Thursday, December 7, 2023

Geheimnis des Universums wohl gelüftet: „Leben wir in einer riesigen Leere?“

Merkur Geheimnis des Universums wohl gelüftet: „Leben wir in einer riesigen Leere?“ Artikel von Tanja Banner • 8 Std. Größtes Rätsel der Kosmologie Die Hubble-Spannung, eines der größten Rätsel der Kosmologie, könnte gelöst sein. Forscher präsentieren eine verblüffende These. Bonn – Die Wissenschaft hat bereits seit langer Zeit erkannt, dass das Universum sich ausdehnt. Die Geschwindigkeit dieser Ausdehnung wird durch die Hubble-Lemaître-Konstante beschrieben. Allerdings gibt es eine Herausforderung: Die Konstante ist nicht konstant – je nach Berechnungsmethode ergibt sich ein unterschiedlicher Wert. Dieses Phänomen, bekannt als „Hubble-Spannung“, ist eines der größten Mysterien in der Kosmologie. Ein Forschungsteam aus verschiedenen Ländern behauptet nun, dieses Mysterium gelöst zu haben. Die Studie, die die potenzielle Lösung vorstellt, ist im Fachjournal Monthly Notices of the Royal Astronomical Society (MNRAS) erschienen. Indranil Banik, ein Mitverfasser der Studie, erläutert in einem Gastbeitrag auf der Plattform The Conversation: „In unserer neuen Arbeit stellen wir eine mögliche Erklärung vor: Dass wir in einer riesigen Leere im Weltraum leben.“ Wie schnell dehnt sich das Universum aus? Die Frage ist nicht eindeutig beantwortet Es gibt zwei Methoden, um die Hubble-Lemaître-Konstante zu berechnen. Die kosmische Hintergrundstrahlung wird bei einem Verfahren herangezogen, wodurch eine Geschwindigkeit von etwa 244.000 km/h pro Megaparsec Abstand zwischen zwei Himmelskörpern berechnet wird (ein Megaparsec entspricht etwa drei Millionen Lichtjahren). Nutzt man jedoch Supernovae vom Typ 1a zur Berechnung der Ausdehnungsgeschwindigkeit, ergibt sich eine Geschwindigkeit von etwa 264.000 km/h pro Megaparsec Abstand. Das Universum dehnt sich aus – aber wie schnell? „Das Universum scheint sich also in unserer Nähe – das heißt bis zu einer Entfernung von ungefähr drei Milliarden Lichtjahren – schneller auszudehnen als in seiner Gesamtheit“, erklärt Pavel Kroupa vom Helmholtz-Institut für Strahlen- und Kernphysik der Universität Bonn. „Und das dürfte eigentlich nicht sein“, so der Fachmann weiter. Eine kürzlich gemachte Beobachtung könnte eine Erklärung für dieses Phänomen liefern. Theorie der Forscher: Erde befindet sich in einer „Luftblase“ im „Kuchenteig“ Denn die Erde befindet sich in einem Bereich des Universums, der vergleichsweise wenig Materie enthält. Diese Region wird in einer Mitteilung zur Studie mit einer Luftblase in einem Kuchen verglichen. Die Materiedichte ist um die Blase herum höher, und die Gravitationskräfte dieser umliegenden Materie ziehen die Galaxien in der Blase zum Rand des Hohlraums. „Daher entfernen sie sich schneller von uns, als eigentlich zu erwarten wäre“, sagt Banik. Der Forscher von der Universität in St. Andrews spricht von einer „Unterdichte“ oder einem „Hohlraum“. Das Standardmodell der Kosmologie sieht solche Unterdichten nicht vor – sie sollten eigentlich nicht existieren, da die Materie im Universum gleichmäßig verteilt sein sollte. Verhält sich die Schwerkraft anders, als von Einstein vorhergesagt? „Das Standardmodell fußt auf einer von Albert Einstein aufgestellten Theorie zur Natur der Gravitation“, betont Kroupa. „Eventuell verhalten sich die Gravitationskräfte aber anders, als von Einstein erwartet.“ Um das Mysterium zu erforschen, hat das Team um Kroupa und Banik in einer Simulation eine abgewandelte Gravitationstheorie genutzt. Die „Modifizierte Newton‘sche Dynamik“ (MOND) gilt bis heute als eine Außenseiter-Theorie, wird jedoch immer wieder in Studien verwendet, wenn es beispielsweise um die Hubble-Spannung geht. „In unseren Berechnungen sagt MOND die Existenz derartiger Blasen exakt voraus“, sagt Kroupa. Verhält sich die Schwerkraft tatsächlich so, wie die Außenseiter-Theorie es vorgibt, würde die Hubble-Spannung verschwinden, zeigt die neue Arbeit. Es gäbe dann nur eine Konstante für die Ausdehnung des Universums – und beobachtete Abweichungen wären auf Ungleichmäßigkeiten in der Materieverteilung zurückzuführen. Muss die Schwerkraft-Theorie geändert werden? „Einstein soll gesagt haben, dass wir Probleme nicht mit demselben Denken lösen können, das zu den Problemen geführt hat“, schreibt Banik in seinem Gastbeitrag und ergänzt: „Selbst wenn die erforderlichen Änderungen nicht drastisch ausfallen, könnten wir Zeugen des ersten zuverlässigen Beweises seit mehr als einem Jahrhundert werden, dass wir unsere Theorie der Schwerkraft ändern müssen.“ (tab)