Friday, December 1, 2023
Gil Ofarims Lüge: So kam es offenbar zu seinem Geständnis vor Gericht
Berliner Zeitung
Gil Ofarims Lüge: So kam es offenbar zu seinem Geständnis vor Gericht
Artikel von chg •
13 Std.
Gil Ofarim am Tag seines Geständnisses vor dem Landgericht Leipzig
Nach dem überraschenden Geständnis des jüdischen Musikers Gil Ofarim am Dienstag wird immer klarer, warum er seine Lüge im Prozess eingestanden und sich sogar entschuldigt hat.
Ofarim hatte behauptet, am 4. Oktober 2021 von einem Angestellten in einem Leipziger Westin Hotel antisemitisch diskriminiert und verbal attackiert worden zu sein. Doch das stimmte nicht.
Wie der Spiegel am Donnerstag berichtet, spielte der Richter Andreas Stadler beim Geständnis Ofarims wohl eine entscheidende Rolle. Am 16. November, nach Ende des fünften Verhandlungstages, gelang es Stadler laut Bericht, eine Lösung für alle Beteiligten anzubieten. Kein einziger Zeuge stützte die Version Ofarims.
Stadler bat laut dem Spiegel-Bericht an jenem Tag zu einem Gespräch hinter verschlossenen Türen. Dabei waren demnach seine Richterkollegen, die Vertreter der Staatsanwaltschaft, Ofarims vier Verteidiger sowie der Anwalt des beschuldigten Hotelmanagers, der als Nebenkläger am Prozess teilnahm. Stadler soll in der Runde den bisherigen Stand der Beweisaufnahme erörtert haben. Für ihn sehe es nicht nach Freispruch aus, soll er gesagt haben. Und Verleumdung könne im Höchstfall mit einer Gefängnisstrafe geahndet werden.
Stadler erklärte, dass eine Strafe nicht das geeignete Mittel sei, um den Rechtsfrieden wiederherzustellen. In diesem so besonderen Fall sei es wichtiger, festzustellen, was wirklich am 4. Oktober 2021 im Westin Hotel geschehen sei und was nicht. Stadler habe angeboten: Wenn Ofarim seine Lüge gesteht und den Hotelmanager um Entschuldigung bittet, könne das Verfahren mit einer Geldauflage eingestellt werden.
Ofarims Verteidiger wussten: Dies war ein Angebot, das ihr Mandant kaum ausschlagen konnte. Denn sie wussten auch, dass eine Verfahrenseinstellung keine Verurteilung ist und eine Geldauflage keine Strafe. Wie genau die Verteidiger Ofarim zu einem Geständnis brachten, bleibt unklar. Sie hatten Zeit, denn der nächste Prozesstag war erst der 28. November. Laut Bericht kündigten die Anwälte am Ende vergangener Woche eine Aussage ihres Mandanten für jenen Tag an.
Das Verfahren gegen Gil Ofarim wegen Verleumdung und falscher Verdächtigung wurde schließlich am Dienstag vor dem Landgericht Leipzig nach dessen Geständnis eingestellt. Der 41-Jährige muss als Auflage jedoch einen Geldbetrag in Höhe von 10.000 Euro zahlen – je zur Hälfte an die israelitische Religionsgemeinde zu Leipzig und die Gedenk- und Bildungsstätte Haus der Wannsee-Konferenz in Berlin. Außerdem wird es laut den Verfahrensbeteiligten auch ein Schmerzensgeld für den Hotelmanager geben. Die Höhe ist nicht bekannt.