Thursday, September 26, 2024

EU-Land geht eigene Wege: Es umgarnt Chinas Autobauer

EFAHRER.com EU-Land geht eigene Wege: Es umgarnt Chinas Autobauer Artikel von Isabelle Tran • 17 Std. • 3 Minuten Lesezeit Ab 2025 plant BYD die Produktion im ungarischen Szeged. Nio, BYD und CATL – all diese großen Namen aus China betreiben bereits Produktionsstandorte im mitteleuropäischen Ungarn oder planen dort die Eröffnung großer Werke. Für die enge Zusammenarbeit und Investitionen aus Fernost macht sich der ungarische Staatschef Viktor Orbán seit geraumer Zeit stark. Darüber berichtet unter anderem das US-Newsportal Business Insider und bezieht sich dabei auf Analysen der Nachrichtenagentur Bloomberg. Dank staatlicher Subventionen, Ladenetzausbau und Steuervergünstigungen erfuhr die Elektromobilität in Ungarn in den vergangenen Jahren einen entsprechend großen Aufschwung. Doch vor dem Hintergrund der politischen Gesinnung des Regierenden und seiner oftmals umstrittenen Aussagen dürfte es bei der Verflechtung mit China weniger um nachhaltige Technologien, Umweltschutz und Energiewende gehen als vielmehr um den wirtschaftlichen Vorteil seines Landes, den Orbán fest im Blick hat. Ungarn ist viertgrößter Batterieproduzent der Welt – wie kam es dazu? Dem Bericht von Bloomberg zufolge mauserte sich Ungarn binnen kürzester Zeit zu einem der wichtigsten Produzenten von Batterien weltweit. Die Ausfuhr von Akkus ist gegenwärtig das wichtigste ungarische Exportgut. Zu den Firmen, die in Ungarn Produktionsstandorte betreiben wollen, gehören neben CATL auch EVE Energy aus China und der südkoreanische Energiekonzern SK Innovation (SKI). Bei den Autobauern sind es keine Geringeren als die Großen aus China, die in Ungarn ihre Zelte aufschlagen: BYD errichtet gegenwärtig ein Werk in Szeged, das 2025 in Betrieb gehen soll. Hersteller Nio eröffnete 2022 die erste Fertigungsstätte außerhalb des Heimatmarkts und entschied sich für Biatorbágy in Ungarn. Im Nio-Werk Power Europe wird vorwiegend Lade-Equipment gefertigt. Für die Investitionen aus Fernost setzt sich Ungarns Staatschef Viktor Orbán persönlich ein. Der populistische Politiker, der sich seit Jahren mit fragwürdigen Mitteln an der Macht hält, hat die Bedeutung der Elektromobilität für die eigene Wirtschaft erkannt. So baut die Regierung nicht nur das Ladenetz stark aus, sondern vergibt auch großzügige Subventionen und Steuervorteile beim Elektroautokauf an ihre Bürger. Seit 2017, so die Rechnung Bloombergs, pumpte Budapest umgerechnet rund 17,8 Milliarden Euro in den E-Auto-Sektor. Die Organisation Transport & Environment berichtet, dass das Vereinigte Königreich beispielsweise zwischen 2021 und 2023 rund 26 Milliarden Euro in den E-Mobility-Sektor investierte. Das ist zwar ein deutlich kürzerer Zeitraum, doch mit knapp zehn anstatt 66 Millionen Einwohnern ist Ungarn wesentlich kleiner als Großbritannien und hat auch eine deutlich kleinere Wirtschaftskraft. Die Zahlen zeigen, wie angestrengt Viktor Orbán auf die Elektromobilitätskarte setzt. Welche Ziele verfolgt Orbán mit der chinafreundlichen Politik? Mit einer Arbeitslosenquote von 4,2 Prozent herrscht in dem kleinen mitteleuropäischen Land Ungarn fast Vollzeitbeschäftigung. Doch das reicht dem Regierungschef offenbar noch nicht. Für Orbán, der seit Juli 2024 den EU-Ratsvorsitz innehat und mit fragwürdigen Aktionen die europäischen Partner erzürnt, ergibt sich aus der Kooperation mit chinesischen Herstellern eine Win-win-Situation: Ungarn baut die eigene Wirtschaft und Wettbewerbsfähigkeit weiter aus, während die Chinesen in Europa Fuß fassen können. Vor dem Hintergrund der hohen EU-Strafzölle auf E-Autos aus China sind die Autobauer vermehrt auf der Suche nach europäischen Produktionsstandorten. Wenig überraschend ist, dass Orbán die Strafzölle ablehnt. Es geht dem Politiker womöglich am Ende nicht um die Antriebswende und ihre positiven Effekte für die Umwelt, sondern vielmehr darum, sich einen Teil des großen Kuchens zu sichern. Business Insider merkt an, dass die starke Konzentration auf die chinesischen Firmen nicht immer nur positiv für Budapest ist. Denn: Insbesondere die chinesischen Batteriehersteller setzen oftmals eher auf die eigenen Zulieferer als auf eine Zusammenarbeit mit ungarischen Unternehmen. Die haben das Nachsehen. Problematisch ist auch, dass das 10-Millionen-Einwohner-Land mit einem Arbeitskräftemangel kämpft. Der Betrieb großer Produktionsstätten benötigt jedoch eine große Zahl an Arbeitnehmern. Da Budapest sich gegen Zuwanderung wehrt, dürfte es spannend werden, wie Orbán dieses Problem lösen will. Vor der aktuellen Autokrise bleiben im Übrigen auch die Ungarn nicht gefeit. Business Insider beziffert den Rückgang der ungarischen Wirtschaftskraft im zweiten Quartal 2024 auf 0,2 Prozent. Der Rückgang stehe, so der Bericht, im direkten Zusammenhang mit der geringen E-Auto- und Batterieproduktion angesichts mangelnder Nachfrage. Auch die drohende Handelskrise zwischen der EU mit Peking wirkt sich negativ aus. Ob Orbáns E-Mobility-Strategie aufgeht, wird sich in den kommenden Monaten erweisen.