Wednesday, September 18, 2024
Pager-Explosionen im Libanon: Was wir wissen und was nicht
dpa
Pager-Explosionen im Libanon: Was wir wissen und was nicht
Artikel von dpa • 1 Std. • 3 Minuten Lesezeit
Hunderte Verletzte wurden nach den Explosionen in Krankenhäuser eingeliefert.
Als Folge der gleichzeitigen Explosion Hunderter sogenannter Pager sind am Dienstag im Libanon rund 2.750 Menschen verletzt worden, mindestens neun Menschen starben. Unter den Verletzten sollen viele Hisbollah-Kämpfer sein, unter ihnen Mitglieder der Elitetruppe Radwan. Die proiranische Schiitenmiliz machte Israel verantwortlich und kündigte Vergeltung an. Viele Fragen sind noch offen.
Die Geräte: Bei dem Vorfall detonierten Pager, die das Logo der Firma Gold Apollo trugen. Die in Taiwan ansässige Marke dieser Funkempfänger hat eine Verbindung zu dem Vorfall von sich gewiesen. Laut dem Vorstand von Gold Apollo, Hsu Ching-Kuang, trugen die Geräte lediglich das Logo der Firma und wurden nicht von dem Unternehmen in Taiwan gefertigt. Auf telefonische Nachfrage erklärte Gold Apollo, dass eine in Ungarn ansässige Firma die Funkgeräte entworfen und gefertigt habe. «Gemäß einer Vereinbarung ermächtigen wir BAC unser Markenzeichen für den Verkauf von Produkten in bestimmten Regionen zu nutzen, aber Design und Herstellung werden vollständig von BAC übernommen», teilte Gold Apollo mit. Auch das in Medienberichten genannte Modell AR-924 werde von BAC produziert und verkauft.
Der Einsatz der Pager: Experten gehen davon aus, dass es sich bei den Pagern um ein für die Hisbollah sehr wichtiges Kommunikationssystem handelte. Die Miliz ist demnach aus Sicherheitsgründen von Mobiltelefonen auf Pager umgestiegen - unter anderem, weil bei diesen der Aufenthaltsort nicht ermittelt werden kann. Damit - so die Logik - wären sie auch weniger anfällig für Überwachungsmaßnahmen oder Angriffe der elektronischen Kriegsführung. Hisbollah-Chef Hassan Nasrallah hatte seine Anhänger mehrmals vor dem Gebrauch von Smartphones gewarnt. Im Februar rief er seine Kämpfer dazu auf, ihre Smartphones wegzuwerfen.
Das Ziel des Angriffs: Im Raum steht die Vermutung, dass Israel die Geräte als Angriff auf Hisbollah-Kämpfer gezielt zur Explosion gebracht haben könnte. Nach Angaben der Hisbollah sind Pager, die von verschiedenen Hisbollah-Einheiten und -institutionen genutzt worden seien, explodiert. Unter den Verletzten sollen viele Hisbollah-Kämpfer sein, darunter Mitglieder der Elitetruppe Radwan. Auch hochrangige Hisbollah-Vertreter wurden verletzt, wie eine der Miliz nahestehende Quelle bestätigte. Explosionen wurden im gesamten Land gemeldet, vor allem in den von der Hisbollah kontrollierten Gebieten. Zugleich waren auch Zivilisten von den Folgen betroffen - unter den Toten etwa befindet sich ein Mädchen.
Der Zeitpunkt des Angriffs: Lokalen Medienberichten detonierten Hunderte Funkempfänger gleichzeitig um 15.30 Uhr Ortszeit. In sozialen Medien kursieren auch Videos von Überwachungskameras mit diesen Zeitstempeln.
Die Zahl der Toten und Verletzten: Nach Angaben des libanesischen Gesundheitsministeriums wurden mindestens neun Menschen getötet und rund 2.750 weitere verletzt, etwa 200 davon schwer. Aus Krankenhäusern hieß es demnach, die Menschen hätten vor allem Verletzungen an Augen, Händen und im Bauchbereich.
Was wir nicht wissen:
Die Hintergründe und Drahtzieher: Bislang hat niemand den Angriff für sich reklamiert. Die Hisbollah und sein enger Verbündeter, der Iran, machen Israel für die Explosionen verantwortlich. Wie in anderen Fällen zuvor hat sich Israel bislang nicht öffentlich geäußert.
Das Vorgehen: Wie und wo die Pager manipuliert wurden, ist weitgehend noch Gegenstand von Spekulationen. In manchen Medienberichten wird davon ausgegangen, dass die Funkempfänger vermutlich von israelischen Agenten vor ihrer Lieferung in den Libanon abgefangen und mit Sprengstoff präpariert wurden.
Die Opfer in der Hisbollah-Führungsriege: Genaue Angaben dazu, ob zu den Opfern auch Mitglieder in der Hisbollah-Führungsriege zählen, gibt es noch nicht. Hisbollah-Chef Nasrallah hat eine Rede für Donnerstag angekündigt, daher gehen Beobachter davon aus, dass es ihm höchstwahrscheinlich gut geht. Er lebt im Verborgenen, es wird davon ausgegangen, dass er keine technischen Geräte bei sich führt. Libanesischen Sicherheitskreisen zufolge sollen allerdings zwei seiner Leibwächter verletzt worden sein.