Friday, September 27, 2024

Offener Brief: Vorwürfe gegen Leiterin des Film Festival Cologne

Frankfurter Allgemeine Zeitung Offener Brief: Vorwürfe gegen Leiterin des Film Festival Cologne Artikel von Ole Kaiser • 1 Std. • 3 Minuten Lesezeit Pünktlich zur Pressekonferenz hagelte es Kritik. Eigentlich hatte Martina Richter am Donnerstag das Programm für die neue Ausgabe des Film Festival Cologne vorstellen wollen, das vom 17. bis 24. Oktober stattfindet. Vielen Redaktionen, auch der F.A.Z., war jedoch ein Brief anonymer ehemaliger Mitarbeiter des Festivals zugegangen, der es in sich hat. In dem Brief werfen neun ehemalige Mitarbeiter des Filmfestivals der Geschäftsführerin Richter unter anderem Machtmissbrauch, eine toxische Führungskultur und ein Klima der Angst vor. Viele hätten psychische Gewalt erlebt, seien von Richter verbal attackiert worden. Sie sei nicht kritikfähig, habe einen Kontrollwahn, Entscheidungen fälle sie erratisch. Außerdem, so schreiben die Verfasser, hätten sie zum Teil als Scheinselbstständige für Richter arbeiten müssen. Viele seien als Freiberufler tätig gewesen, obwohl sie faktisch einen arbeitnehmerähnlichen Alltag mit festen Bürozeiten gehabt hätten. Richter weist die Vorwürfe zurück Richter beschreiben sie in dem Brief als fast schon absolutistische Herrscherin. Sie ist Geschäftsführerin der Cologne Conference GmbH (das Unternehmen hinter dem Festival) sowie zweier weiterer Unternehmen: der SGP Social Globe Projects UG und der HMR International GmbH & Co. KG. Das Festival wird jährlich mit öffentlichen Mitteln von gut einer Million Euro bezuschusst, die Richter verwaltet. Geldgeber sind das Land Nordrhein-Westfalen, die Film- und Medienstiftung NRW und die Stadt Köln. Die Unterzeichner des Briefs werfen Richter vor, mit den Fördergeldern intransparent umzugehen. Martina Richter weist die Vorwürfe auf Anfrage zurück. Sie „bedauere“, dass der offene Brief – adressiert an den Staatskanzleichef Nathanael Liminski, Walid Nakschbandi von der Landesmedienstiftung und die Kölner Oberbürgermeisterin Henriette Reker –, „anonym und nicht unterzeichnet ist“. Gerne hätte sie „im direkten persönlichen Austausch mit den Schreibenden zu den Anschuldigungen Stellung genommen“. Sie sei bereit, „alles offenzulegen und die Anschuldigungspunkte zu entkräften“. Als Festivalleiterin und Geschäftsführerin der Cologne Conference GmbH nehme sie ihre Verantwortung „sehr ernst“. Es entspreche „natürlich genau dem Verständnis meiner Aufgabe“, alle Arbeitsschritte zu überwachen, gerade „weil wir mit öffentlichen Geldern arbeiten, mit denen wir seriös und sorgsam umgehen“. Was sie beziehungsweise die Gesellschaft mit der Fördersumme von 1,05 Millionen Euro mache, die Richter verwalte, werde zum Ende einer jeden Festivalausgabe in einem „umfangreichen Sachstandsbericht inklusive eines Finanzabschlusses“ festgehalten, der „jedwede Ausgabe des Festivals mit Rechnungsbeleg und Zahlungsbeleg dokumentiert und von den drei Förderinstitutionen alljährlich gewissenhaft geprüft wird“. Forderung nach neuer Gesellschafterstruktur Auch beschäftige ihr Unternehmen die Freiberufler nicht als Scheinselbstständige. Sie arbeiteten vielmehr, wie in der Eventbranche üblich, projektbezogen, damit saisonal und seien auch für andere Arbeitgeber tätig. „In den seltensten Fällen sind sie bei uns im Büro, außer das jeweilige Projekt benötigt einen intensiven persönlichen Austausch.“ Lediglich bei den Festangestellten gebe es feste Bürozeiten. Die Staatskanzlei in Düsseldorf und die Stadt Köln schreiben auf Anfrage fast wortgleich, man nehme die im Raum stehenden Vorwürfe ernst und rechne mit einer Stellungnahme von Martina Richter. Die Unterzeichner des Briefs wiederholen zudem eine alte Forderung, nach der das Festival in eine mehrheitlich öffentliche Gesellschaft überführt werden solle, damit es einer größeren Kontrolle unterliege und Richter als Einzelperson weniger Entscheidungsmacht habe. Bereits 2020 hatte die Verwaltung der Stadt Köln dem Stadtrat die Gründung einer „Film Festival Cologne GmbH“ vorgeschlagen, die zu 50,1 Prozent durch das Land NRW, zu 39,9 Prozent durch die Stadt Köln und zu zehn Prozent von Martina Richter getragen werden sollte. Als Vorbild nannte man die Berlinale, die sich in Trägerschaft des Bundes befindet. In Köln ist der Plan bis heute nicht umgesetzt. Das Handelsregister weist Martina Richter nach wie vor als einzelvertretungsberechtigte Geschäftsführerin der Cologne Conference GmbH aus. Auf die Frage nach dem Sachstand gibt Richter an, mit dem Land NRW und der Stadt „weiterhin im Gespräch zu sein“. Fragt man hingegen die Staatskanzlei NRW, heißt es, die Pläne seien „seinerzeit“ – also 2020 – „nicht weiterverfolgt“ worden. Das bestätigt auch die Stadt Köln.