenden Demokraten eine Munitionsfabrik in Pennsylvania besuchte. Der Sprecher des US-Repräsentantenhauses, Mike Johnson, schimpfte, der Besuch sei „darauf ausgelegt, den Demokraten zu helfen“ und käme einer „Wahlbeeinflussung“ gleich.
Pennsylvania ist ein sogenannter Swing State; das Rennen ist so eng, dass jeder Stimme zählt. Jede kleinste Einmischung kann entscheidend sein. Die politische Toleranzschwelle gegenüber Selenskyj war niedrig. Nicht jetzt, nicht dort.
Die Republikaner haben eine Untersuchung angekündigt und schon zuvor die Ukraine aufgefordert, ihre Botschafterin aus Washington abzuziehen. Selenskyj hat in ihren Reihen Sympathien verspielt. War er zu forsch? Wäre es vergebliche Mühe gewesen, um Trump zu buhlen?
Nur zwei haben ein Ohr für seinen „Siegesplan“: Biden und Harris. Der amtierende Präsident brachte ein Militärpaket im Wert von rund acht Milliarden US-Dollar auf den Weg, einschließlich Gleitbomben, Patriot-Raketen und der Ausbildung von Piloten im Kampfjet F-16.
Offen ist, ob Biden der Ukraine erlaubt hat, Langstreckenwaffen auf russisches Territorium abzufeuern. Denkbar ist es, etwa in einer vertraulichen Protokollnotiz. Immerhin sagte Biden: „Lassen Sie mich eines klarstellen: Russland wird in einem Krieg nicht die Oberhand gewinnen … die Ukraine wird die Oberhand gewinnen.“
„Sie haben Hitler besiegt, sie haben Napoleon besiegt“
Zu Harris gelang es Selenskyj, ein enges Verhältnis aufzubauen. Das erkennt man daran, wie sie sich zum Ukraine-Krieg positioniert: „Fünf Tage vor dem russischen Angriff auf die Ukraine traf ich mich mit Präsident Selenskyj, um ihn vor Russlands Invasionsplänen zu warnen. Ich half dabei, eine globale Reaktion – über 50 Länder – zu mobilisieren, um uns gegen Putins Aggression zu verteidigen“, sagte sie. „Und als Präsidentin werde ich der Ukraine und unseren NATO-Verbündeten fest zur Seite stehen.“ Eine Frau, ein Wort.
Trump hingegen glaubt keine Sekunde an einen „Siegesplan“. In dieser Woche bemerkte er über Russland, „Sie haben Hitler besiegt, sie haben Napoleon besiegt – das ist, was sie tun, sie kämpfen.“ Im Klartext: Sie werden schon mit der Ukraine fertig.