Saturday, September 28, 2024
Cem Özdemir sorgt sich wegen Asyl-Politik um Sicherheit seiner Tochter
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Cem Özdemir sorgt sich wegen Asyl-Politik um Sicherheit seiner Tochter
Artikel von Jakob Hartung • 1 Std. • 3 Minuten Lesezeit
"Unangenehm begafft oder sexualisiert"
Wegen Migration: Özdemir sorgt sich um seine Tochter
Cem Özdemir: Der Bundesminister für Ernährung und Landwirtschaft (Grüne) kritisiert die gängige Migrations- und Asylpraxis.
Die Grünen sollten jetzt notwendige Änderungen an der Asyl- und Migrationspraxis umsetzen, fordert Cem Özdemir. Das begründet er mit seiner Verantwortung als Vater.
Cem Özdemir hat sich in einem Gastbeitrag in der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" für eine strengere Asyl- und Migrationspolitik ausgesprochen. Nur so könnten die demokratischen Kräfte das Vertrauen der Bevölkerungsmehrheit zurückgewinnen. Das begründet er mit seiner persönlichen Betroffenheit als sich sorgender Vater.
Schlechte Erfahrungen mit Männern mit Migrationshintergrund
Seine Tochter, die nächstes Jahr Abitur mache, habe schlechte Erfahrungen gemacht, schreibt der 58-jährige Minister für Ernährung und Landwirtschaft: "Wenn sie in der Stadt unterwegs ist, kommt es häufiger vor, dass sie oder ihre Freundinnen von Männern mit Migrationshintergrund unangenehm begafft oder sexualisiert werden."
Sie rede nicht gern darüber, "weil sie nicht möchte, dass Rechtsradikale daraus Kapital schlagen", so Özdemir weiter. "Doch ich spüre, wie sie das umtreibt", schreibt er. "Und wie enttäuscht sie ist, dass nicht offensiver thematisiert wird, was dahintersteckt: die patriarchalen Strukturen und die Rolle der Frau in vielen islamisch geprägten Ländern."
Aus Sorge um seine Tochter - Cem Özdemir heizt Debatte um Migrationspolitik an
Sie habe jedoch auch schon rassistische Anfeindungen erlebt und deshalb jüngst einen Urlaub an der Ostsee abbrechen müssen.
Das verleugnete Einwanderungsland
Es sei notwendig, die Probleme mit Migration offen anzusprechen, schreibt Özdemir. "Ich bin davon überzeugt, dass es der AfD am meisten nützt, wenn real existierende Probleme von uns aus Angst und falscher Rücksichtnahme gar nicht erst thematisiert werden." Das liberal-progressive Lager sei nun gefordert, die Asyl- und Migrationspraxis zu ändern, "gerade weil es das glaubhaft ohne den Anschein falscher Beweggründe tun kann".
Gleichzeitig betont er aber auch, dass die Mehrheit der Migranten in Deutschland hart arbeite und sich bemühe, Teil der Gesellschaft zu werden.
In seinem Beitrag erinnert Özdemir auch an seine eigene Migrationsgeschichte und die Schwierigkeiten, die seine Familie und er als Einwanderer erlebten. Früher seien Migranten in Deutschland weitgehend sich selbst überlassen worden. "Die Bundesrepublik war schon lange ein Einwanderungsland, aber eines, das es sich nicht eingestehen wollte", schreibt der Minister.
Differenzierung zwischen Asyl und Migration
Das konservative Lager würde sich seit Jahren schon damit begnügen, die Probleme mit Migration zu beklagen, anstatt die Rahmenbedingungen einer modernen Einwanderungsgesellschaft zu definieren. Dabei sei Einwanderung für die Zukunft Deutschlands angesichts des Fachkräftemangels und des Geburtenrückgangs wichtig. "Unser Land ist auf Zuwanderung angewiesen", sagt Özdemir.
Deshalb plädiert er dafür, eine klare Differenzierung zwischen Asylpolitik und Arbeitsmigration vorzunehmen. Das werde in der aktuellen Debatte häufig vermischt. Der Minister fordert eine Rückkehr zu klaren Regelungen, die das Recht auf Asyl und die Notwendigkeit der Fachkräftezuwanderung voneinander trennen.
Özdemir spricht sich konkret dafür aus, den Sozialstaat neu aufzustellen: "Weniger Transferleistungen und dafür mehr gezielte Leistungsanreize und starke öffentliche Institutionen", so der Minister. Außerdem dürfe der Staat nicht weiter Menschen abschieben, die eine Arbeit haben und sich einbringen, während "offensichtliche Problemfälle" die Behörden jahrelang austricksen könnten.
"Ich sehe das als meine Pflicht als Abgeordneter und Minister dieses Landes und als Vater, der sich die beste Zukunft für seine Kinder wünscht", schreibt Özdemir abschließend.