Saturday, December 2, 2023
Ampel-Koalition schließt Steuererhöhungen nicht mehr aus
Merkur
Ampel-Koalition schließt Steuererhöhungen nicht mehr aus
Artikel von Stefan Krieger •
3 Std.
Haushalsdebatte
Ampel-Koalition schließt Steuererhöhungen nicht mehr aus
Die Sozialdemokraten stellen nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts Teile des Koalitionsvertrags auf den Prüfstand.
Berlin – Um das Finanzloch im Bundeshaushalt zu stopfen, könnte der von der Ampel-Koalition vor der Legislaturperiode beschlossene Verzicht auf Steuererhöhungen infrage gestellt werden. Dies sagte SPD-Chef Lars Klingbeil der Deutschen Presse-Agentur in Berlin.
Steuererhöhungen in Deutschland: Ampel-Koalition schließt aufgrund der Haushaltskrise nichts mehr aus
Im Koalitionsvertrag sei verabredet worden, dass Investitionen in die Zukunft des Landes mit Geld aus dem Corona-Topf finanziert werden sollten. „Daraus wurde abgeleitet, dass wir bei der Schuldenbremse zur Normallage zurückkehren und dass es keine Steuererhöhung braucht“, erklärte Klingbeil. Jetzt sei das erste durch das Urteil des Bundesverfassungsgerichts weggebrochen. „Das heißt für uns als SPD natürlich auch, dass wir über die anderen beiden Dinge jetzt reden.“
Gremiensitzungen der Bundesparteien - SPD
Christian Lindner hingegen spricht aktuell noch nicht von Steuererhöhungen. Der Bundesfinanzminister hat konkretisiert, in welchen Bereichen er Einsparungen für möglich hält, um die Lücken im Haushalt für 2024 zu schließen. „Wir werden uns mit drei großen Kostenblöcken beschäftigen müssen“, sagte der FDP-Politiker den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Er nannte die Bereiche Soziales unter anderem mit dem Bürgergeld, internationale Finanzhilfen sowie nicht näher spezifizierte Förderprogramme.
Steuererhöhungen in Deutschland nicht ausgeschlossen: Ampel-Koalition muss Milliardenlöcher im Etat stopfen
Die Ampel-Koalition ringt weiter darum, wofür der Bund im kommenden Jahr noch wie viel Geld ausgeben kann und wo sie sparen kann. Denn das Karlsruher Urteil hat Milliardenlücken sowohl in den Etat für 2024 also auch in einen Fonds zur Modernisierung der Wirtschaft und für Klimaschutz gerissen. Während Lindner auf Einsparungen besteht, wollen SPD und Grüne nun offensichtlich über Steuererhöhungen und Kredite auch für mehr Einnahmen sorgen.
Klingbeil stellte schwierige Gespräche in Aussicht. Aktuell finden diese vor allem in einer Dreierrunde mit Kanzler Olaf Scholz, Vizekanzler Robert Habeck und Lindner statt. Erst einmal wollen die drei klären, wie der Haushalt für das kommende Jahr aufgestellt werden kann.
Zähes Ringen um mögliche Steuererhöhungen: Klingbeil will das Aussetzen der Schuldenbremse
Klingbeil plädierte für eine Aussetzung der Schuldenbremse, wie es die Bundesregierung auch für 2023 angestoßen hat. Das Grundgesetz lässt dies bei Naturkatastrophen oder außergewöhnlichen Notsituationen zu.
„Es muss eine Sparleistung der Bundesregierung geben. Aber am Ende bin ich der festen politischen Überzeugung: Wir müssen die Notlage für 2024 ausrufen, weil ich nicht in eine Situation kommen will, wo wir die Ukrainehilfe gegen Klimainvestition ausspielen“, betonte Klingbeil. „Ich will, dass wir weiter tatkräftige Unterstützer der Ukraine bleiben, und ich hoffe, dass das ein Konsens unter den demokratischen Parteien ist.“
Abseits von Steuererhöhungen: Klingbeil setzt auf Bewegung in der Union
Klingbeil erwartet, dass die Debatte um eine Reform der Schuldenbremse nach dem Etatbeschluss weiter an Fahrt aufnehmen wird. „Ich glaube, dass es da noch viel Bewegung aufseiten der Union geben wird, wenn die Ministerpräsidenten, die Oberbürgermeister, die Landräte erkennen, wie das Bundesverfassungsgerichtsurteil dafür sorgt, dass weniger Geld da ist“, sagte er abseits einer Debatte über mögliche Steuererhöhungen.
Die SPD will auf ihrem Parteitag am kommenden Wochenende in Berlin einen Leitantrag beschließen, der eine Lockerung der Schuldenbremse und Steuererhöhungen für Superreiche vorsieht. So wollen die Sozialdemokraten ermöglichen, dass mehr Geld in Infrastruktur und die Arbeitsplätze der Zukunft fließen kann. „Das ist keine direkte Reaktion auf das Bundesverfassungsgericht, es ist unsere sozialdemokratische Haltung, die aber gerade jetzt genau richtig ist“, sagte Klingbeil.
Die oppositionelle Union sieht aktuell keine sattelfeste Begründung für den Beschluss einer Notsituation für 2024. Sollte die Ampel-Koalition trotzdem die Schuldenbremse aussetzen, könnte die Union erneut vor das Bundesverfassungsgericht ziehen. (skr/dpa)