Monday, February 28, 2022
SPD-Ministerpräsidentin: Schwesig kappt Verbindungen nach Russland: Ende für Nord-Stream-2-Stiftung
Die Ministerpräsidentin von Mecklenburg-Vorpommern gilt bei ihren Kritikern als „Putin-Versteherin“.
Handelsblatt
SPD-Ministerpräsidentin: Schwesig kappt Verbindungen nach Russland: Ende für Nord-Stream-2-Stiftung
Neuerer, Dietmar - Vor 37 Min.
Mecklenburg-Vorpommerns Regierungschefin stand wegen ihres russlandfreundlichen Kurses immer wieder in der Kritik. Nach dem Angriff auf die Ukraine schwenkt sie nun um.
Die Ministerpräsidentin von Mecklenburg-Vorpommern, Manuela Schwesig (SPD), war stets eine vehemente Befürworterin der Ostseepipeline Nord Stream 2 und hatte bis zum russischen Krieg gegen die Ukraine auch eine ausgesprochen moskaufreundliche Politik verfolgt. Nun vollzieht die SPD-Politikerin eine 180-Grad-Wende.
Schwesig kündigte an, die für den Bau der Gasleitung gegründete und vor allem vom russischen Staatskonzern Gazprom finanzierte Stiftung Klima- und Umweltschutz MV auflösen zu wollen. „Ich habe den Vorstand der Stiftung gebeten, die Arbeit der Stiftung ruhen zu lassen und im Rahmen der engen rechtlichen Möglichkeiten eine Auflösung der Stiftung auf den Weg zu bringen“, schrieb die SPD-Politikerin auf Twitter.
Es solle zudem geprüft werden, ob die Gelder der Landesstiftung für humanitäre Zwecke eingesetzt werden könnten. Der Stiftungsvorstand äußerte rechtliche Bedenken gegen eine Abwicklung.
Schwesig wehrte sich zugleich gegen Kritiker, die ihre Regierung als „Putin-Freunde“ oder „Putin-Versteher“ bezeichnen. „Das ist Unsinn“, betonte die SPD-Politikerin.
Sie habe niemals ein Gespräch mit Russlands Präsident Wladimir Putin geführt oder sein Vorgehen gegen die Ukraine unterstützt. Putin müsse den Krieg umgehend stoppen und sich aus der Ukraine zurückziehen, schrieb sie.
Kritiker überzeugt der politische Kurswechsel der Ministerpräsidentin wenig. Die Bundesvorsitzende der Mittelstands- und Wirtschaftsunion, Gitta Connemann (CDU), sagte dem Handelsblatt, Schwesig habe Putin bis vor wenige Tagen noch „blind die Treue gehalten“. „Man könnte schon von Vasallentreue sprechen. Die 180-Grad-Wende von Manuela Schwesig riecht nach ‚Rette sich, wer kann‘, jedenfalls nach Opportunismus.“
Die jetzt angekündigten Maßnahmen seien längst überfällig, sagte Connemann weiter. Mit dem Stopp der Stiftung ziehe die Ministerpräsidentin die Notbremse. „Manuela Schwesig tut auch gut daran, die Gazprom-Millionen aus der Stiftung jetzt für humanitäre Zwecke für die Ukraine umzuwidmen.“
Aus Sicht des CSU-Politikers Stefan Müller kommt Schwesigs Abkehr vom Kreml „deutlich zu spät“. „Es wird nicht reichen, dass sie ihre windige Russlandstiftung abwickeln will“, sagte er dem Handelsblatt. „Gerichte werden prüfen müssen, ob Schwesig mit ihrer Landesstiftung gegen Geldwäschegesetze verstoßen hat.“
Scharfe Kritik äußerte auch der CDU-Europaabgeordnete Dennis Radtke. „Schwesig war und ist Teil der SPD-Russland-Connection“, sagte er dem Handelsblatt. Die Auflösung der umstrittenen Stiftung geschehe nun unter höchstem Druck. Schwesig kämpfe offenbar „verzweifelt“ um ihre Karriere.
Der Grünen-Umweltexperte Stefan Wenzel bezeichnete die Auflösung der Stiftung als überfällig. „Die ganze Konstruktion war rechtlich fragwürdig“, sagte der Bundestagsabgeordnete dem Handelsblatt.
Die Kritik rührt auch daher, dass Schwesig klare wirtschaftliche Interessen an einem guten Verhältnis zu Russland hat. Die aus der Föderation kommenden Pipelines Nord Stream und Nord Stream 2 enden an der Ostseeküste ihres Bundeslandes und schaffen Arbeitsplätze.
Schwesig stand lange zu Nord Stream 2
Schwesig hatte im vergangenen Jahr trotz Zuspitzung der Ukrainekrise für eine Fertigstellung von Nord Stream 2 geworben. „Ich hoffe auf ein zügiges, rechtsstaatliches Verfahren, damit die Leitung in Betrieb gehen kann“, sagte sie 2021 in einer Videobotschaft für den Neujahrsempfang des Ost-Ausschusses der Deutschen Wirtschaft.
Sie freue sich darüber, dass die Pipeline inzwischen fertiggestellt ist, sagte sie damals. „Ich bin fest davon überzeugt, dass wir diese Ostseepipeline dringend brauchen.“
Davon ist inzwischen keine Rede mehr. Angesichts der russischen Aggression gegen die Ukraine ist es aus heutiger Sicht unwahrscheinlich, dass Nord Stream 2 in Betrieb gehen wird. Nach der russischen Anerkennung der selbst ernannten Volksrepubliken Donezk und Luhansk in der Ostukraine setzte die Bundesregierung das Genehmigungsverfahren für die Erdgasleitung aus.
Die Entscheidung hat auch die Zukunft der Klima- und Umweltstiftung MV unsicher gemacht. Hauptziel der Stiftung war, die Fertigstellung der Pipeline angesichts von US-Sanktionsdrohungen zu unterstützen. Dazu zahlte die Nord Stream AG 20 Millionen Euro an die Stiftung.
Die CDU-Politikerin Connemann sprach von einer „windigen Umweltstiftung mit dubiosen Verstrickungen“. Unter dem Dach der Stiftung habe Schwesigs politischer Ziehvater, der frühere Ministerpräsident von Mecklenburg-Vorpommern und SPD-Politiker Erwin Sellering, „mit Millionen von Gazprom einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb mit einem einzigen Ziel aufgebaut, den Bau von Nord Stream 2 abzusichern“, sagte die Bundestagsabgeordnete. Sellering ist Vorstandschef der Stiftung.
So berichtet das Handelsblatt über die Entwicklungen im Ukrainekrieg:
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Die Stiftung dürfte auch an diesem Dienstag Thema sein, wenn der Landtag in Mecklenburg-Vorpommern zu einer Sondersitzung zum Krieg in der Ukraine zusammenkommt. Schwesig, die nach einer Operation nicht an der Landtagssitzung teilnehmen kann, verkündete weitere Kurskorrekturen für die Beziehungen ihre Bundeslandes mit Russland.
So soll es etwa auf absehbare Zeit keine „Russlandtage“ in Mecklenburg-Vorpommern mehr geben. Bei dem Lobbyisten-Treffen, bei dem im vorigen Jahr die Nord Stream 2 AG als „Platin-Sponsor“ fungierte, kommen alle zwei Jahre Wirtschaftsvertreter und Politiker aus Deutschland und Russland zusammen.
Die Veranstaltung soll die bilateralen Wirtschaftsbeziehungen stärken und ist seit ihrer Gründung 2014 hochumstritten. Damals hatte Russland gerade die Krim annektiert.
Auch der mit staatlichen Mitteln geförderte Verein Deutsch-Russische Partnerschaft soll seine Arbeit nach dem Willen Schwesigs einstellen. Ein Mitglied im Vorstand des Vereins, Steffen Ebert, arbeitet für die Gastransportgesellschaft Gas for Europe GmbH mit Sitz in Schwerin. Das Unternehmen soll Eigentümerin und Betreiberin des deutschen Teils von Nord Stream 2 werden.
Für die CDU-Politikerin Connemann stellt sich vor diesem Hintergrund auch die Frage nach „persönlichen Konsequenzen“ für Schwesig. „Seit ihrem Amtsantritt sind das unbedingte Bekenntnis zu Putins Russland und politisch-wirtschaftliche Verbindungen zu Moskau zwei der Fundamente ihrer Arbeit“, sagte sie. Diese Basis gebe es nicht mehr.
Ihr Parteikollege Radtke sagte: „Schwesigs Glaubwürdigkeit ist so schwer beschädigt, dass ein Rücktritt für ihr Land das Beste wäre, um weiteren Schaden abzuwenden.“
Der CDU-Politiker Christoph Ploß warf Schwesig vor, „mit ihrer Politik viel Vertrauen zerstört“ zu haben. „Sie wird einiges leisten müssen, um Glaubwürdigkeit zurückzuerlangen und zu zeigen, dass ihr Kurswechsel aus Überzeugung geschieht – und nicht nur dem aktuellen Druck der Demonstrationen und der Öffentlichkeit geschuldet ist“, sagte Ploß dem Handelsblatt.