Monday, September 16, 2024

Déjà-vu mit Attentäter

FR Déjà-vu mit Attentäter Artikel von Karl Doemens • 1 Std. • 3 Minuten Lesezeit Das FBI rekonstruiert die Bewegungen des mutmaßlichen Attentäters außerhalb des Trump International Golf Club. Donald Trump entgeht dem zweiten mutmaßlichen Versuch innerhalb von nicht mal drei Monaten, ihn zu erschießen. Dieser Fall ist noch mysteriöser als der erste. Das dramatische Ereignis lag erst ein paar Stunden zurück, als sich Donald Trump mit einer Nachricht bei seiner Fangemeinde meldete: „Macht euch keine Sorgen“, schrieb der 78-Jährige: „Ich bin in Sicherheit und niemand wurde verletzt.“ Allerdings gebe es „Leute in dieser Welt, die alles tun, um uns zu stoppen“. Sprachs und rief zu Spenden auf. Viele in den USA mögen ein makabres Déjà-vu-Gefühl verspürt haben: Erst vor neun Wochen hatte Trump bei einem Attentat während einer Kundgebung in Philadelphia einen Streifschuss am Ohr abbekommen. Nun hat es am Sonntag den mutmaßlich nächsten Anschlagsversuch auf den umstrittenen Republikaner-Politiker gegeben – dieses Mal auf seinem Golfplatz in West Palm Beach in Florida. Doch dieses Mal konnte der Secret Service Schlimmeres verhindern, und ein Verdächtiger wurde gefasst. Führende Demokraten verurteilten den Attentatsversuch sofort entschieden. Doch schon jetzt ist klar, dass der zweite Angriff auf das Leben eines der beiden um die Präsidentschaft Buhlenden den ohnehin extrem polarisierten Wahlkampf noch mehr aufheizen wird. Nicht nur stellen sich die praktischen Fragen, wie der Schütze von dem Aufenthaltsort des Ex-Präsidenten wusste und dann unbemerkt bis auf Schussweite von etwa 400 Metern an sein Zielobjekt herankommen konnte. Einige Republikaner versuchen, einen politischen Hintergrund nachzuweisen und beschuldigen die Demokraten einer Mitschuld. Dabei ist über die Motive des 58-jährigen Verdächtigen bislang kaum etwas bekannt. Nach Angaben der Polizei handelt es sich um Ryan Wesley Routh. Er soll früher als Dachdecker in North Carolina gelebt und vor einigen Jahren nach Hawaii gezogen sein. Ein Mann mit diesem Profil war in den sozialen Medien sehr aktiv. So schrieb er im Juni 2020 auf X/Twitter, dass er 2016 für Trump gestimmt habe, von diesem aber enttäuscht sei. Anfang 2024 ermunterte er die parteiinterne Trump-Konkurrenz Nikki Haley und Vivek Ramaswamy, gemeinsam gegen Trump anzutreten. Im April warnte er vor den Gefahren für die Demokratie, was man als Unterstützung für Biden werten könnte. Hauptsächlich engagierte sich Routh aber auf diversen Onlineplattformen für die Ukraine. Er warb für die Unterstützung des von Russland überfallenen Landes und versuchte, Söldner zu rekrutieren. Allerdings werfen einige Äußerungen Zweifel an seiner psychischen Verfassung auf. So lud er 2020 den nordkoreanischen Diktator Kim Jong-un nach Hawaii zum Urlaub ein und bot sich ihm als Vermittler mit Südkorea an. Im Juli 2023 schrieb er: „Ich habe Hunderte von der Nato trainierte Soldaten, die darum bitten, nach Haiti gehen zu können, um dort Frieden zu schaffen.“ Laut einem Bericht der „New York Times“ war Routh 2002 bereits mal festgenommen worden, nachdem er sich mit einem automatischem Gewehr verschanzt hatte. Am Sonntagnachmittag gelang es nun offenbar diesem Mann, bedrohlich nahe an Trump heranzukommen. Dessen Golfplatz in Florida ist durch einen Zaun und eine dichte hohe Hecke von der Straße abgeschirmt. Trump spielte mit einem Bekannten gerade eine Runde, als ein zum nächsten Loch vorausgegangener Personenschützer des Secret Service gegen halb zwei mittags einen Gewehrlauf im Gebüsch entdeckte. Es fielen mehrere Schüsse. Der Verdächtige floh mit einem schwarzen Nissan, konnte dank der Hilfe aufmerksamer Vorbeikommender aber kurz darauf von der Polizei gestellt und festgenommen werden. Am Tatort hatte er ein Sturmgewehr der Art Kalaschnikow mit Zielfernrohr sowie zwei Rucksäcke mit (schusssicheren?) Keramikplatten und eine Kompaktkamera zurückgelassen. Unklar ist, woher der Schütze den Aufenthaltsort von Trump kannte. Anders als bei Amtsinhaber Joe Biden gibt es keinen öffentlich zugänglichen Kalender des Ex-Präsidenten, der im Wahlkampf kreuz und quer durchs Land reist. Durch die Vielzahl seiner Auftritte unter freiem Himmel und den Besuch von weitläufigen Golfplätzen in der Freizeit ist Trump schwer komplett zu schützen. Der Secret Service hatte seit dem Anschlag von Pennsylvania seine Vorsorge schon deutlich verstärkt. Allerdings werden bislang die Golfplätze – anders als bei amtierenden Präsidenten – nicht hermetisch abgeriegelt. Aktive beider Parteien plädieren nun dafür, solche Sicherheitslücken zu schließen. Derweil versuchen die Republikaner, die Schuld für den Attentatsversuch den Demokraten zuzuschieben. Trumps Ex-Botschafter in Deutschland, der bekannte Scharfmacher Richard Grenell, warf Präsidentschaftskandidatin Kamala Harris vor, ihre „radikale Sprache“ habe „dazu beigetragen, dass Trump zu einem Ziel von instabilen Personen wurde“. Trumps Medienberater Dan Scavino bepöbelte Harris, nachdem diese sich erleichtert über den unblutigen Ausgang des Anschlags gezeigt hatte: „Sie sind voller Scheiße. Ihre Rhetorik hat das ausgelöst, wieder!!!“