Thursday, October 10, 2024

US-Präsidentschaftswahl: Das skurril anmutende Wahlkampf-Theater von Musk und Trump

Handelsblatt US-Präsidentschaftswahl: Das skurril anmutende Wahlkampf-Theater von Musk und Trump Artikel von Münchrath, Jens • 3Tage • 4 Minuten Lesezeit Elon Musk springt auf die Bühne der Trump-Wahlkampfveranstaltung bei der Butler Farm Show. Der Ex-Präsident ist an den Ort zurückgekehrt, an dem im Juli auf ihn geschossen wurde. Gemeinsam mit Elon Musk versucht er das Wunder zu ergründen, warum er noch lebt. Die Menge tobt. Da steht Donald Trump, blaues Jackett, weißes Hemd, rote Krawatte und wie immer braun gebrannt. Da steht er in der strahlenden Abendsonne – und kommt nicht zu Wort, weil die jubelnden Massen es nicht zulassen. Auch das ist eigentlich wie immer. Nur der Ort ist ein besonderer. Es ist jener Ort, wo ihn vor knapp drei Monaten die Kugel eines Attentäters am linken Ohr traf. Doch Trump lebt – ist vitaler denn je, und der ehemalige Präsident genießt spätestens seit dem misslungenem Attentat von Butler im Bundesstaat Pennsylvania einen Heiligenstatus unter seinen Anhängern. „Durch die Fügung des Schicksals und Gottes Gnade hat der Schütze sein Ziel verfehlt“, ruft Trump, der sonst eher nicht für Bibelfestigkeit bekannt ist. „Der Attentäter konnte unsere Bewegung nicht aufhalten, unseren Geist nicht brechen und unsere eiserne Entschlossenheit, Amerika vor den Übeln der Armut, des Hasses und der Zerstörung zu bewahren, nicht erschüttern“, so der Ex-Präsident weiter. Die Bewegung sei „stärker, stolzer, geeinter, entschlossener und dem Sieg näher als je zuvor“. Über acht Jahre hätten seine politischen Gegner ihn verleumdet, hätten ihn angeklagt. Und dann sagt er noch einen Satz, der neu, aber für Trump nicht untypisch ist: „Wer weiß, vielleicht haben sie auch versucht, mich zu töten.“ Das sagt er wohl wissend, dass die Staatsanwaltschaft von einem Einzeltäter ausgeht. Doch das Gesagte entfaltet die gewünschte Wirkung bei den Anhängern: sie jubeln. Und das ist das Entscheidende. Musk kommt zur Wahlkampfhilfe Die Veranstaltung am frühen Samstagabend ist noch aus einem zweiten Grund besonders. Noch während seiner Rede ruft der 78-Jährige einen prominenten Gast auf die Bühne, der inzwischen zu seinen glühendsten und mächtigsten Anhängern gehört: den Tech-Milliardär Elon Musk. Und jetzt wird es skurril: Der Tesla-Gründer, X-Eigner und Weltraumpionier hüpft auf die Bühne, schwarzes Sakko, schwarze Make-America-great-again-Kappe. Auf dem ebenfalls schwarzen T-Shirt steht in weißer Schrift „Occupy Mars“. Amerika habe einen amtierenden Präsidenten, der nicht einmal unfallfrei die Treppen hochsteigen könne, und habe Donald Trump, der selbst dann standhaft sei, wenn auf ihn geschossen werde. Und der wahre Charakter eines Menschen zeige sich, wenn er unter Feuer stehe. „Fight, fight, fight“, ruft Musk und reckt dabei die rechte Faust in die Höhe, so wie Trump es damals nach dem Attentat getan hatte. „Das Blut lief ihm übers Gesicht“, legt der Milliardär nach – mit erstaunten Gesicht, so als könne er es bis heute nicht glauben. Der Hofierte selbst steht etwas steif daneben – mal sichtlich gerührt, manchmal lächelnd, manchmal Grimassen ziehend. Er ist es offenbar nicht gewohnt, dass andere so viel Aufmerksamkeit auf sich ziehen, wenn er selbst anwesend ist. Wie dem auch sei, die Ehrerbietung jenes visionären Mannes, der wie kaum ein anderer in der Lage ist, die Welt von Morgen zu denken, kann ja nicht schaden. Musk: „Ich glaube, das ist die wichtigste Wahl unseres Lebens.“ „Amerika ist die Heimat der Mutigen“, sagt Musk dann noch und fordert das immer noch eifrig jubelnde Publikum auf, bei der Präsidentschaftswahl am 5. November Trump zu wählen. „Ich glaube, das ist die wichtigste Wahl unseres Lebens“, so Musk. Denn dies sei „keine gewöhnliche Wahl“. Kamala Harris und die Demokraten wollten den Menschen viele Rechte nehmen, etwa das Recht auf freie Meinungsäußerung, das Recht, Waffen zu tragen, sogar das Wahlrecht. Trump müsse gewinnen, „um die Verfassung zu bewahren. Er muss gewinnen, um die Demokratie in Amerika zu bewahren.“ Wenn Trump nicht gewählt werde, werde dies die letzte Wahl sein, prophezeit Musk. Diese Aussage ist insofern erstaunlich, als dass Trump selbst einmal mit ähnlichen Worten angekündigt hat, was Musk den Demokraten unterstellt. „Ihr müsst nur noch dieses eine Mal für mich stimmen, dann braucht ihr nicht mehr wählen“, hatte Trump bei einer Veranstaltung von Evangelikalen gesagt. Bei anderer Gelegenheit hat er angekündigt, er wolle für „einen Tag Diktator“ sein. Im Falle seines Wahlsiegs hatte Trump bereits angekündigt, Musk an die Spitze eines Gremiums zur Überprüfung der US-Finanzen zu setzen. Er solle die Regierungsausgaben kürzen. Vance: „Gott hat Trump das Leben gerettet“ Nicht unerwähnt bleiben soll, dass vor Trump auch sein Vize-Kandidat J. D. Vance reden darf. Auch er sucht die Erklärung für das wundersame Überleben seines Vorgesetzten in göttlicher Fügung. Es müsse ein „Wunder“ gewesen sein, sagt der 40-jährige Senator. „Ich bin fest davon überzeugt, dass Gott an jenem Tag das Leben von Präsident Trump gerettet hat.“ Er schildert detailreich den Ablauf des Attentats, verneigte sich ein- oder zweimal zu viel vor der Heldenhaftigkeit seines Chefs. Und der Yale-Absolvent vergisst freilich nicht zu erwähnen, dass „Gott noch einen Plan für ihn sowie für die Vereinigten Staaten von Amerika hat“. Mal sehen, wie die Gottesfürchtigen reagieren, sollten die Pläne des Allmächtigen nicht vorsehen, dass Donald der Große ab Januar 2025 im Weißen Haus sitzt.