Saturday, December 30, 2023

Skifahrerin Lena Dürr: Die Schnellste hinter Shiffrin

SZ.de Skifahrerin Lena Dürr: Die Schnellste hinter Shiffrin Artikel von Von Korbinian Eisenberger, Lienz/München • 19 Std. Raste in Lienz auf Platz zwei: Lena Dürr musste sich nur Mikaela Shiffrin geschlagen geben. Während Mikaela Shiffrin einer besonderen Marke entgegenstrebt, festigt Slalomfahrerin Lena Dürr ihren Ruf als einzige deutsche Skifahrerin, die verlässlich auf dem Podium landet. Die Schnellste hinter Shiffrin Beim letzten Skirennen dieses Jahres stellte sich schon früh die Frage: Was muss man der US-Amerikanerin Mikaela Shiffrin unter die Skier pappen, damit sie mal nicht gewinnt? Stahlwolle oder Eisennoppen wie bei den Fußballern? Um in der Kickersprache zu bleiben: Shiffrin bewegte sich beim Skiweltcup in Lienz in einer eigenen Shiffrin-Liga. Das zeigte sie an den Tagen vor Silvester nicht nur im Riesenslalom, sondern vor allem am Freitag im Slalom. Was dort, auf dem Steilhang in Tirol, aber auch zu sehen war: In der Liga aller anderen Slalomfahrerinnen rangiert eine Athletin aus Deutschland an vorderster Stelle. Lena Dürr aus Germering kam der besten Skifahrerin der Welt beim Slalom in Lienz am nächsten. In 2,34 Sekunden lässt sich auf Tirolerisch einmal entspannt "Geh heast, bist du deppert?" raunen - so viel Zeit lag nach zwei Läufen zwischen der 32 Jahre alten Dürr und der 28 Jahre alten Shiffrin. Nach ihrem Erfolg am Vortag im Riesenslalom von Lienz steht Shiffrin inzwischen bei 93 Weltcupsiegen. Dabei hatte es zu Saisonbeginn doch tatsächlich so ausgesehen, als gäbe es zwei Athletinnen, die ihr Paroli bieten könnten. Die beiden Slalom-Rennen Anfang November in Levi hatten Hinweise hinterlassen, dass Lena Dürr und ihre slowakische Kollegin Petra Vlhová in der Liga der außergewöhnlichen Shiffrin mithalten könnten. Beide waren je einmal schneller als die Branchenführerin aus den USA. Sechs Wochen später stellt sich nun allerdings eher die Frage, wie lange Shiffrin wohl noch benötigen wird, ehe sie als erste Skifahrerin der Welt die 100er-Marke, hundert gewonnene Rennen also, erreicht. Spätestens dann braucht es für das Phänomen Shiffrin eine eigene Vokabel: Skifrin vielleicht? Dürr fährt unauffällig gefühlig, im Gegensatz zur Slowakin Vlhová Mikaela hin, Shiffrin her, beim deutschen Skiverband (DSV) dürften sie zum Jahreswechsel erleichtert durchatmen, und das hat die Abteilung der Alpinen, so muss man es sagen, einzig der Slalom-Künstlerin Dürr zu verdanken. Die drei Podestplätze in dieser Saison hat allesamt sie verbucht. Jenseits von ihren Erfolgen dürften sie beim DSV bei den Männern und bei den Frauen allerlei Ansätze für Verbesserungen haben - oder anders gesagt, gute Vorsätze fürs neue Jahr. Lena Dürr zeigte im zweiten Lauf eine famose Vorstellung. Im Ziel hatte die Fünfte nach dem ersten Durchgang beinahe eine Sekunde Vorsprung auf die bis dahin führende Vlhová. Ein Signal in Richtung der Slowakin, die im ersten Lauf nur Siebtschnellste gewesen war und zuletzt die Form der Anfangsphase in Levi vermissen ließ. Dürrs unauffällig gefühlige Art des Skifahrens, unspektakulär und ruhig, erwies sich in Lienz als effizienter im Vergleich zu dem kraftvollen, eher aggressiv anmutenden Stil der Slowakin. Und so bleibt vor allem das Bild der Lena Dürr, dieser Frau, die einst als Ausnahmetalent im deutschen Skisport galt. Vor vielen Jahren hatte sie einmal in einem Parallelweltcup gewonnen, der statistisch zählt, aber in der Szene doch eher nur so halb akzeptiert ist. Dann war Dürr zwar im Wettbewerb, aber kaum mehr zu finden in den zweiten Läufen oder in den vorderen Rängen. Nicht wenige Beobachter hatten sie schon von ihrer Beobachtungsliste gestrichen, da meldete sie sich nachhaltig zurück. Vergangenen Winter erkämpfte sie sich in Semmering ihren ersten richtigen Weltcupsieg. Seit knapp drei Jahren ist es Lena Dürr, die von allen skifahrenden Männern und Frauen dieses Landes am verlässlichsten und schnellsten die Steilhänge bewältigt. Im Ziel von Lienz, da war Lena Dürr fast schon überwältigt. Weniger von Siegerin Shiffrin als von der aus ihrer Sicht besonderen Besetzung des Publikums - samt Freunden und Familie. "Dass alle meine Leute da unten stehen, das ist schon etwas Besonderes, und dass es sich dann so ausgeht, ist unglaublich", sagte sie in die Kameras. Am 7. Januar steht für die Frauen der nächste Weltcup-Slalom auf dem Terminplan, in Kranjska Gora, Slowenien, der Heimat von Petra Vlhová.