Thursday, December 21, 2023

Machtkampf der SPD-Platzhirsche: Skurriles Hü-und-Hott-Fernduell ums Geld tobt

Merkur Machtkampf der SPD-Platzhirsche: Skurriles Hü-und-Hott-Fernduell ums Geld tobt Artikel von Florian Naumann • 4 Std. Öffentlicher Zoff im Ampel-Streit Machtkampf der SPD-Platzhirsche: Skurriles Hü-und-Hott-Fernduell ums Geld tobt „Kompromiss“ sieht anders aus: Die SPD-Spitzen beharken sich beim Ampel-Haushalt öffentlich. Samt Kritik an der eigenen Regierung Scholz. Berlin – Spät, aber doch in der Überzeugung, ein schweres Stück Arbeit erledigt zu haben, hatten Kanzler Olaf Scholz (SPD), sein Vize Robert Habeck (Grüne) und FDP-Chef Christian Lindner einen Ampel-Kompromiss zum Haushalt verkündet. Das Problem nur: Der Deal war Chefsache, sogar das Kabinett offenbar nicht involviert. Nun spaltet ausgerechnet der wochenlang ersehnte Friedensschluss die Ampel-Koalition. Und das bemerkenswert tief. Sogar quer durch das Innenleben der Parteien gibt es Verwerfungen. Zuletzt ging Landwirtschaftsminister Cem Özdemir in Opposition zur von Grünen-Parteifreund Habeck mitgetragenen Lösung. Mit Fraktionschef Rolf Mützenich und Parteioberhaupt Lars Klingbeil haben sich jetzt auch zwei der wichtigsten SPD-Politiker ein skurril anmutendes Interview-Fernduell zum Thema Haushalt geliefert. Haushalts-Machtkampf in der SPD: Klingbeil mahnt – Mützenich legt nach Klingbeil wies zwar in erste Linie Özdemir zurecht – ohne ihn namentlich zu nennen. Die Breitseite des SPD-Chefs im Tagesspiegel vom Donnerstag (21. Dezember) stand aber auch Mützenichs Äußerungen völlig entgegen. „Es trägt nicht zu einer besseren politischen Lage bei, wenn Minister den Haushaltskompromiss infrage stellen, fünf Minuten nachdem er gefunden wurde. Ich habe Politik so gelernt, dass man einmal gefundene Einigungen verteidigt und zusammen dafür wirbt“, sagte Klingbeil. Zwar stehen Minister als Kabinettsmitglieder stärker in der Pflicht, eine Regierungseinigung loyal zu vertreten. Für die vom Volk gewählten Bundestagsabgeordneten gilt oftmals größere Beinfreiheit. Klingbeil dürfte mit seinem Appell zur Geschlossenheit aber auch die eigene Partei mitgemeint haben. Mützenich folgte diesem wenig später dennoch ziemlich explizit nicht. Dass das Aufatmen über die Einigung groß sei, bezweifele er, sagte Mützenich am Donnerstagmorgen im Deutschlandfunk – mutmaßlich in Kenntnis des schon am Vorabend zu lesenden Klingbeil-Interviews. „Weil ja auch durchaus die, die daran beteiligt gewesen sind, relativ schnell das auch wieder infrage gestellt haben.“ Der oberste Vertreter der SPD-Abgeordneten zeigte sich kaum verhohlen genervt: „Jetzt muss es im Parlament gerichtet werden.“ Mützenich genervt von Scholz‘ „Kompromiss“: „Jetzt muss es das Parlament richten“ Mützenich erinnerte unter anderem daran, dass es bereits wenige Stunden nach der Einigung zwischen Scholz, Habeck und Lindner eine Korrektur gegeben hatte: Statt einer Kerosinsteuer auf Inlandsflüge soll nun eine Anhebung der Ticketsteuer kommen. Auch diese steht mittlerweile in der Kritik. Der SPD-Linke drängte zugleich auf eine Aussetzung der Schuldenbremse – ein weiterer Konfliktpunkt für die Ampel: Die FDP hält eisern an der Regel fest. Mögliche Ausnahmen sah die Einigung nur für die Flutschäden im Ahrtal vor. Und für den Fall einer neuen Lage in der Ukraine. Mützenich reicht das nicht. Er forderte ein Aussetzen der Schuldenbremse schon für das kommende Jahr. „Wir begeben uns in die große Gefahr der gesellschaftlichen Spaltung, wenn die Ukraine-Hilfe zulasten von wichtigen Ausgaben geleistet wird, die für die Menschen im Inland auch wichtig sind“, warnte er beim RND. „Der Bundeskanzler“ kenne seine Position zum Thema Schuldenbremse, fügte Mützenich hinzu. Er erwähnte auch mögliche Reaktionen der Bürger auf weitere Einschnitte als Argument – wohl ein Verweis auch auf den Umfrage-Höhenflug der AfD. Ampel-Streit: Klingbeil gibt Lindner Klimageld-Hausaufgabe – Bundestags-SPD deutet Machtprobe an Klingbeil richtete den Blick lieber etwas weiter in die Zukunft. Er forderte Finanzminister Lindner auf, sich intensiv Gedanken zu machen, wie das im Koalitionsvertrag vereinbarte Klimageld zur Entlastung der Bürger von steigenden Klimaschutz-Kosten eingeführt werden kann. „Der Mechanismus, um es auszuzahlen, ist wahnsinnig komplex, das weiß ich. Aber ich erwarte trotzdem, dass das Finanzministerium jetzt intensiv an der Umsetzung arbeitet“, sagte er. Dabei bekräftigte er einen vor kurzem gemachten Vorschlag: „Solange das nicht möglich ist, müssen wir Entlastungsalternativen wie die Erhöhung der Pendlerpauschale prüfen.“ Mützenich verteidigte sein Kontra im Deutschlandfunk explizit. Die Befürchtung, dass die notwendige Ukraine-Hilfe zulasten der Menschen in Deutschland gehe, sei groß. „Ich finde, dazu darf auch ein Fraktionschef, immerhin der größten Regierungsfraktion, etwas beitragen.“ Man müsse schauen, was den Menschen noch zuzumuten sei. Zum Kompromiss der Ampel-Spitzen stehe er „durchaus“, betonte nur. Nur um im selben Atemzug die Machtprobe anzudrohen: Das letzte Wort habe „der Haushaltsgesetzgeber“ – der Bundestag. (fn mit Material von dpa)