Saturday, December 2, 2023

Haushalt: Christian Lindner will umschichten statt neuer Schulden

DER SPIEGEL Haushalt: Christian Lindner will umschichten statt neuer Schulden 22 Std. Für 2023 soll die Schuldenbremse erneut ausgesetzt werden. Für 2024 jedoch will Finanzminister Lindner lieber keine dafür notwendige Notlage erklären und setzt auf ein anderes Konzept. Finanzminister Christian Lindner will für den Haushalt 2024 keine zusätzlichen Schulden aufnehmen, sondern sparen. »Wir werden auf der Ausgabenseite umschichten. Dafür, dass wir Zukunftsinvestitionen und bedeutende Vorhaben der Koalition realisieren, werden wir andere überkommene, heute nicht mehr notwendige Ausgaben repriorisieren«, sagte der FDP-Politiker im Bundestag. »Noch mehr Schulden bei stark gestiegenen Zinsen ist jedenfalls nicht der richtige Weg«, sagte Lindner. Er wolle lieber Geld für Zukunftsinvestitionen ausgeben als für Zinsen. Nach dem Karlsruher Haushaltsurteil ringt die Ampelregierung um den Etat für das kommende Jahr. Lindner beziffert die Finanzierungslücke auf 17 Milliarden Euro. Im Gespräch sind diverse Sparmaßnahmen. Diskutiert wird aber auch eine erneute Aussetzung der Schuldenbremse, um so unter anderem die Hilfszahlungen an die Ukraine über Kredite zu finanzieren. Der Haushälter der Grünen, Sven-Christian Kindler, sprach sich für den Abbau klimaschädlicher Subventionen aus. »Wann, wenn nicht jetzt?«, fragte er. Kindler verwies auch auf ein Urteil des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg, das die Bundesregierung verurteilt hat, Sofortprogramme für mehr Klimaschutz im Verkehr und bei Gebäuden aufzulegen. Außerdem müsse die Schuldenbremse für Investitionen in Klimaschutz und Infrastruktur erweitert werden. CDU: »Gehen Sie mal ran ans Bürgergeld« Unionsfraktionsvize Mathias Middelberg betonte, CDU und CSU seien bereit, der Koalition konstruktiv bei einer Lösung zu helfen – das setze aber voraus, dass die Ampel im Haushalt umschichte und ernsthaft spare. »Gehen Sie mal ran ans Bürgergeld«, sagte Middelberg in Richtung der Regierung. Es gebe vier Millionen erwerbsfähige Bürgergeld-Empfänger, »bringen Sie ein paar von denen in Beschäftigung, dann hätten wir deutliche Entlastungen im Haushalt«. CDU-Haushälter Christian Haase sagte, frühere Regierungen hätten viel mehr als die 17 Milliarden eingespart. »Das trauen Sie sich nicht zu?«, fragte er an die Koalitionäre gerichtet. Außerdem betonte er: »Die Schuldenbremse verhindert nicht die wichtigen Ausgaben, die Schuldenbremse verhindert die unwichtigen.« Linkenhaushälterin Gesine Lötzsch plädierte mittelfristig für die Abschaffung der Regelung im Grundgesetz. »Eine zerrüttete Infrastruktur, eine zerstörte Umwelt und eine unsinnige Schuldenbremse dürfen wir nicht an die nächste Generation vererben. Das wäre zutiefst unmoralisch und ungerecht«, sagte sie. Formal ging es im Bundestag nicht um den Etat für 2024, sondern eigentlich um den Nachtragshaushalt für das laufende Jahr. Dabei will die Ampelregierung zunächst für 2023 die Schuldenbremse aussetzen, um bereits genutzte Kredite nachträglich abzusichern. Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Nachtragshaushalt 2021 ist klar, dass die Regierung diese Kredite nicht ohne Weiteres hätte aufnehmen dürfen. Beim Nachtragshaushalt für 2023 geht es nun um fast 45 Milliarden Euro, die großteils für die Energiepreisbremsen, aber auch zur Unterstützung der Flutopfer im Ahrtal ausgegeben wurden. Voraussetzung für die Aussetzung der Schuldenbremse ist, dass der Bundestag eine außergewöhnliche Notlage erklärt. Darüber soll Mitte Dezember abgestimmt werden. Die Bundesregierung argumentiert, die tiefgreifenden humanitären, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Folgen des Ukrainekriegs beeinträchtigten auch dieses Jahr erheblich die staatliche Finanzlage. Auch die Beseitigung der Flutschäden vom Sommer 2021 sei noch nicht erledigt. Die AfD sieht das nicht als gerechtfertigt an. Rückwirkend für 2023 eine Notsituation zu erklären, sei »in jedem Fall verfassungswidrig«, sagte der Haushaltspolitiker Peter Boehringer. Er forderte Unionsfraktionschef Friedrich Merz auf, dagegen zu klagen. Der AfD selbst fehlt dafür die nötige Zahl der Sitze im Bundestag.