Thursday, December 28, 2023
Freie Tage – und ein Kampfjet: Warum Schweden weiter auf den Nato-Beitritt warten muss
Merkur
Freie Tage – und ein Kampfjet: Warum Schweden weiter auf den Nato-Beitritt warten muss
Artikel von Florian Naumann •
29 Min.
„Erdogan will gewinnen“
Freie Tage – und ein Kampfjet: Warum Schweden weiter auf den Nato-Beitritt warten muss
Pünktlich zu Weihnachten gab es positive Signale für Schweden aus der Türkei. Doch der Nato-Beitritt zieht sich – im Hintergrund tobt ein „Kampf“.
Stockholm/Ankara – Für Schweden gab es am Zweiten Weihnachtsfeiertag ausnahmsweise einmal positive Nachrichten zum geplanten Nato-Beitritt: Der zuständige Ausschuss des türkischen Parlaments überwies das Beitrittsprotokoll zur Abstimmung ins Plenum. Dennoch bleibt Stimmung in Stockholm eher verhalten optimistisch – dafür gibt es zwei Gründe.
Schweden muss auf Nato-Beitritt warten – Pause in der Türkei und Ungarn
Das geringere Problem dabei ist der Zeitplan: Einen Termin für die Abstimmung in Ankara gab es zunächst offenbar nicht. Klar scheint aber, dass im alten Jahr nichts mehr passieren wird. Bis zum 15. Januar sei gar keine Sitzung geplant, meldete der schwedische Rundfunksender SVT.
Noch länger dauert es wohl in Ungarn. Auch das Parlament in Budapest – dominiert von Ministerpräsident Viktor Orbáns Fidesz-Partei – muss Schwedens Nato-Beitritt noch ratifizieren. Dort beginne die nächste Plenarrunde erst im Februar. Theoretisch sind zwar auch Dringlichkeitssitzungen möglich. Laut SVT gibt es aber keine Anzeichen für die Einberufung einer solchen. Zudem war Schweden in diesem Zusammenhang schon zuvor Gegenstand innerparlamentarischer Spielchen geworden.
„Erdogan will diesen Kampf gewinnen“: Schwedens Weg in die Nato weiter unsicher
Eine größere Hürde könnte das politische Ringen mit Recep Tayyip Erdogans Türkei bleiben. Auch der Präsident der Türkei muss den Beschluss noch unterschreiben. Und das muss nicht zwingend schnell geschehen.
Es könne Mai werden, ehe der Nato-Beitritt in trockenen Tüchern sei, hieß es bei SVT: Vermutlich wolle Erdogan eine Zusage der USA für die Lieferung von F-16-Kampfjets abwarten. Es gehe dabei weniger um akuten militärischen Bedarf, denn um eine „Prestigefrage“, urteilte Auslandskorrespondent Bert Sundström in einem TV-Talk des Kanals. „Erdogan hat gesagt, dass er dieses Flugzeug haben will, und er will diesen Kampf mit den USA gewinnen.“ Das Kampfjet-Modell spielt auch im Ukraine-Krieg eine Rolle.
Auch Orbán halte Schweden bewusst an der kurzen Leine. Womöglich lasse er sich aber von der Entscheidung in der Türkei beeinflussen. „Wenn sich Erdogan entschließt, Ja zu sagen“ könne „Orbán einen Tag vorher Ja sagen“, spekulierte Sundström.
Türkei verzögert Schwedens Nato-Beitritt seit über einem Jahr – Russland droht Neu-Mitglied Finnland
Die Türkei verzögert die Ratifizierung seit mehr als einem Jahr, sie warf Schweden mangelnden Einsatz gegen „Terrororganisationen“ wie die kurdische Arbeiterpartei PKK vor und verweigerte ihre Zustimmung. Nach Zugeständnissen Schwedens kündigte Erdogan Ende Oktober an, die Ratifizierung durch das türkische Parlament zu ermöglichen – seither hing diese jedoch in dem Ausschuss fest. Zuletzt hatte Erdogan die Zustimmung an die US-Lieferung der F-16-Jets gekoppelt.
Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg begrüßte am Mittwoch die Entscheidung des Ausschusses im türkischen Parlament. „Ich zähle darauf, dass die Türkei und auch Ungarn die Ratifikation nun so bald wie möglich abschließen. Schwedens Mitgliedschaft wird die Nato stärker machen“, erklärte Stoltenberg. Schwedens Nachbarland Finnland ist indes seit Mai Nato-Mitglied – und sah sich zuletzt zum wiederholten Male Drohungen aus Moskau ausgesetzt. Auch an der gemeinsamen Grenze gibt es Probleme, Finnland hat die Übergänge geschlossen. (fn mit Material von dpa)