Wednesday, September 18, 2024

Allensbach-Umfrage: Die Wähler setzen auf die Union

Allensbach-Umfrage: Die Wähler setzen auf die Union Artikel von Renate Köcher • 1 Std. • 6 Minuten Lesezeit Die Ampel ist so unbeliebt wie nie, blinkt aber trotzdem: Robert Habeck (Grüne), Christian Lindner (FDP) und Olaf Scholz (SPD) So sehr sich die Ampelkoalition zurzeit bemüht, die Reihen zu schließen, mehr auf die Sorgen der Bevölkerung einzugehen und in der Endphase der Legislaturperiode Vertrauen zurückzugewinnen, so aussichtslos scheint ihr Bemühen. Die Bürger haben mit dieser Koalition abgeschlossen. Ganze drei Prozent der Bevölkerung sind noch überzeugt, dass eine Koalition aus SPD, Grünen und FDP für das Land gut ist. Dass insbesondere die Koalition mit FDP und Grünen in den Augen der Bevölkerung eine toxische Mischung ist, zeigt ihr Urteil über eine Jamaika-Koa­lition aus CDU/CSU, Grünen und FDP, der ebenfalls nur drei Prozent zutrauen, das Land voranzubringen. Die Zufriedenheit mit der Regierung hat einen Tiefpunkt erreicht. Zwei Drittel der Bevölkerung sind mit dem politischen Kurs unzufrieden, nur noch elf Prozent einverstanden. Die große Mehrheit hat keine Hoffnung, dass im letzten Regierungsjahr noch wichtige Weichen gestellt werden. Dies hat dazu geführt, dass Zweifel überwiegen, ob es sinnvoll ist, den regulären Wahltermin abzuwarten. Mehrheit will Neuwahlen Nur 27 Prozent der Bevölkerung votieren dafür, die Wahl wie vorgesehen in einem Jahr abzuhalten, 51 Prozent plädieren für Neuwahlen, in Ostdeutschland sogar 62 Prozent. Selbst in den geschrumpften Anhängerkreisen der Koalitionsparteien sind Zweifel weit verbreitet: Von den SPD-Anhängern votiert nur gut jeder Zweite für die Fortsetzung der Koalition, von den Anhängern der FDP jeder Dritte; nur von den Anhängern der Grünen spricht sich die große Mehrheit für die Weiterführung der Koalition aus. Alle drei Parteien der Ampel haben bei Neuwahlen viel zu verlieren. Zusammen bringen sie es gerade einmal auf 30 Prozent der Stimmen. SPD und Grüne haben seit der Wahl rund jeden dritten ihrer Wähler verloren, die FDP sogar fast zwei Drittel. Die Grünen sind mit zehn Prozent nur noch knapp zweistellig, die FDP könnte den Wiedereinzug in den Bundestag verfehlen. Als weiterer Verlierer von Neuwahlen steht die Linke fest, die durch die Abspaltung des BSW bedeutungslos werden kann. Aber hat die Mehrheit über die Überzeugung hinaus, dass von der Regierung nicht mehr viel zu erwarten ist, auch Hoffnung auf eine stabile und funktionsfähige Regierung nach den Wahlen und klare Vorstellungen von ihrer Zusammen­setzung? Sie hofft auf alle Fälle, dass nicht erneut ein Dreierbündnis folgt. Kein Ende der Volksparteien Wenn der Bevölkerung häufiger geraten wird, sich daran zu gewöhnen, dass es keine do­minierenden Volksparteien mehr geben wird, die allein oder mit einem kleineren Koalitionspartner regieren können, der auch programmatisch ausreichende Schnitt­flächen aufweist, so geht dieser Rat an den Wünschen der großen Mehrheit vorbei – die ja letztlich über den Ausgang von Wahlen entscheidet. Viele Bürger haben zwar nur wenig Probleme damit, wenn neue Parteien gegründet werden, die die etablierten Parteien herausfordern; nur 38 Prozent halten dies für eine bedenk­liche Entwicklung. Aber eine Fragmentierung des Parteienspektrums, die nur noch heterogene Mehr-Parteien-Konstellationen in einer Regierung zulässt, entspricht nur dem Ideal einer kleinen Minderheit. Die große Mehrheit favorisiert die dominante Rolle einer großen Partei, bevorzugt in einer Koalition mit einem kleinen Partner, aber nicht wenige auch ausgestattet mit einer absoluten Mehrheit: 44 Prozent halten die Koalition einer großen dominierenden Partei mit einem kleineren Partner für optimal, 25 Prozent die Alleinregierung einer großen Partei. Diese letztere Option hat an Attraktivität gewonnen. Die Lesart, dass die Zeit großer Volksparteien endgültig vorbei sei, wird auch durch die Parteisympathien der Bevölkerung infrage gestellt. Zwar haben die ehemals dominierenden Volksparteien CDU/CSU und SPD in den vergangenen Jahren und auch bei der letzten Bundestagswahl zusammengenommen immer nur rund die Hälfte der Stimmen auf sich vereinen können. Die Substanz beider Parteien, ihr Sympathiefundament, ist jedoch weitaus größer. Gebeten, alle bedeutenden Parteien nach Sympathie zu ordnen, vergeben 59 Prozent die Sympathie-Rangplätze 1 oder 2 an die Unionsparteien, 43 Prozent an die SPD. Keine andere Partei erreicht auch nur annähernd vergleichbare Sympathiewerte. Grüne wie FDP und AfD werden von jeweils 21 Prozent, das BSW von 20 Prozent als sympathischste oder zweitsympathischste Partei benannt. Aufgrund der Unzufriedenheit der Bevölkerung mit der Entwicklung des Landes haben die Ampelparteien nur geringe Chancen, ihr Sympathiepotential besser auszuschöpfen. Immerhin 29 Prozent wünschen sich jedoch, dass die SPD auch an der nächsten Regierung beteiligt sein sollte; 16 Prozent sähen die Grünen gern in der nächsten Regierung, 14 Prozent die FDP – aber nicht in der aktuellen Konstellation. Die Mehrheit setzt darauf, dass sie durch eine unionsgeführte Regierung abgelöst wird. 54 Prozent der Bürger möchten, dass die CDU/CSU in der nächsten Regierung vertreten ist, und die Koalitionspräferenzen weisen ihr klar die Führungsrolle zu. Nur vier Prozent möchten keine Beteiligung der CDU/CSU an der nächsten Regierung. Auch eine Beteiligung der SPD wird nur von einer kleinen Minderheit von zehn Prozent abgelehnt. Auf deutlich mehr Ablehnung trifft dagegen eine Regierungsbeteiligung von Grünen, Linken und BSW, die zwischen 29 und 35 Prozent der Bevöl­kerung unter keinen Umständen in einer Bundesre­gierung sehen möchten. Nur eine Betei­ligung der AfD wird von der absoluten Mehrheit abgelehnt. Gleichzeitig ist der Kreis der Befürworter einer Regierungsbeteiligung von BSW und AfD jedoch tendenziell größer als der Kreis derjenigen, die Grüne und FDP wieder in der Regierungsverantwortung sehen möchten: Jeder Fünfte wünscht eine Regierungsbeteiligung des BSW, 17 Prozent der AfD. Dabei gibt es gravierende Unterschiede zwischen Ost und West. Die Ablehnung einer Regierungsbeteiligung von BSW und AfD kommt vor allem aus dem Westen, die Ablehnung einer Beteiligung der Grünen aus dem Osten. Einig sind sich West und Ost dagegen in Bezug auf die Unions­parteien: Die Mehrheit votiert in Ost und West dafür, dass die CDU/CSU unbedingt regieren sollte, nur drei Prozent im Westen und sechs Prozent im Osten sprechen sich dagegen aus. Spaltung in Ost und West im Blick auf AfD Die Auseinandersetzungen in der Koa­lition und der Ausgang der Wahlen in Ostdeutschland haben viele dafür sen­sibilisiert, dass es bei der nächsten Bundestagswahl auch wesentlich darum geht, eine stabile, funktionsfähige und möglichst homogene Regierungskonstellation zu erreichen. Dabei gibt es keine Regierungskonstellation, die von der Mehrheit favorisiert wird, aber eine klare Mehrheit für eine unionsgeführte Koa­lition. on denjenigen, die sich auch nach der nächsten Wahl keine Alleinregierung, sondern eine Koalition wünschen, favorisieren 29 Prozent eine große Koalition, 24 Prozent Schwarz-Gelb, nur zwölf Prozent Schwarz-Grün. Genauso viele wünschen sich eine Koalition aus CDU und AfD. Auch die Neuauflage von Rot-Grün übt nur auf 15 Prozent Anziehungskraft aus. Die Befürworter einer Alleinregierung einer Partei favorisieren mit großem Abstand eine CDU/CSU-Regierung. Gerade auch unter dem Eindruck der letzten Landtagswahlen wächst die Un­terstützung für die Unionsparteien. Sie erreichen zurzeit bei den Zweitstimmenwahlabsichten zwischen 35 und 36 Prozent. Ein Jahr vor der Bundestagswahl liegen die Unionsparteien damit mit Abstand vorn. Verständlich, dass die Frage, mit wem sie regieren könnten, bereits jetzt intensiv diskutiert wird. Die Bürger haben klare Vorstellungen, wie kompatibel die verschiedenen Parteien sind, vor allem welche nur schwerlich zusammenpassen. Besonders gut passen aus Sicht der Bevölkerung Uni­onsparteien und FDP zusammen, mit einigem Abstand gefolgt von Rot-Grün und CDU/CSU und SPD. Absolut inkompa­tibel sind dagegen aus Sicht der überwältigenden Mehrheit Grüne mit AfD wie BSW, SPD und AfD, CDU/CSU und Linke, aber auch die beiden derzeitigen Koa­litionspartner Grüne und FDP: 67 Prozent der Bürger sind überzeugt, dass diese beiden Parteien nicht zusammen­passen. Auch CDU/CSU und Grüne hält die Mehrheit für schwerlich kompatibel: Während nur jeder Fünfte den Eindruck hat, dass Unionsparteien und SPD schwer zusammenpassen, glauben dies 53 Prozent in Bezug auf CDU/CSU und Grüne; noch weniger passen aus Sicht der Bevölkerung Unionsparteien und AfD oder BSW zusammen. Koalitionen mit AfD und BSW werden jedoch sehr unterschiedlich bewertet, nicht nur in Ost und West, sondern auch in Bezug auf rigorose Abgrenzungen nach den ostdeutschen Wahlen. Das neu gegründete BSW wird gerade im Westen völlig anders gesehen als die AfD. Während 61 Prozent der Westdeutschen die AfD als extreme Partei einstufen, nehmen nur 22 Prozent dieselbe Bewertung für das BSW vor. In Ostdeutschland sehen nur zwölf Prozent das BSW als extreme Partei, aber auch nur 31 Prozent die AfD. Inte­ressanterweise nehmen auch die Anhänger der Ampelparteien wie der Unionsparteien dieselbe Differenzierung vor: Die große Mehrheit stuft die AfD als extreme Partei ein, nur eine Minderheit das BSW. Entsprechend unterschiedlich fallen auch die Reaktionen auf Forderungen nach Brandmauern gegenüber AfD und BSW aus. Auf Bundesebene lehnt die Mehrheit eine Regierungsbeteiligung der AfD rigoros ab, aber nur 30 Prozent Bündnisse mit dem BSW. Wenn es um Kon­sequenzen aus den Landtagswahlen in Ostdeutschland geht, votieren nur 15 Prozent dafür, Koalitionen mit dem BSW hier rigoros auszuschließen; 55 Prozent halten dies nicht für sinnvoll. In Bezug auf Bündnisse mit der AfD auf Landesebene in Ostdeutschland ist die Bevölkerung indes gespalten, konkret: die westdeutsche Bevölkerung. Die ostdeutsche Bevölkerung hält dagegen nicht nur mit großer Mehrheit ei­ne Abgrenzung gegenüber dem BSW für nicht sinnvoll, sondern auch gegenüber der AfD.