Tuesday, August 15, 2023
Vertrauen auf Tiefpunkt - Schock-Umfrage: Die meisten Deutschen halten Staat für überfordert
FOCUS online
Vertrauen auf Tiefpunkt - Schock-Umfrage: Die meisten Deutschen halten Staat für überfordert
Artikel von AFP •
5 Std.
Bundeskanzler Olaf Scholz, Finanzminister Christian Lindner und Wirtschaftsminister Robert Habeck bei einer Kabinettssitzung im Kanzleramt. Michael Kappeler/dpa
Das Vertrauen der Bürger in die Handlungsfähigkeit des Staates ist schlechter denn je. Das zeigt eine neue Umfrage im Auftrag des Deutschen Beamtenbundes. Nur 27 Prozent glauben noch, dass der Staat in der Lage ist, seine Aufgaben zu erfüllen.
Viele Menschen in Deutschland sehen den Staat als zunehmend überfordert an. Einer am Dienstag veröffentlichen Befragung für die Beamtengewerkschaft dbb zufolge gehen derzeit nur noch 27 Prozent davon aus, dass der Staat in der Lage ist, seine Aufgaben etwa in der Bildungs-, Flüchtlings- oder Klimapolitik zu erfüllen. Damit sei das Vertrauen in die Handlungsfähigkeit ihres Staates „auf einen neuen Tiefpunkt gesunken“, erklärte dbb-Bundesvorsitzender Ulrich Silberbach. Das sei „alarmierend“.
Insgesamt betrachten die Befragten nach dbb-Angaben die Aufrechterhaltung der sozialen Gerechtigkeit, die Verbesserung der Infrastruktur und Klimaschutz als wichtigste staatliche Aufgaben. Zwischen West und Ost gibt es demnach Unterschiede.
„Immer stärkere Spaltung der Gesellschaft“
Im Westen werden dabei Klimaschutz, Migrationsfragen und die Unterstützung der Ukraine als Prioritäten genannt. Im Osten sind dies demnach eher die Entlastung der Bevölkerung von Inflationsfolgen, der soziale Ausgleich sowie eine Angleichung der Lebensverhältnisse zwischen Stadt und Land.
Silberbach zeigte sich alarmiert. „Besonders bedenklich“ sei „dabei die sich immer stärker abzeichnende Spaltung der Gesellschaft“, teilte der Bundeschef der dbb mit. „Die Gräben zwischen Ost und West, arm und reich, je nach Bildungsabschluss werden tiefer, und der gesellschaftliche Stresslevel steigt.“
Zunehmender Aggressivität gegenüber Mitarbeitenden des öffentlichen Diensts
Die Gewerkschaft ließ ihre jährliche Bürgerbefragung durch das Institut Forsa erstellen. 80 Prozent der Befragten konstatieren demnach eine „generelle Verrohung der Gesellschaft“. In diesem Zusammenhang warnte Silberbach auch vor zunehmender Aggressivität gegenüber Mitarbeitenden des öffentlichen Diensts. 54 Prozent von ihnen seien bereits selbst schon einmal beschimpft, bedroht oder sogar angegriffen worden, erklärte er. Dies sei ein „völlig inakzeptabler Wert“.
Forderung: Politik muss sich hinter die Mitarbeitenden des Staates stellen
Die Beschäftigten des öffentlichen Diensts zahlten dabei „die Zeche für den generellen Ansehensverlust des Staates“, führte Silberbach weiter aus. Dies betreffe auch längst nicht nur den Bereich von Polizei und Rettungsdiensten, sondern auch Schulen, Jobcenter oder Bürgerämter. Die Politik müsse sich hinter die Mitarbeitenden des Staates stellen und sie „moralisch, materiell und organisatorisch angemessen“ unterstützen. Dazu gehörten mehr Gelder für die Digitalisierung, mehr staatliche Serviceleistungen und weniger Bürokratie.