Friday, December 1, 2023

Start des „Klimaclubs“ - Wie der große Scholz-Auftritt in Dubai zunichte gemacht wurde

FOCUS online Start des „Klimaclubs“ - Wie der große Scholz-Auftritt in Dubai zunichte gemacht wurde Artikel von Von FOCUS-online-Redakteurin Jacqueline Arend, FOCUS-online-Redakteur Florian Reiter • 1 Std. Bundeskanzler Olaf Scholz beim Klimaklub mit Empfang von Mitgliedern aus aller Welt und der ersten Konferenz des Klimaklubs mit Vorsitz Deutschland IMAGO/Frank Ossenbrink „Jetzt kann es losgehen!“ Vor großer Kulisse wollte Bundeskanzler Olaf Scholz in Dubai endlich sein Lieblingsprojekt des internationalen „Klimaclubs“ vorstellen. Am Ende wurde der große Auftritt kleiner als gedacht. Die Idee ist dennoch vielversprechend, urteilen Experten. Ob das so geplant war? Eigentlich wollte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) am Freitag bei der Weltklimakonferenz in Dubai (COP 28) einen großen Auftritt hinlegen. Für 17 Uhr Ortszeit war eine Pressekonferenz des Bundeskanzlers angekündigt, und am Vorabend ließ die Bundesregierung bereits durchsickern, was der Anlass sei: Scholz würde auf der COP-Bühne den offiziellen Start des „internationalen Klimaclubs“ verkünden, den er schon als Finanzminister und Kanzlerkandidat versprochen hatte. Eine alte Lieblingsidee Der Klimaclub - das muss man dazu wissen - ist so etwas wie die Lieblingsidee des Kanzlers. Mittlerweile 36 Staaten der Erde, darunter alle G7-Staaten, tun sich in dem Club zusammen und erarbeiten gemeinsam, wie sich Branchen wie Stahl- und Zementindustrie, aber auch die Luft- und Schifffahrt klimaneutral umbauen lassen. Das kann zum Beispiel durch einen gemeinsamen Wirtschaftsraum geschehen, der in Zukunft Güter, die nicht klimafreundlich produziert wurden, mit Zusatzzöllen belegt. Je größer der Club, desto besser also: Dann haben klimaschädlich produzierte Güter immer weniger Wirtschaftsräume, auf die sie ausweichen können. Gleichzeitig sollen auch die Staaten ihr Know-How untereinander teilen. Brummende grüne Fabriken Die Idee eines solchen Clubs ist nicht neu, aber dass es Olaf Scholz ist, der sie nun auf internationalem Parkett umsetzt, ist irgendwie logisch. Für den Kanzler ist Klimapolitik vor allem Industriepolitik, er denkt an brummende Fabriken, an dicke Aufträge und gute Löhne. Niemand muss verzichten, stattdessen lässt sich mit der grünen Transformation großes Geld verdienen - das ist das Versprechen des Olaf Scholz. Der offizielle Start des „Klimaclubs“ sollte nun die Manifestation dieses Versprechens sein, vorgetragen auf der Weltbühne in Dubai. Die Sorgen des politischen Alltags, mitsamt aller gerichtlichen Niederlagen der letzten Tage, sind in Dubai weit weg. Hier kann der selbsternannte „Klimakanzler“ noch „Klimakanzler“ sein, hier nerven ihn höchstens deutsche Journalisten mit Detailfragen nach KTF-Fonds und Dienstwagenprivileg. Späte Übertragung Zahlreiche Regierungschefs waren bei dem Termin zugegen, Scholz machte mit jeder und jedem einzelnen ein Foto. Aber in die Außenwelt drang der große Termin zunächst kaum durch: Viele Journalisten wurden vor dem Meeting-Raum abgewiesen, einen offiziellen Livestream fürs Internet gab es ebenfalls nicht. Die UN, unter deren Schirmherrschaft die COP stattfindet, wolle das nicht, hieß es aus Kreisen der deutschen Delegation. Diejenigen deutschen Nachrichtensender, die Kamerateams im Raum hatten, konnten erst mit großer Verzögerung übertragen, teilweise nachdem Scholz seine Rede schon beendet hatte. Scholz jedenfalls bemühte sich, Enthusiasmus zu verbreiten. „Jetzt kann es losgehen!“, sagte er in seiner Eröffnungsrede zum Klimaclub, es gebe jetzt ein eigenes Sekretariat und einen festen Arbeitsplan, der nächstes Jahr beginnen soll. Im Anschluss an die Vorstellung begann auch gleich die erste gemeinsame Sitzung. Deutschland sei „fest entschlossen, die Ziele zu erreichen, die wir uns für 2024 und darüber hinaus gesetzt haben", sagte Scholz. "Wir werden beträchtliche Ressourcen investieren und versprechen, hart zu arbeiten.“ Außen schützen, innen erhöhen Trotz des holprigen Starts: Experten halten die Idee für sinnvoll. Der Ökonom und Klimaexperte Ottmar Edenhofer wirbt dafür, CO2-Preise international im Klimaclub zu koordinieren. Dieser könnte gemeinsam Zölle verhängen und Druck auf die Industrien außerhalb des Clubs ausüben, sagte der Klimaexperte Ottmar Edenhofer, Direktor des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung, bereits am Donnerstag dem RBB Inforadio. Die EU bereitet die Einführung von solchen Zöllen schon vor. Aber wenn der Raum aber noch auf Staaten wie die USA oder Indien erweitert wird, ist der Zoll natürlich ungleich attraktiver. Ein Klimaclub könnte nach außen solche Klimazölle verhängen und im Innenverhältnis die CO2-Preise koordinieren. „Das heißt, man schützt die Industrie vor Wettbewerbsverzerrungen nach außen“, sagte Edenhofer. „Und im Inneren koordiniert man die Klimapolitik.“ Und: Zölle in Kombination mit einem höheren CO2-Preis könnten eine Chance bieten, die Wirtschaft ganz ohne neue Schulden klimaneutral umzubauen. Nach der jüngsten Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, die ein Milliardenloch in den Haushalt fräste, muss diese Aussicht dem Kanzler besonders attraktiv vorkommen. Und da ist er dann doch wieder ganz nah, der nervige politische Alltag.