Tuesday, December 5, 2023

Im Streit um die Schuldenbremse kommt ein neuer Vorschlag aus dem Hause Habeck

Merkur Im Streit um die Schuldenbremse kommt ein neuer Vorschlag aus dem Hause Habeck Artikel von Momir Takac • 14 Std. Zur Lösung der Haushaltskrise wird auch über die Schuldenbremse debattiert. Ein Berater-Gremium von Robert Habeck schlägt nun zentrale Änderungen vor. Berlin - Die im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse ist Fluch und Segen und Segen zugleich. Einerseits verpflichtet sie zur Wahrung von Haushaltsdisziplin, andererseits kann sie dringend benötigte Investitionen verhindern. In diesem Dilemma steckt auch die Ampel-Koalition, die in der Haushaltskrise nach Lösungen sucht. Jetzt kommt aus dem von Robert Habeck geführten Bundeswirtschaftsministerium ein Reformvorschlag. Berater-Gremium von Robert Habeck schlägt Reform der Schuldenbremse vor Der Wissenschaftliche Beirat, der Habeck berät, hat sich in einem Gutachten für weitreichende Anpassungen der Schuldenbremse ausgesprochen. In der Analyse, die dem Handelsblatt vorliegt, schreiben Experten, die Schuldenbremse schaffe in ihrer aktuellen Fassung „Fehlanreize“. Der Beirat kritisiert die gängige Praxis der Bundesregierung, sich durch Sondervermögen finanzielle Spielräume zu schaffen, als „nicht nachhaltig“, und befürwortet deren Stopp durch das Bundesverfassungsgericht. Aus dem Haus von Robert Habeck (l.) kommt ein Vorschlag zur Reform der Schuldenbremse. In ihrem Gutachten fordern die Ökonomen eine Neuausrichtung der Finanzpolitik und präsentieren zwei zentrale Vorschläge zur Änderung der Schuldenbremse, woran FDP-Chef und Bundesfinanzminister Christian Lindner partout nicht rütteln will. Beide betreffen Investitionen, die laut dem Gremium nicht mehr unter die Schuldenregel fallen sollen. Nettoinvestitionen sollen nicht der Schuldenbremse unterliegen So bringt der Beirat etwa eine „Goldene Regel Plus“ ins Spiel. Die „goldene Regel“ in der Fiskalpolitik besagt laut dem Online-Magazin Makronom, „dass in dem Maße Verschuldung aufgebaut werden kann, wie den kommenden Generationen durch Investitionen Vermögenswerte bzw. Wachstumschancen zukommen.“ Eine Möglichkeit der Umsetzung sei, Investitionen durch Kredite zu finanzieren, während übrige Ausgaben aus dem Haushalt gedeckt werden. Habecks Berater, die nicht wie andere Ökonomen die Abschaffung der Schuldenbremse fordern, schlagen nun vor, diese Ausgaben gesondert zu betrachten. Für Investitionen, die erstmalig vorgenommen werden und so die wirtschaftliche Substanz ausweiten (Nettoinvestitionen), sollen Schulden in beliebiger Höhe aufgenommen werden dürfen, während für Konsumausgaben - darunter fallen etwa Sozialausgaben und -transfers - weiterhin die Schuldenbremse gelten soll. „Verzerrungen“ zulasten der jüngeren Generationen, die entstehen, wenn Sozialtransfers profitablen Investitionen vorgezogen werden, würden so ausgeräumt. Reformvorschlag: Staat soll Fördergesellschaften Fixbetrag für Investitionen zahlen Der Beirat sagt in seinem Gutachten ausdrücklich, dass Ausgaben in den Bestand, wie etwa Sanierungen der Verkehrsinfrastruktur, aus dem Kernhaushalt finanziert werden. Die Trennung zwischen Konsumausgaben und Investitionen soll von einem unabhängigen Expertengremium oder dem Bundesrechnungshof kontrolliert werden. Als zweiten Kernpunkt zur Reform der Schuldenbremse nennt das Gremium Investitionsfördergesellschaften. Die Idee: Der Staat zahlt Gesellschaften jährlich einen Fixbetrag, den diese einzig für Investitionen, etwa an Kommunen, verteilen. Dies solle für mehrere Jahre gesetzlich fixiert werden. Auch hier soll eine externe Organisation ein Auge drauf haben. Habeck-Berater nennen Strukturen bei der Deutschen Bahn „abschreckendes Beispiel“ Investitionsfördergesellschaften seien von Investitionsgesellschaften, wie sie sich im Koalitionsvertrag der Ampel-Regierung finden, zu unterscheiden. Der Beirat nennt an dieser Stelle die Deutsche Bahn, die sich zu 100 Prozent im Eigentum des Bundes befindet. Sie agiert außerhalb der Schuldenbremse und darf sich selbst verschulden. Für den Wissenschaftlichen Beirat beim Bundeswirtschaftsministerium ist die Bahn ein „abschreckendes Beispiel“ für „intransparente Finanzpolitik“. Denn für die Schulden der Bahn muss letztlich der Staat aufkommen. Darüber hinaus fordert der Beirat, dass im aktuell laufenden Reformprozess der EU-Schuldenregeln Ausgaben für Investitionen stärker berücksichtigt werden. Auch müsse die Bundesregierung Finanzen künftig für einen längeren Zeitraum planen. Statt wie aktuell für drei Jahre soll die Planung künftig für die beiden folgenden Legislaturperioden vorgenommen werden. (mt)