Monday, September 16, 2024

Klimabetrug in China: Behörde gibt Milliarden-Schaden an deutschen Unternehmen bekannt

FR Klimabetrug in China: Behörde gibt Milliarden-Schaden an deutschen Unternehmen bekannt Artikel von Amy Walker • 3 Std. • 3 Minuten Lesezeit Das Umweltbundesamt vermutet, dass bei mindestens 45 von 69 Klimaprojekten in China betrogen wurde. Deutschen Unternehmen sind Milliarden entgangen. Berlin – Das Umweltbundesamt (UBA) hat am Montag (16. September) über den aktuellen Stand der Ermittlungen beim mutmaßlichen Betrug bei Klimaprojekten in China informiert. Nachdem die Behörde noch Anfang des Monats bei acht von 66 Projekten betrügerisches Vorgehen festgestellt hatte, korrigiert das UBA diese Zahl nun auf 45. Diese Projekte würden jetzt „rückabgewickelt“, erklärte der Leiter des Umweltbundesamts (UBA), Dirk Messner, bei einer digitalen Pressekonferenz. Klimabetrug in China: 56 Projekte wurden vom Umweltbundesamt untersucht „Wir gehen nicht davon aus, dass ein erheblicher oder auch nur ein kleinerer Teil dieser 45 Projekte in Ordnung sein könnte“, sagte er weiter. Die Projekte stünden unter einem „sehr starken Betrugsverdacht“. Es handele sich vermutlich um ein „Täuschungsvertragssystem“, bei denen Projekte angemeldet werden, die nicht die angegebenen Voraussetzungen, etwa zur Reduktion von Treibhausgasen, erfüllen würden, hieß es zur Erläuterung. Seine Behörde habe mittlerweile 56 Klima-Projekte in China gründlich untersucht und könne diese Zwischenbilanz vorweisen, erklärte Messner weiter. Die Ermittlungen, an denen sowohl die Staatsanwaltschaft Berlin als auch eine internationale Anwaltskanzlei beteiligt ist, würden weitergehen. Auch das ZDF-Format Frontal hatte bereits in der vergangenen Woche unter Berufung auf den vom UBA beauftragten Anwalt Christian Schefold über die Dimension berichtet. Betrug durch falsche Klima-Zertifikate: Schaden wird auf 1,5 Milliarden Euro beziffert Hintergrund der seit Wochen andauernden Überprüfungen ist ein mutmaßliches Betrugsgeflecht im Zusammenhang mit Klima-Projekten in China. Wie im Juni bekannt geworden war, haben sich deutsche Mineralölkonzerne möglicherweise einen Beitrag auf ihre CO₂-Bilanzen anrechnen lassen, der auf Klimaschutz-Projekte zurückging, die laut UBA auf Basis von Betrug zustande gekommen sein könnten. Mittlerweile stünden mindestens 45 von 66 Projekten in China unter Verdacht, Unregelmäßigkeiten aufzuweisen. In einem Bericht des Bundesumweltministeriums von Juli dieses Jahres war zunächst von 69 Projekten die Rede. Diese Zahl sei aber nicht korrekt. Es handele sich um insgesamt 66 Projekte in China und 75 Projekte weltweit, die das UBA derzeit überprüfe, wie ein Sprecher auf dpa-Nachfrage klarstellte. Messner erklärte, dass die 45 Projekte Klima-Zertifikate im Wert von insgesamt sechs Millionen Tonnen CO₂-Äquivalente umfassen. Das entspräche nach UBA-Angaben einem Marktwert von 1,5 Milliarden Euro. Nur vier Millionen dieser sechs Millionen Tonnen, die sich Firmen auf Basis dieser Projekte zum Teil schon auf ihre Klima-Bilanz haben anrechnen lassen, könnten aber rückabgewickelt und gerettet werden. Folglich wäre durch den Betrug bislang bezogen auf die ausgestellten Zertifikate ein materieller Schaden von ungefähr 500 Millionen Euro entstanden. Öl-Riesen können falsche Klima-Projekte noch bis 2025 anrechnen lassen Die Mineralölkonzerne dürfen die bereits vor Monaten zertifizierten Projekte auch noch bis ins Jahr 2025 anrechnen lassen. Das sorgt in der Erneuerbaren-Energien-Branche für Frust. Die „formale Aberkennung“ der Projekte bedeute nicht, dass der nachweislich nicht geleistete Klimaschutz nun nachgeholt werde, kritisiert die im September 2024 gegründete Initiative „Klimabetrug Stoppen“. Nach Angaben der Initiative ist der Branche ein Schaden von insgesamt 4,4 Milliarden Euro zugefügt worden. Sie fordert einen Dialog mit den Behörden, der ihnen nach eigenen Angaben seit Monaten verwehrt wird. An der Aufarbeitung der mutmaßlichen Betrugsfälle im Umweltbundesamt übt unter anderem die Union Kritik. Sie wirft dem UBA und dem Umweltministerium von Steffi Lemke (Grüne) vor, zu spät auf den Betrug reagiert zu haben. Laut UBA gab es im September 2023 erste Hinweise auf Einzelfälle, denen die Behörde nachgegangen sei. Dabei habe erst „Aussage gegen Aussage“ gestanden, die „anonymen Hinweisgeber“ seien nicht von Anfang an vertrauenswürdig gewesen. Konkretere Daten zu verdächtigen Firmen und Einzelpersonen nannte das UBA mit Verweis auf die laufenden Ermittlungen zunächst nicht. Anfang Juli hatte das UBA auch personelle Konsequenzen gezogen: Die Behörde suspendierte einen seiner für den Bereich zuständigen Mitarbeiter. Mitte Juli kam es dann im Auftrag der Berliner Staatsanwaltschaft in Bayern und Nordrhein-Westfalen zu Durchsuchungen bei Unternehmen, die auf die Erstellung von Umweltgutachten spezialisiert sind – unter anderem zu den umstrittenen Zertifikaten. Ermittelt werde gegen 17 Personen wegen des Verdachts des gemeinschaftlichen gewerbsmäßigen Betruges, hieß es. (Mit Material von dpa)