Sunday, October 13, 2024

Krankenkassenbeiträge werden steigen: Ampel hat für Pharmakonzern extra ein Gesetz geändert

FR Krankenkassenbeiträge werden steigen: Ampel hat für Pharmakonzern extra ein Gesetz geändert Artikel von Amy Walker • 21 Std. • 3 Minuten Lesezeit Im April hat der Bau einer neuen Pharma-Fabrik in Rheinland-Pfalz begonnen. Für die Ampel war es ein Coup. Nun stellt sich heraus: Dafür hat der Konzern auch etwas bekommen. Alzey/Berlin - Für den Pharmastandort Deutschland sieht es aktuell nicht besonders rosig aus. Das zeigt sich aktuell an den Lieferengpässen bei wichtigen Medikamenten, die Apotheken nun schon wieder beklagen. In Europa werden kaum noch Medikamente hergestellt, stattdessen gelten Indien und China mittlerweile als „Apotheke der Welt“. Gegen den Trend hat sich allerdings im April 2024 der US-Pharmariese Eli Lilly gestellt und mit dem Bau einer neuen Fabrik im rheinland-pfälzischen Azley gestartet. Für die Ampel-Regierung ein Coup, denn dort sollen bis zu 1000 neue Arbeitsplätze entstehen. Nun kommt jedoch heraus, dass Eli Lilly im Gegenzug für die Investition in Deutschland eine Gesetzesänderung erhalten haben soll. Das berichtet ein Rechercheteam von WDR, NDR und Süddeutscher Zeitung (SZ) zusammen mit Investigate Europe. Olaf Scholz hat sich um die Ansiedlung von Eli Lilly in RLP gekümmert So sollen interne Unterlagen, die die Journalisten gesichtet haben, zeigen, wie sich Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) höchstpersönlich um die Ansiedlung von Eli Lilly gekümmert habe. Am 16. Februar 2023 telefonierte der Kanzler selbst mit dem CEO des Pharmakonzerns, das in jüngster Zeit vor allem für die Entwicklung des Abnehm- und Diabetesmedikaments Mounjaro bekannt geworden ist. Eli Lilly soll am 30. August 2023 dem Bundesgesundheitsministerium gesagt haben, dass sie eine Milliarden-Investition in Rheinland-Pfalz planen. „Eli Lilly knüpft seine Investitionsentscheidung an die Zusage der Bundesregierung, vertrauliche Rabatte bei innovativen Arzneimitteln zu ermöglichen“, heißt es in den Dokumenten des Ministeriums dazu weiter. Im Sommer 2024 hat die Bundesregierung dann das Medizinforschungsgesetz verabschiedet. Das ermöglicht es Pharmaunternehmen, ihre Preise für bestimmte Medikamente unter Ausschluss der Öffentlichkeit zu verhandeln und festzulegen. Bisher mussten die Preise, die die Krankenkassen den Unternehmen gewährten, öffentlich gemacht werden. Dadurch wissen auch Krankenkassen in anderen Ländern, was in Deutschland vereinbart wurde - und können ähnliche Preise verlangen. Mit dem neuen Medizinforschungsgesetz ist das nicht mehr möglich. Das bedeutet: Die Pharmakonzerne können in allen Ländern der Welt andere Preise ausmachen - und kein Land weiß, ob er gerade mehr oder weniger als sein Nachbar zahlt. Gewinner ist das Unternehmen, das als einziger alle Preise kennt. Beamten warnen vor Mehrkosten durch das geänderte Ampel-Gesetz An dieser Änderung hatte es auch Kritik gehagelt. Und wie die Recherchen von WDR, NDR und SZ nun zeigen, wurde diese Kritik auch im Haus von Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) geteilt. So heißt es in den internen Unterlagen, dass „ein Großteil der pharmazeutischen Industrie dies nicht als zentrale Maßnahme“ sehe. Auch warnen die Beamten vor „Mehrkosten“. Allerdings heißt es ebenfalls in den Unterlagen des Ministeriums: „Befürworter einer solchen Regelung ist insbesondere die Firma Lilly, die ihre Investitionsentscheidung in Alzey an einen in Aussicht gestellten vertraulichen Erstattungsbetrag geknüpft hatte.“ Kurz darauf soll es heißen: „Dem CEO von Eli Lilly kann mitgeteilt werden, dass das BMG [Bundesgesundheitsministerium, Anm. d. Red] dem Wunsch von Eli Lilly nachkommt.“ Krankenkassen erwarten steigende Krankenkassenbeiträge durch das Ampel-Gesetz Die Krankenkassen erwarten durch die Änderung im Medizinforschungsgesetz Mehrausgaben, die sich auf die Beitragszahlenden auswirken würden. In einer Stellungnahme zum Beschluss schreibt der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenkassen, dass nun „die Arzneimittelausgaben der gesetzlichen Krankenversicherung und damit für 90 Prozent der Bevölkerung sicher steigen werden“. Die stellvertretende Vorsitzende des Verbands, Stefanie Stoff-Ahnis, sagte: „Wir haben nichts gegen eine staatliche Wirtschaftsförderung. Aber wir lehnen es ab, dass sich die Bundesregierung diese Förderung aus den Beitragsmitteln der GKV finanzieren lässt.“ Die geheimen Preise verteuerten die Versorgung, ohne sie besser zu machen, sagt sie weiter. „Steigende Beiträge für die Supermarktkassiererin und den LKW-Fahrer, um letztlich höhere Gewinne der Pharmaindustrie zu finanzieren, halten wir für keine gute Gesundheitspolitik.“ Eli Lilly dementiert die Vorwürfe: Gerade wird zu Mounjaro verhandelt Der Pharmakonzern Eli Lilly dementiert gegenüber dem Rechercheteam, den Bau der neuen Fabrik an eine Gesetzesänderung geknüpft zu haben. „Unser Unternehmen hat zu keiner Zeit die Investitionsentscheidung in Rheinland-Pfalz an eine derartige Zusage von Seiten der Bundesregierung geknüpft“ heißt es dort. Man habe lediglich die Bundesregierung darauf aufmerksam gemacht, dass Eli Lilly eine solche Anpassung des Gesetzes befürwortet hätte. Aktuell verhandelt Eli Lilly den Preis für ihr Abnehm- und Diabetesmedikament Mounjaro mit den Krankenkassen. Es ist zu erwarten, dass das Unternehmen den verhandelten Preis mit den Krankenkassen dann erstmals vertraulich halten darf.