Tuesday, October 8, 2024
TV-Kolumne „Hart aber fair“ - In ARD-Talk verschweigt CDU-Frau einen wichtigen Fakt zum Kampf gegen AfD
TV-Kolumne „Hart aber fair“ - In ARD-Talk verschweigt CDU-Frau einen wichtigen Fakt zum Kampf gegen AfD
Artikel von Von FOCUS-online-Autor Axel Wolfsgruber • 2 Std. • 3 Minuten Lesezeit
Louis Klmaroth diskutiert mit seinen Gästen über ein mögliches AfD-Verbotsverfahren.
Bei „Hart aber fair“ wird diskutiert, ob der Antrag auf ein AfD-Verbot mehr schadet oder nützt. Dabei geht es auch um Partei- und Wahltaktik. Dabei sollte man die Sache viel eher nüchtern rechtsstaatlich betrachten – und dem Verfassungsgericht eine Prüfung ermöglichen.
Soll man die AfD verbieten? Das Thema, das Moderator Louis Klamroth am Montagabend diskutieren lässt, ist kompliziert. Der Hintergrund: Eine kleine Gruppe von Bundestagsabgeordneten bringt einen Verbotsantrag am Dienstag im Parlament ein.
Sie wollen erreichen, dass das Bundesverfassungsgericht ihren Antrag prüft und jenseits aller Parteipolitik eine juristische Entscheidung fällt. Zumindest wollen die Mitglieder von CDU, SPD, Linken und Grünen, die diesen Antrag unterstützen, erreichen, dass im Parlament ein solches AfD-Verbot wenigstens diskutiert wird.
„Das wäre eine Sternstunde der Demokratie. Ich will auch nicht zurückschauen und sagen, ich habe nichts getan“, sagt Grünen-Politiker Michael Kellner. Er ist einer von denen, die den AfD-Verbots-Antrag gestellt haben.
AfD könnte den Opfermythos missbrauchen
„Ich wäre die Erste, die davon betroffen wäre“, sagt CDU-Bundestagsabgeordnete Serap Güler. Aus ihrer Sicht gehöre sie als türkisches Gastarbeiterkind „nach Herkunft und Glauben“ nämlich zu jenem Personenkreis, den die AfD schnellsten aus dem Land befördern will. Dennoch ist sie gegen ein Verbot dieser Partei. „Die Gefahr besteht, dass sie mit sehr, sehr großer Wucht zurückkommen. Ich schließe mich nicht an, obwohl ich die Argumente sehr gut verstehe“, erklärt Serap Güler.
Die AfD werde den Opfermythos missbrauchen. Zumal es ihrer Ansicht nach bis zur Bundestagswahl keine juristische Entscheidung geben werde. Da alle Verfassungsorgane einen solchen Verbotsantrag stellen könnten, frage sie sich allerdings, warum nicht die aktuelle Regierung so einen Antrag längst gestellt habe: „Gibt es nicht genügend Beweise?“
NPD-Verbotsverfahren dauerte vier Jahre
Serap Güler argumentiert aus parteipolitischen und wahltaktischen Erwägungen. Fakt ist, dass es eher utopisch ist, dass ein Verbotsantrag, der frisch gestellt worden ist, bis zur richtungsweisenden Bundestagswahl im Herbst vom Verfassungsgericht geklärt werden könnte. Bis es beim damaligen Verbotsverfahren der NPD zu einem Urteil kam, dauerte es vier Jahre.
Zu einem Verbot kam es dann allerdings nicht, weil dem Verfassungsgericht die Relevanz der Partei als zu gering erschien. Bei der AfD ist die Frage der Relevanz zuletzt bei Landtagswahlen in den neuen Bundesländern positiv beschieden worden. Das destruktive Verhalten des sogenannten Alterspräsidenten aus den Reihen der AfD im thüringischen Landtag spricht zudem für eine antidemokratische Gesinnung.
Einem Drittel der Ostdeutschen würde die wichtigste Partei genommen werden
Tatsache ist aber auch, dass einem Drittel der Ostdeutschen plötzlich ihre wichtigste Partei fehlen würde. Ein Verbot müsste zumindest den Sachsen und Thüringern gut erklärt werden. Das Risiko einer immer schneller grassierenden Politikverdrossenheit steigt. Zumal die bisherigen Volksparteien derart schwach in den neuen Bundesländern verankert sind, dass es einem BSW gelungen ist, auf Anhieb große Wahlerfolge zu erzielen.
CDU-Bundestagsabgeordnete Güler sagt, sie möchte kein AfD-Verbot, weil sie die AfD politisch stellen will. Dazu hatten CDU und andere Demokraten nun viele Jahre die Gelegenheit. Statt jenseits der Asylpolitik andere Themenschwerpunkte zu setzen, sind auch CDU und SPD mittlerweile voll auf das Thema Migration als bestimmenden Politikschwerpunkt aufgesprungen.
Tatsächlich aber hätte das Land noch ganz andere Debatten verdient – etwa in den Bereichen Gesundheit, Altersversorgung, Infrastruktur. Von einem politischen Zurückdrängen der AfD kann keine Rede sein.
Kein Wähler hat ein Anrecht auf eine demokratiefeindliche Partei
Vielleicht muss man die Sache aber auch ganz nüchtern und rechtsstaatlich betrachten: Die Verfassung hat die Hürden für ein Parteiverbot sehr hoch gehängt. Vielleicht sollte man einfach auf das Grundgesetz vertrauen. Dort steht, was richtig und was falsch ist. Wahl- und Parteitaktik sollten bezüglich eines Antrags auf Parteiverbot keine Rolle spielen.
Insofern sollte das Bundesverfassungsgericht vielleicht doch die Möglichkeit erhalten, sich mit den Inhalten der AfD gründlich zu befassen, Reden zu analysieren, E-Mails zu lesen und Zeugen zu befragen. Die Beweislage dürfte bei der AfD deutlich besser sein als bei der NPD.
Mit einem mangelnden Verständnis von Parteiendemokratie hat ein Verbotsantrag jedenfalls nichts zu tun – im Gegenteil: Kein Wähler hat ein Anrecht auf eine demokratiefeindliche Partei auf dem Wahlzettel.