Sunday, April 13, 2025

USA wird ausgenutzt? Acht der zehn reichsten Unternehmen kommen aus Amerika

FOCUS online USA wird ausgenutzt? Acht der zehn reichsten Unternehmen kommen aus Amerika Rainer Zitelmann • 3 Std. • 4 Minuten Lesezeit Schon oft haben unsinnige ökonomische Theorien immensen Schaden angerichtet. Man denke nur an den Marxismus und andere Formen des Antikapitalismus, die viele Länder in die Armut gestürzt haben. Aber selten haben ökonomisches Nullsummen- und Sündenbockdenken in wenigen Tagen so viel Unheil angerichtet wie seit Trumps Liberation Day. Denn Nullsummen- und Sündenbockdenken sind die Basis für Trumps Zollpolitik. Mit Nullsummendenken ist die Fehlannahme gemeint, dass in der Wirtschaft der Vorteil des einen stets der Nachteil des anderen sein muss. Antikapitalisten sind davon zutiefst überzeugt, und auch Trump ist davon überzeugt. Er kann sich nicht vorstellen, dass beim freien Handel beide Seiten gewinnen, für ihn ist der Gewinn des einen der Verlust des anderen. „Die anderen sind schuld“ Verbunden mit dem Nullsummendenken ist das Sündenbockdenken. Für Probleme im eigenen Land werden andere Länder verantwortlich gemacht. Auch das ist eine beliebte Deutung, beispielsweise bei den Herrschern in Russland, Venezuela, Kuba, Nordkorea oder Iran: Für Probleme ihrer Länder sind nach Deutung der Herrschenden die Sanktionen des Westens verantwortlich. Viele afrikanische Länder wiederum machen den historischen Kolonialismus dafür verantwortlich, dass sie heute arm sind. Trump hat seine politischen Überzeugungen im Laufe seines Lebens immer wieder geändert. Anfang der 90er-Jahre trat er beispielsweise dafür ein, die Steuersenkungen von Ronald Reagan rückgängig zu machen und den Spitzensteuersatz auf 50 bis 60 Prozent zu erhöhen. Und als Kandidat der sogenannten „Reform Party“ vertrat er zahlreiche Positionen, die sonst von der politischen Linken vertreten wurden, so etwa eine einmalige Steuer für die Reichen und eine von den Arbeitgebern bezahlte allgemeine Krankenversicherung. Chinesen für Probleme der USA verantwortlich Eine der wenigen Konstanten in Trumps Überzeugungen ist jedoch, dass andere Länder für die Probleme der USA verantwortlich seien. Schon in den 80er-Jahren prangerte er das Handelsdefizit der USA mit Japan an. Er warf Japan vor, unfaire Handelspraktiken zu betreiben und das Land mit Autos zu überschwemmen. Später übernahm er die Positionen seines Handelsberaters, des Ökonomen Peter Navarro, der in seinem Buch "Death by China" die Chinesen für Probleme der USA verantwortlich machte. Nach dem Unheil, das die von ihm empfohlenen Zölle angerichtet haben, musste Navarro allerdings vor einigen Tagen in die zweite Reihe zurücktreten. Sündenbockdenken führt Länder in die Armut Ob ein Land die Ursache für seine wirtschaftlichen Probleme bei sich selbst oder bei anderen sucht, kann entscheidend für den wirtschaftlichen Erfolg sein. Ein Beispiel von zwei asiatischen Ländern, mit denen ich mich intensiv befasst habe: Vietnam und Nepal. Vietnam war in den 80er-Jahren das ärmste Land der Welt, ärmer als alle afrikanischen Länder. Wären die Vietnamesen dem Sündenbock-Denken gefolgt, hätten sie die Amerikaner oder auch die Franzosen, Japaner oder Chinesen dafür verantwortlich machen können, die ihr Land mit Krieg überzogen. Das taten sie jedoch nicht. Sie verstanden, dass ihr planwirtschaftliches System schuld war. Daher führten sie Ende der 80er Jahre das Privateigentum ein und öffneten das Land. Heute sind nur wenige Wirtschaften auf der Welt so offen wie die Vietnams. Ergebnis: Die Zahl der Armen sank von 80 Prozent auf heute drei Prozent. Negativbeispiel Nepal Gegenbeispiel Nepal: Mit einem durchschnittlichen Jahreseinkommen von 290 Euro ist Nepal nach Afghanistan das zweitärmste Land Asiens und eines der zehn ärmsten Länder der Welt. Trump sollte das Land lieben, denn kaum irgendwo gibt es so viele und so hohe Zölle, für Autos betragen sie teilweise über 300 Prozent. Ein BMW X5 kostet in Nepal aufgrund der hohen Einführzölle und Steuern umgerechnet etwa 400.000 Euro. Es gibt lange Listen, was alles nicht importiert werden darf, um Nepals Wirtschaft zu schützen. Die Führer des Landes glauben an den Maoismus und sie hängen dem Nullsummenglauben und dem Sündenbock-Denken an. Schuld an den Problemen sind angeblich andere Länder. Acht der zehn reichsten Unternehmen kommen aus den USA Der amerikanische Ökonom Mark Skousen hat Trumps Meinung, sein Land werde von anderen ausgenutzt, als absurd zurückgewiesen: Als Reaktion auf die Kritik, dass die USA im Laufe der Jahre „unter Missbrauch“ des unfairen Handels „gelitten haben“, weist er darauf hin, dass acht der zehn reichsten Unternehmen der Welt amerikanische Unternehmen sind. Trump spielt halt gerne Monopoly. Trump hat sich wiederholt darüber beschwert, dass man viel mehr deutsche Autos in den USA gebe als amerikanische in Deutschland: „Wenn man die Fifth Avenue entlanggeht, hat jeder einen Mercedes-Benz vor seinem Haus stehen. Wie viele Chevrolets sehen Sie in Deutschland? Nicht viele, vielleicht gar keine, da sieht man nichts, das ist eine Einbahnstraße.“ Warum die EU dennoch nicht mit Gegenzöllen drohen sollte. Zölle das schönste Wort im Wörterbuch Auf die Idee, dass vielleicht einfach viele Kunden den Mercedes für das bessere Auto halten als den Chevrolet, kommt Trump nicht, für ihn ist es einfach “unfair”, dass Amerikaner mehr deutsche Autos kaufen als umgekehrt. Trump hat wiederholt gesagt, das Wort „Zölle“ sei für ihn das schönste Wort im Wörterbuch, was ebenso absurd ist, wie wenn jemand erklären würde, „Steuern“ seien das schönste Wort im Wörterbuch. Man kann nur hoffen, dass die Logik der Märkte und die wirtschaftlichen Realitäten Trump weiterhin zwingen werden, Stück für Stück gegen seine Überzeugungen zu handeln – so wie das bereits in den letzten Wochen geschehen ist, als er immer mehr Ausnahmen von den am „Liberation Day“ verkündeten Maßnahmen zulassen musste.