Friday, December 8, 2023
Ampel-Koalition muss Geldversprechen kassieren - diese Förderungen stehen auf der Kippe
Merkur
Ampel-Koalition muss Geldversprechen kassieren - diese Förderungen stehen auf der Kippe
Artikel von Nadja Zinsmeister •
43 Min.
Ampel-Koalition muss Geldversprechen kassieren - diese Förderungen stehen auf der Kippe
Die Ampel plant mit dem Wachstumschancengesetz großzügige Steuerentlastungen. Doch das Gesetz muss nachgebessert werden - welche Förderungen wackeln?
Berlin - Nachdem der Bundesrat deutliche Nachbesserungen am geplanten Wachstumschancengesetz der Ampel-Koalition gefordert hat, haben unionsgeführte Länder der Bild am Freitag mitgeteilt, welche Maßnahmen sie aus dem Gesetz konkret streichen wollen. Die Ampel sucht unterdessen weiter nach Finanzierungsmöglichkeiten für ihr 17-Milliarden-Loch. Für eine Entlastung könnte die Abschaffung des Dienstwagenprivilegs sorgen. Besonders im Bereich der Pflege sorgt die Idee für Aufschrei.
Nach Angaben der Bundesregierung kostet das geplante Wachstumschancengesetz zwischen 2024 und 2028 rund 32 Milliarden Euro. Doch die einzelnen Länder sind unzufrieden, es bedarf an Änderungen. Unionsgeführte Länder sollen deshalb fordern, dass mindestens drei der geplanten Maßnahmen aus dem Gesetz gestrichen werden, berichtet die Bild unter Berufung auf ein internes Dokument der Partei. Bei der ersten Maßnahme, die laut der Union wegfallen müsse, handelt es sich um die Prämie für Investitionen in den Klimaschutz. Die Prämie sieht vor, dass 15 Prozent der Aufwendungen für Energieeffizienzmaßnahmen von Unternehmen als direkte finanzielle Unterstützung bezuschusst werden sollen.
Ampel-Koalition muss weiter am Wachstumschancengesetz basteln - diese Förderungen will die Union streichen
Eine zweite, laut den unionsgeführten Ländern nicht umsetzbare Maßnahme, sei die Begrenzung der Rentenbesteuerung. Der Anteil der Rentenzahlungen, der versteuert werden muss, liegt 2023 bei 83 Prozent. Die Ampel-Regierung plant, dass Neu-Rentner 2023 hingegen nur 82,5 Prozent ihrer Rente versteuern müssen. Außerdem soll der Wert in den kommenden Jahren jeweils nur um 0,5 Prozentpunkte steigen dürfen.
Die dritte nicht tragbare Maßnahme in dem Wachstumschancengesetz käme aus dem Bereich der Miete. Vorgesehen ist bislang, dass Mieteinnahmen unter 1.000 Euro pro Jahr in Deutschland steuerfrei sein sollen. Das wolle man wenn möglich verhindern, heißt es laut Bild-Informationen in dem Dokument der unionsgeführte Länder weiter. Über die Streichung weiterer Maßnahmen müsse diskutiert werden. So stünden laut dem Papier auch die geplante höhere finanzielle Unterstützung bei Dienstreisen, niedrigere Steuern bei Betriebsveranstaltungen oder Steuervorteile bei energieeffizienten Gebäudesanierungen zur Debatte.
Ampel diskutiert erneut über Dienstwagenprivileg - Arbeitgeberverband Pflege mit eindringlicher Warnung
Die Ampel-Koalition hat unterdessen die Diskussionen rund um das sogenannte Dienstwagenprivileg wieder aufgenommen. Es ist im Gespräch, ob die Steuervorteile für die private Nutzung von Dienstwagen wegfallen und dadurch 1,8 Milliarden Euro einbringen könnte. Der Arbeitgeberverband Pflege warnte jedoch vor einem Ende des Dienstwagenprivilegs. „Die Abschaffung der Steuervorteile würde gerade Gering- und Mittelverdiener massiv treffen. Dadurch würden außerdem die Pflegeberufe - gerade die Schichtarbeit - deutlich unattraktiver“, sagte Geschäftsführerin Isabell Halletz der Bild. Ihren Angaben nach dürfen mehr als 400.000 Pflegekräfte ihren Dienstwagen auch privat nutzen.
Das arbeitgebernahe Kölner Institut der deutschen Wirtschaft (IW) hat berechnet, dass das geplante Wachstumschancengesetz der Ampel-Regierung die Investitionen in Deutschland bis 2028 um insgesamt elf Milliarden Euro erhöhen dürften. Die Länder hatten bereits Ende Oktober kritisiert, dass sie rund zwei Drittel der geplanten Steuerentlastungen von rund sieben Milliarden Euro pro Jahr tragen müssen. Damals gemachte Änderungsvorschläge sah der Bundesrat in der inzwischen beschlossenen Bundestagsvorlage im November als nicht ausreichend berücksichtigt.
Nach dem Haushaltsurteil des Bundesverfassungsgerichts hat der Deutsche Städtetag deutliche Nachbesserungen am Wachstumschancengesetz gefordert, mit dem sich am Freitag der Bundesrat befasst. „Wenn angesichts des neuen Milliardenlochs völlig unklar ist, woher künftig das Geld für viele Vorhaben kommt, darf der Bund nicht zusätzlich die Steuereinnahmen für die Kommunen deutlich einschränken“, sagte Hauptgeschäftsführer Helmut Dedy der Nachrichtenagentur AFP. „Dringend nötige Investitionen in Klimaschutz, Integration, Digitalisierung oder Ganztagsausbau müssten viele Städte sonst auf Eis legen.“ (nz/dpa)