Wednesday, December 25, 2024
Wo Trumps Drohungen schon vor Amtsantritt ihre Wirkung entfalten
WELT
Wo Trumps Drohungen schon vor Amtsantritt ihre Wirkung entfalten
Tobias Käufer • 45 Minuten • 3 Minuten Lesezeit
Donald Trump droht Mexiko nach seinem Amtsantritt mit Strafzöllen, sollte das Nachbarland seine Drogen-, Migrations- und Handelspolitik nicht ändern. Die neue Präsidentin Claudia Sheinbaum weiß, was auf dem Spiel steht – und reagiert bereits entsprechend.
Die mexikanische Präsidentin Claudia Sheinbaum ist erst seit Oktober im Amt
Donald Trump will nicht einen Tag länger warten. „Am 20. Januar werde ich als eine meiner vielen ersten Executive Orders alle erforderlichen Dokumente unterzeichnen, um Mexiko und Kanada einen Zoll von 25 Prozent auf ALLE Produkte zu berechnen, die in die Vereinigten Staaten über ihre lächerlichen offenen Grenzen eingeführt werden“, schrieb er bereits Ende November in seinem eigenen sozialen Netzwerk „Truth Social“. Eine klare Drohung – vor allem an Mexiko.
Dem südlichen Nachbarland wirft der künftige US-Präsident Versagen in der Migrations-, Drogen- und Handelspolitik vor. Es kämen zu viele irreguläre Migranten und zu viele Drogen über die Grenze in die USA.
Auch der in Mexiko ansässigen Autoindustrie drohte Trump. „Ich werde nicht zulassen, dass sie eine Fabrik direkt hinter der Grenze bauen und Millionen von Autos in die Vereinigten Staaten verkaufen und Detroit weiter zerstören“, hatte er im Wahlkampf gesagt. Er sieht offenbar die Gefahr eines chinesischen Markteintritts über die mexikanische Hintertür, der die amerikanische Industrie und den Autostandort Detroit erheblichen schwächen würde.
Und Trump drohte Mexiko nicht nur mit Strafzöllen, sondern auch mit Massenabschiebungen von Migranten, die sich ohne gültige Aufenthaltspapiere in den USA aufhalten. Zudem wirft der künftige Chef im Weißen Haus dem südlichen Nachbarn vor, nicht genug gegen die Fentanyl-Schwemme zu tun. Diese Droge hat einige Städte in den USA völlig verändert, Drogensüchtige, die wie tot auf den Straßen liegen, schrecken Touristen ab.
Mexikos neuer Präsidentin Claudia Sheinbaum, selbst erst seit einigen Monaten im Amt, ist klar, was für ihr Land auf dem Spiel steht. Sie möchte Trump in fast allen Konfliktbereichen entgegenkommen, um einen Zollkrieg zu verhindern. Sheinbaum erinnert sich noch gut daran, wie es ihrem Vorgänger Andres Manuel Lopez Obrador erging. Im Wahlkampf hatte Trump erklärt, den früheren mexikanischen Präsidenten mit Strafzöllen gefügig gemacht zu haben: „Ich habe von Mexiko damals alles bekommen. Ich habe gewonnen.“
Mexikos Finanzminister Rogelio Ramírez de la O versuchte daher bereits, Trump im Vorfeld eine „goldene Brücke“ zu bauen, indem er auf das große Handelsdefizit seines Landes mit China verwies. Sein Vorschlag: Man könne künftig mehr im nordamerikanischen Freihandelsraum einkaufen und produzieren – also mehr in den USA und weniger in China.
Plötzlich gibt es Razzien gegen Tabletten-Dealer
Auch ins Thema Fentanyl kommt plötzlich Bewegung. Anfang Dezember, nur wenige Tage nach Trumps Drohungen, hatte Sheinbaum „die größte Beschlagnahmung von Fentanyl-Pillen, die jemals in Mexiko durchgeführt wurde“ melden lassen. Bei zwei Razzien in dem von Kartellen dominierten Bundesstaat Sinaloa wurde über eine Tonne des synthetischen Opioids sichergestellt. Mexikanische Medien berichteten über das auffällige Timing dieses Fahndungserfolgs so kurz nach Trumps Aussagen.
Am anfälligsten ist Mexiko allerdings beim Thema Migration. Tatsächlich ist die Südgrenze zu Guatemala weiterhin kaum geschützt. Zudem tritt Sheinbaums Linksregierung als Unterstützerin jener sozialistischen Diktaturen in Kuba, Venezuela und Nicaragua auf, aus denen derzeit die meisten Menschen in Richtung USA fliehen. Möchte Mexiko, dass der Massenexodus aus Süd- und Mittelamerika sowie der Karibik spürbar abnimmt, muss sich das Land auch für demokratische Prozesse in diesen Ländern stark machen. Doch das passiert bislang nicht.
Nach einem gemeinsamen Telefongespräch mit Präsidentin Sheinbaum hatte Trump Ende November behauptet: „Mexiko wird ab sofort Menschen davon abhalten, an unsere Südgrenze zu kommen. Dies wird einen großen Beitrag zur Beendigung der illegalen Einwanderung in die USA leisten. Vielen Dank.“ Doch Sheinbaum stellte klar: „In unserem Gespräch mit Präsident Trump habe ich ihm die umfassende Strategie erläutert, die Mexiko verfolgt, um das Migrationsphänomen unter Wahrung der Menschenrechte zu bewältigen“. Und ergänzte: „Wir bekräftigen, dass Mexiko nicht die Grenzen schließen, sondern Brücken zwischen Regierungen und Völkern bauen will.“
Im aufgeladenen Verhältnis zu den USA hat Mexiko inzwischen zumindest einen Trumpf in der Hand, wenn auch einen sehr kleinen. Sheinbaum krisierte, dass sich die mexikanischen Drogenkartelle mit Waffen aus den USA eindeckten, die ihrerseits wiederum illegal über die Grenze kämen, ohne dass US-Behörden das bislang unterbinden könnten. Die Folge: Die Kartelle seien den mexikanischen Sicherheitskräften dank ihrer High Tech-Waffen „made in USA“ haushoch überlegen. Sheinbaum forderte ein koordiniertes Vorgehen von Washington. Doch ob dieser Wunsch bei Donald Trump Gehör findet, bleibt abzuwarten.