Tuesday, October 15, 2024

TV-Kolumne „Die Wagenknecht-Story“ - Das ZDF investiert 43 Minuten, um vor Sahra Wagenknecht zu warnen

TV-Kolumne „Die Wagenknecht-Story“ - Das ZDF investiert 43 Minuten, um vor Sahra Wagenknecht zu warnen Artikel von Von FOCUS-online-Autorin Beate Strobel • 1 Std. • 3 Minuten Lesezeit Ginge es nach dem ZDF, müsste Sahra Wagenknecht und ihr BSW wohl mit einem Warnhinweis versehen werden: „Diese Frau will Ihnen Angst und die deutsche Parteienlandschaft kaputt machen“. Wenn ZDF-Journalisten recherchieren, dann natürlich gründlich: Lediglich zehn Minuten täglich brauche Sahra Wagenknecht , um sich in Sahra Wagenknecht zu verwandeln. Das schwarze Haar bürsten und flechten, alles gut feststecken, Haarspray drüber, Ohrringe dran – und schon ist aus der Privatperson die Marke Sahra Wagenknecht geworden. So dicht dran kann TV-Journalismus sein. Aber wer ist Sahra Wagenknecht? Und was will sie mit dem nach ihr benannten Bündnis, das sie im Oktober 2023 gegründet hat? Weit mehr als ein Jahr lang hat ein Doku-Team des ZDF die Politikerin mit der Kamera begleitet. Entstanden ist daraus zum einen „Inside Bündnis Wagenknecht“ (abrufbar in der ZDF-Mediathek): eine durchaus differenzierte Doku-Serie, die sich bemüht, in fünf Teilen möglichst viele Facetten des Parteiprojekts zu beleuchten. Die TV-Dokumentation namens „Die Wagenknecht-Story“ von Falko Korth bedient sich inhaltlich bei der Serie, fokussiert sich dabei aber ganz auf die Person der Parteigründerin. Und hat ziemlich unverhohlen nur ein Ziel: vor Sahra Wagenknecht zu warnen. „Ich halte sie nicht für eine Demokratin“ „Rebellin, Realistin, Populistin?“ Das Fragezeichen am Ende des Titels steht da nur pro forma. Um das zu belegen, fährt die Doku viele Zeugen auf, die in Sahra Wagenknecht den gut gestylten Anti-Christen sehen. „Sie ist demokratisch gewählt, aber ich halte sie nicht für eine Demokratin“, urteilt Reiner Haseloff, Ministerpräsident von Sachsen-Anhalt. Nato-Bindung ist gesetzt - Merz setzt klare Grenzen: Keine Kompromisse mit Wagenknecht Wagenknecht gelte als kontrolliert und kalt, als stur und machtgierig, bescheinigt ihr das ZDF. „Ich, ich und ich“ zählt SPD-Mann Karl Lauterbach als die drei großen Ziele von Sahra Wagenknecht auf. Lediglich der Ex-Grüne Boris Palmer, selbst ein Enfant terrible der Politszene, schlägt sich auf die Seite Wagenknechts: Sie sei „ein Glücksfall, insbesondere für die ostdeutschen Bundesländer“. Wagenknecht und Lafontaine als Schrecken der Altparteien Zur besten Sendezeit investiert das ZDF 43 Minuten, um das Bündnis Sahra Wagenknecht als eine Partei zu beschreiben, die entstanden ist durch eine ebenso egoistische wie rücksichtslose Plünderei bei den Linken, die seither nur noch eine Parteienhülle im Bundestag ist. Und als eine Partei mit Wagenknecht-Gatte Oskar Lafontaine und Wladimir Putin als Strippenzieher im Hintergrund. Für „Zeit“-Journalistin Mariam Lau etwa ist klar: Wagenknecht und Lafontaine „haben die SPD kaputt gemacht. Sie und ihr Mann haben die Linke kaputt gemacht. Und jetzt nehmen sie das nächste Ziel in den Blick, und das ist die CDU.“ Vielleicht ist und will das BSW all das tatsächlich, wer weiß das schon? Doch anstatt dies ähnlich gründlich zu belegen wie die Tatsache, dass Wagenknecht zehn Minuten für ihre berühmte Frisur benötigt, verlässt sich das ZDF vorwiegend auf Urteile von Menschen, die sich durch Sahra Wagenknecht und ihr Bündnis direkt oder indirekt bedroht fühlen. Und davon gibt es immer mehr. Denn wie es Journalist Heribert Prantl formuliert: „Die Frau ist dabei, zu einem großen Machtfaktor in diesem Land zu werden.“ Subtile Masche: Durch die Angst zum Erfolg Von der orthodoxen Kommunistin zur „linken Konservativen“: Wie das so weit kommen konnte, erklärt das ZDF so: Wagenknecht hat das Bündnis gezielt als Antwort entwickelt auf die Unzufriedenheit vieler Menschen mit der Ampel und der gesellschaftlichen Gesamtsituation. Zugleich, attestiert ihr Rhetorikexperte Michael Ehlers, schürt Wagenknecht mit dem, was sie sagt, Ängste. „Und wenn ich Angst auslöse, sinkt die Kognition: Der Mensch ist nicht mehr fähig, voll und frei zu denken. Jetzt folge ich nur noch dem Gefühl: Ich will, dass es anders wird.“ Schuld an der Krise der etablierten Parteien und am Erfolg des BSW sind also nicht die Altparteien selbst, sondern das leicht zu manipulierende Wählervolk. Am Ende zeigt das ZDF eine ungewohnte Sahra Wagenknecht: Statt in dem gewohnten Kostümchen geht die Privatperson in Jeans und Sneakers über einen Feldweg, lediglich die Perlenohrringe erinnern noch an die Marke Sahra Wagenknecht. Aus dem Off unkt das ZDF, dass die nächsten Monate nun zeigen würden, „ob ihr Erfolg von Dauer ist“. Es klingt ein wenig nach dem Pfeifen im Walde.