Friday, September 27, 2024
Gastkommentar von Anke Hermenau - Achtung, Deutschland! An dieser Weggabelung dürfen wir nicht falsch abbiegen
Gastkommentar von Anke Hermenau - Achtung, Deutschland! An dieser Weggabelung dürfen wir nicht falsch abbiegen
Artikel von Von FOCUS-online-Autorin Antje Hermenau • 5 Std. • 3 Minuten Lesezeit
Unserer Wirtschaft geht es nicht gut, wir befinden uns an einer Weggabelung, Aber wohin gehen wir? Planwirtschaft oder Raubtierkapitalismus? Unsere Gastautorin plädiert dafür, den Mittelweg zu wählen.
Da inzwischen ganz öffentlich in der politischen Spitze unseres Landes über Planwirtschaft in Deutschland diskutiert wird, ist es Zeit, klar zu intervenieren. Dafür gibt es drei Gründe:
1. Es hat bereits Planwirtschaft auf deutschem Boden gegeben. Die betroffenen Menschen haben mit den Füssen darüber abgestimmt und diese Wirtschaftsform klar verworfen. Aus diesen Erkenntnissen sollte man aktuell lernen und sich nicht wieder auf diesen Irrweg begeben.
2. Die Welt ist zu komplex und zu vielschichtig geworden, um ihr mit 5-Jahres-Plänen und volkseigenen Kombinaten zu begegnen. Dann ist man niemals „the first mover“. Das müssen wir aber sein, weil mittelständische Firmen flexible Schnellboote auf dem großen Ozean sind und keine Tanker wie Konzerne.
3. Ganz Mitteleuropa steht in dieser mittelständischen Tradition. Deutschland steht nicht in der kolonialen Tradition Westeuropas, auch, wenn die Westanbindung an Frankreich und Großbritannien des 20. Jahrhunderts das suggerieren mag. Das industrielle Herz Europas schlägt in der weiträumigen Landschaft in Mitteleuropa, reicht von den Niederlanden bis Ungarn und von dort bis ins Baltikum. Herausragende Einzelregionen in Europa wie Katalonien, Burgund und die Lombardei ersetzen nicht die flächendeckende industrielle Landschaft Mitteleuropas.
Die Mischung macht's: Soziale Verteilung und Marktwirtschaft
Welche Wegscheide liegt vor uns als Nation? Eine konservative Besinnung: die Mischung macht’s. Wir müssen uns nicht zwischen Manchesterkapitalismus und asiatisch geprägtem Sozialismus entscheiden. Wir haben es erfolgreich kombiniert. Es gibt soziale Verteilung und es gibt Marktwirtschaft bei uns.
Zumindest war das noch vor wenigen Jahrzehnten so. Jetzt ist das massiv verrutscht. Verteilung wird auf die Spitze getrieben. Das Geld zu verdienen wird verächtlich gemacht und ignoriert. Man muss aber beide Seiten der Goldmünze „Soziale Marktwirtschaft“ putzen.
Die Sozialisten haben sich stark gemacht, um die soziale Ungleichheit zu mildern
Nachdem die Liberalen im 19. Jahrhundert für Bürgerrechte und Freiheit sorgten, machten sich im 20. Jahrhundert die Sozialisten stark, um die soziale Ungleichheit zu mildern. Inzwischen haben wir eine Staatsapparat hochgepumpt, der vor allem sich selbst viel leistet. Und das im Jahrhundert der Digitalisierung! Es werden neue Stellen und Verwaltungsapparate aufgebaut als gäbe es kein Morgen, während die Firmen digitalisieren und Lean Management aufbauen.
Wirtschaftsmodell zwischen staatlicher Planwirtschaft und Raubtierkapitalismus
Die sieben Prinzipien des Walter Eucken werden durch eine südeuropäisch aufgeplusterte Staatswirtschaft zunehmend außer Kraft gesetzt: am deutlichsten vielleicht bei der Aufgabe des Primats der Währungspolitik zugunsten der politischen Finanzpolitik, was die Währung instabil macht, und durch Subventionitis falsch gesetzte, marktverzerrende Anreize. Von einer Konstanz der Wirtschaftspolitik kann auch keine Rede mehr sein.
Dann investiert halt keiner. Walter Euckens Wirtschaftstheorie könnte vielen Ländern weltweit helfen, sich auf gutem Niveau weiter zu entwickeln. Das wäre so viel wichtiger als die sogenannte Entwicklungshilfe.
Ein Wirtschaftsmodell zwischen staatlicher Planwirtschaft und Raubtierkapitalismus wäre für viele Nationen und Kulturen eine verträgliche Orientierung, die auch zum Frieden beitrüge, weil sie Verteilungskämpfe minderte. Das ist der deutsche, der mitteleuropäische Exportschlager!
Unsere Wettbewerbsfähigkeit schmilzt dahin
Bodenständiger Mittelstand setzt auf Qualität, die national und weltweit verkäuflich ist. Freiheit durch Eigenkapital schafft langfristige Perspektiven und ermöglicht trotzdem schnelles Reagieren auf Marktänderungen. Aber unsere Wettbewerbsfähigkeit schmilzt dahin. Die Energiekosten sind eine Wettbewerbsverzerrung erster Güte, schlicht ruinös.
Der Vorteil einer guten Allgemeinbildung, einer guten technischen Ausbildung und einer sehr gute Forschungslandschaft wird von unten (Schule) nach oben (Universität) immer mehr durchweicht. Deutschland liegt im weltweiten Vergleich nicht mehr so gut wie früher.
Wir müssen uns besinnen und aufrappeln
In Naturwissenschaften können wir uns noch einigermaßen halten, bei Lesefähigkeit und Mathematik rutschen wir nach unten. Das sind aber die Grundlagen für Innovationen und technische Produkte von höchster Qualität.
Wenn wir uns wieder besinnen und aufrappeln, werden viele in der Welt ein Beispiel haben, das sie nutzen können, um selbst einen gewissen Wohlstand für ihre Bürger aufzubauen. Und uns ginge es auch wieder besser.