Friday, August 30, 2024
„Es wurde auch höchste Zeit, dass die Bundesregierung endlich in die Gänge kommt“
WELT
„Es wurde auch höchste Zeit, dass die Bundesregierung endlich in die Gänge kommt“
7 Std. • 3 Minuten Lesezeit
„Mörder, Islamisten, Vergewaltiger, Schwerkriminelle, die unseren Schutz missbrauchen, müssen das Land verlassen“, sagt Robert Habeck (Grüne) über den Abschiebeflug. SPD-Kanzler Scholz freut sich über den Ablauf – aus den Ländern kommen kritische Stimmen.
Bundeskanzler Olaf Scholz hat den Abschiebeflug nach Afghanistan als Zeichen an alle Straftäter bezeichnet. „Es ist ein klares Zeichen: Wer Straftaten begeht, kann nicht darauf rechnen, dass wir ihn nicht abgeschoben kriegen, sondern wir werden versuchen, das zu tun, wie man in diesem Fall sieht“, sagte der SPD-Politiker bei einem Wahlkampftermin in der Nähe von Leipzig.
„Wir haben angekündigt, dass wir auch Straftäter nach Afghanistan wieder abschieben werden. Das haben wir sorgfältig vorbereitet, ohne groß darüber zu reden, weil solches Vorhaben ja nur gelingt, wenn man sich da Mühe gibt, wenn man es sorgfältig und sehr diskret macht. Heute ist das erfolgt“, sagte der Bundeskanzler.
Am Morgen war erstmals seit der Machtübernahme der Taliban vor drei Jahren ein Abschiebeflug von Deutschland nach Afghanistan gestartet. Nach Angaben von Bundesinnenministerin Nancy Faeser waren 28 verurteilte Straftäter an Bord der Maschine. Die Bundesregierung hatte vor einigen Monaten angekündigt, dass sie Abschiebungen nach Afghanistan und Syrien wieder ermöglichen wolle.
Auch Bundeswirtschaftsminister und Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) hat die Abschiebung von afghanischen Straftätern begrüßt. „Mörder, Islamisten, Vergewaltiger, Schwerkriminelle, die unseren Schutz missbrauchen, müssen das Land verlassen“, sagte der Politiker der Nachrichtenagentur Reuters. „Daher ist das konsequent.“ Zugleich mahnte Habeck, das Asylrecht müsse unangetastet bleiben, damit unbescholtene Menschen, Verfolgte sowie Opfer von Gewalt und Terror, die vor Islamisten geflohen seien, Schutz fänden. „Diesen Unterschied zu machen, ist wichtig“, unterstrich Habeck.
Bei den Grünen waren Vorbehalte geäußert worden, dass dafür Abmachungen mit den in Afghanistan herrschenden Islamisten getroffen werden müssten. Co-Parteichef Omid Nouripour erklärte, es sei stets klar gewesen, „dass es technische Möglichkeiten geben kann, in wenigen Fällen Menschen nach Afghanistan zu fliegen“. Der nun durch das Emirat Katar vorgenommene Flug sei ein solcher Weg. „Allerdings sind so Abschiebungen im großen Stil nicht möglich“, sagte Nouripour. „Dafür bräuchte es eine direkte staatliche Zusammenarbeit, die mit den Steinzeit-Islamisten der Taliban nicht möglich ist.“
Länder fordern weitere Abschiebungen
Beteiligte Bundesländer haben den Abschiebeflug nach Afghanistan begrüßt. Vertreter der Union in den Landesregierungen in Bayern, Hessen und Baden-Württemberg verlangten am Freitag von der Bundesregierung gleichzeitig weitere Abschiebungen nach Afghanistan und auch nach Syrien. Länderangaben zufolge wurden aus Hessen sechs, aus Bayern drei, aus Baden-Württemberg fünf und aus Thüringen ein Straftäter nach Afghanistan abgeschoben.
„Flüchtlinge und Ausländer, die bei uns schwere Straftaten begehen, müssen unser Land verlassen“, erklärte Hessens Ministerpräsident Boris Rhein (CDU). „Ich erwarte von der Bundesregierung, dass sie weitere Abschiebungen von Straftätern und Gefährdern nach Afghanistan und Syrien möglich macht.“ Der hessische Innenminister Roman Poseck (CDU) erklärte, perspektivisch müssten „auch Rückführungen von ausreisepflichtigen Syrern unabhängig von Straftaten möglich werden“.
„Es wurde auch höchste Zeit, dass die Bundesregierung endlich in die Gänge kommt“, erklärte Bayerns Innenminister Joachim Hermann (CSU). Wegen „Bedenken insbesondere der Grünen“ seien Abschiebungen nach Afghanistan lange nicht möglich gewesen. „Ich hoffe, dass es sich hierbei nicht um ein reines Strohfeuer der Bundesregierung handelt. Es müssen nun zügig weitere Rückführungen sowohl nach Afghanistan als auch nach Syrien folgen.“
Hermann zufolge befinden sich unter den nun Abgeschobenen aus Bayern drei Straftäter im Alter von 27, 29 und 30 Jahren. Zwei davon seien wegen Sexualstraftaten, der dritte wegen einer Straftat nach dem Betäubungsmittelgesetz zu Freiheitsstrafen verurteilt worden. In Bayern gibt es Hermann zufolge mindestens noch 174 afghanische und 203 syrische Straftäter, die „rasch außer Landes gebracht werden“ müssten.
„Wir konnten heute fünf schwere Straftäter nach Afghanistan abschieben“, erklärte der baden-württembergische Migrationsstaatssekretär Siegfried Lorek (CDU). „Das ist ein Gewinn für die Sicherheit in unserem Land.“ Der Bund müsse weitere Abschiebungen nach Afghanistan und auch nach Syrien ermöglichen.
Unter den Abgeschobenen befindet sich Lorek zufolge „ein verurteilter Straftäter, der im Raum Ulm gemeinsam mit drei weiteren Tätern eine damals 14-Jährige über mehrere Stunden vergewaltigt hatte“. Unter den anderen seien „schwere Gewalttäter, die wegen versuchter Tötungsdelikte zu mehrjährigen Freiheitsstrafen verurteilt worden waren“, sowie ein verurteilter „Mehrfach- und Intensivtäter, der über 160 Mal strafrechtlich in Erscheinung getreten war“.
Aus Thüringen wurde laut SPD-Innenminister Georg Maier ein afghanischer Staatsangehöriger abgeschoben. Der 25-Jährige war demnach unter anderem wegen gefährlicher Körperverletzung und Diebstahl mit Waffen verurteilt worden. „Wir müssen die Zahl der Abschiebungen deutlich erhöhen“, forderte Maier. „Das ist Ausdruck eines handlungsfähigen Rechtsstaates.“