Friday, December 1, 2023

Erneut Vetternwirtschaft-Verdacht bei den Grünen: Hat die Partei ein Kungelei-Problem?

Merkur Erneut Vetternwirtschaft-Verdacht bei den Grünen: Hat die Partei ein Kungelei-Problem? Artikel von Peter Sieben • 45 Min. NRW-Justizminister Benjamin Limbach NRW-Justizminister Benjamin Limbach wird Vetternwirtschaft vorgeworfen. Der Verein Lobbycontrol sagt: Regeln würden vor allem von einer bestimmten Gruppe oft nicht eingehalten. Düsseldorf – Aus dem Geschmäckle ist ein brisantes Politikum geworden: NRW-Justizminister Benjamin Limbach (Grüne) soll eine Duz-Bekannte und ehemalige Richterkollegin bei der Besetzung eines der höchsten Richterämter im Land bevorzugt haben. Limbach bestreitet das, doch zwei Verwaltungsgerichte haben das Besetzungsverfahren bereits für rechtswidrig erklärt. Das Gericht in Münster hatte dem Minister gar eine „manipulative“ Verfahrensgestaltung vorgeworfen. Der Fall beschäftigt den NRW-Landtag seit Wochen, die Opposition wirft dem Ministerium Vetternwirtschaft vor. Die Initiative Lobbycontrol fordert nun strengere Behörden-Regeln. Fall um NRW-Justizminister Benjamin Limbach erinnert an Graichen-Affäre der Grünen „Es hätte klar sein müssen, dass schon der Anschein einer Voreingenommenheit unbedingt vermieden werden muss“, sagt Timo Lange von Lobbycontrol gegenüber IPPEN.MEDIA. Der Verein setzt sich nach eigenen Angaben dafür ein, verdeckte Einflussnahmen offenzulegen. Der Fall aus NRW erinnere an die sogenannte Trauzeugen-Affäre um den grünen Ex-Wirtschaftsstaatssekretär Patrick Graichen, so Lange. Graichen hatte bei der Besetzung des Chefpostens bei der bundeseigenen Energieagentur Dena seinen Freund und Trauzeugen vorgeschlagen, ohne eine mögliche Befangenheit offenzulegen. Im Mai 2023 wurde er seines Postens enthoben. „Es hätte eine Lehre aus der Graichen-Affäre auch für Herrn Limbach sein müssen, mögliche Interessenkonflikte sofort transparent offenzulegen“, sagt Timo Lange. „Ich halte es für sehr bedenklich, dass es überhaupt individuelle bilaterale Gespräche mit Bewerberinnen und Bewerbern gab. Das Ministerium hätte für ein geordnetes Verfahren sorgen müssen, bei dem es ein Vier-Augen-Prinzip gibt.“ Im Vorfeld des Besetzungsverfahrens soll es ein privat vereinbares Abendessen mit Limbachs Bekannter gegeben haben; danach hatte sie sich auf das vakante Präsidentenamt am Oberverwaltungsgericht (OVG) beworben. Möglicher Interessenskonflikt bei Benjamin Limbach: „Es bräuchte strengere Regularien“ Ein zweifelhaftes Vorgehen, sagt Timo Lange: „Viele Unternehmen sind beim Thema Compliance sehr viel weiter als Behörden und Ministerien.“ Es gebe in Deutschland ein großes Vertrauen, dass Ministerinnen und Minister selbst einschätzen können, ob sie einen Interessenskonflikt haben oder nicht. „Das halte ich für falsch. Wir brauchen ein standardisiertes Verfahren, an das sich alle halten müssen.“ Tatsächlich gibt es Regeln für Beamte, wie bei Besetzungsverfahren vorzugehen ist. Aber: „Wir sehen, dass Vorschriften ihre Wirkungskraft verlieren, je höher die Hierarchiestufe ist. Gerade an der Spitze von Behörden und Ministerien bräuchte es strengere Regularien, um Interessenskonflikte zu vermeiden.“ Zweiter Vorwurf der Vetternwirtschaft gegen Grüne innerhalb eines Jahres Es ist der zweite große Vorwurf der Vetternwirtschaft innerhalb eines Jahres gegen Grünen-Politiker. Hat die Partei ein Kungelei-Problem? „Ich würde nicht sagen, dass das ein strukturelles Problem bei den Grünen ist“, sagt Lobbycontrol-Experte Timo Lange. „Das gibt es auch bei anderen Parteien. Gerade etwa bei der CSU etwa gibt es sehr viele Fälle von Postenvergaben, bei denen persönliche Verquickungen eine Rolle gespielt haben.“