Monday, February 28, 2022
Sergej Karjakin und die russische Invasion: „Wir sind nicht so blöd wie die Ukraine.“
Tagesspiegel
Sergej Karjakin und die russische Invasion: „Wir sind nicht so blöd wie die Ukraine.“
Markus Ehrenberg - Vor 4 Std.
Der russische Schachstar Sergej Karjakin verhöhnt die Opfer des Ukraine-Krieges. Und der Weltschachverband schließt Russland aus.
Der Russe Sergej Karjakin gehört zu den besten Schachspielern der Welt. 2016 saß er Magnus Carlsen im WM-Finale gegenüber. Mit Karjakins jüngsten Einlassungen zur russischen Invasion in der Ukraine ist es mehr als fraglich, ob das einstige russische Schachwunderkind und bekanntermaßen Freund von Wladimir Putin jemals wieder einen internationalen Großmeister als Konkurrenten am Brett finden wird.
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Und nicht nur das: Am Montag wurde bekannt, dass Russland, die stärkste Schach-Nation, mit seinem Nachbarn Belarus von Weltschachverband Fide von dem Spiel gebannt wird, das sie quasi ihr eigen nennt.
Russland und Belarus dürfen keine offiziellen Fide-Schach-Wettkämpfe und Events austragen. Die Fide wird alle Sponsorenverträge mit sanktionierten russischen oder belarussischen Staatskonzernen beenden. Die nach Moskau vergebene Schach-Olympiade 2022 wird dort nicht stattfinden. Die Veranstaltung mit Schachspielern aus rund 190 Ländern sollte vom 26. Juli bis zum 8. August ausgetragen werden.
Fide-Geschäftsführerin Dana Reizniece-Ozola, die ehemalige Wirtschafts- und Finanzministerin Lettlands, verurteilte in einer persönlichen Mitteilung die „brutale russische Invasion“. Der Verband sagte auch, dass er „jegliche öffentliche Stellungnahme eines Mitglieds der Schachgemeinschaft verurteile, die ungerechtfertigte militärische Aktionen unterstütze“.
Zwei russische Großmeister, Sergej Karjakin und Sergej Shipov, müssten sich einer Ethik- und Disziplinar-Kommission stellen, nachdem sie kontroverse Online-Kommentare abgaben.
„Menschen sterben und er macht Witze über die Situation.“
Karjakin, 32, hatte die Ukrainer in Twitter-Posts als Auslöser des Krieges bezeichnet und dabei die zahlreichen Opfer verhöhnt. Seine Haltung zum Krieg in der Ukraine machte der schon lange mit Wladimir Putin befreundete Karjakin zunächst mit einem Twitter-Post am 24. Februar deutlich. Dort teilte er einen Telegram-Beitrag, in dem der Ukraine die alleinige Schuld am Krieg zugeschoben und Russland als Befreier beschrieben wird.
In einem mittlerweile gelöschten Tweet berichtete er von einem Gespräch mit einem Taxi-Fahrer in Dubai, der ihm angeblich gesagt hat: „Russland ist gut. In ein paar Jahren werden wir enge Freunde sein. Wir sind nicht so blöd wie die Ukraine.“
Am Freitag postete Karjakin Bilder, die scheinbar militante ukrainische Soldaten zeigen, die mit einem Foto von Adolf Hitler posieren. Dazu schrieb er: „Seid ihr sicher, dass ihr die ukrainische Armee unterstützen wollt?“
US-Schach-Superstar Hikaru Nakamura kommentierte Karjakins Einlassungen: „Menschen sterben und er macht Witze über die Situation. Unschuldige Menschen sterben und er scherzt. Das ist erbärmlich, dafür gibt es kein anderes Wort.“ Nakamura rechnet nicht damit, den Russen bei Turnieren noch einmal wieder zu sehen.