Thursday, October 10, 2024

„Katastrophal“: Große Asylunterkunft auf Millionen-Grundstück am Starnberger See sorgt für Kritik

Merkur „Katastrophal“: Große Asylunterkunft auf Millionen-Grundstück am Starnberger See sorgt für Kritik Artikel von Veronika Mahnkopf • 4 Std. • 3 Minuten Lesezeit Unterbringung für 99 Asylbewerber Mischunterkunft: Einheimische und Asylbewerber sollen gemeinsam in den geplanten Wohngebäuden leben. „Begeisterung sieht anders aus“: So kommentierte Seeshaupts Gemeinderatsmitglied Maximilian Amon die Pläne des Landratsamts für eine Asylbewerberunterkunft an der Sankt-Heinricher-Straße. Das Gremium war sich ungewohnt einig: Das Vorhaben ist zu groß – und an falscher Stelle. Seeshaupt – Helmut Hartl und Bernhard Pössinger waren am Dienstagabend nicht zu beneiden. Die beiden Mitarbeiter des Sachgebiets „Asylleistung und Integration“ am Landratsamt waren in die Sitzung des Seeshaupter Gemeinderats gekommen, um ein Vorhaben vorzustellen, das für Aufregung sorgen dürfte: eine Asylbewerberunterkunft, an der Sankt-Heinricher-Straße, auf einem Filetgrundstück mitten im Ort und nahe des Sees, Millionen wert. Und nicht gerade klein. Wie heikel die Pläne sind, zeigte schon das Besucheraufkommen bei dieser Sitzung. Spontan in den Leonhard-Sterff-Saal verlegt, kamen rund 50 Interessierte. Hartl stellte sich gleich zu Beginn seines Vortrags vor den Gemeinderat: „Die kommunalen Vertreter können nichts dafür.“ Dann referierten er und Pössinger in aller Kürze über das, was dem Landratsamt vorschwebt. Asylheim mit Photovoltaikanlage, Wärmepumpe und gestalteten Außenanlagen Als erster Schritt sollen die Altlasten auf dem Grundstück an der Sankt-Heinricher-Straße 56b – es war einmal eine Mülldeponie und ist im Besitz des Freistaats Bayern – entfernt werden. Kostenpunkt laut Hartl: rund 1,7 Millionen Euro, bezahlt vom Staat. Dann soll eine vierteilige Bebauung entstehen, nachhaltig in Vollholzbauweise, mit Satteldach, Photovoltaikanlage, Wärmepumpentechnik, gestalteten Außenanlagen. Dort wohnen sollen in einer sogenannten Mischunterkunft bis zu 99 Asylbewerber, die der Landkreis zugewiesen bekommt und unterbringen muss. Einziehen werden laut Pössinger Männer, Frauen und Kinder, „nicht nur männliche Einzelpersonen“. In den Gebäuden soll auch eine „niederschwellige Kinderbetreuung“ durch eine Tagesmutter eingerichtet werden. Außerdem sind Wohnungen für bis zu 53 weitere Personen geplant, die zum ortsüblichen Preis an die Gemeinde vermietet werden und die diese dann an jedermann weitervermieten kann. Betreiber des Ganzen ist der Landkreis Weilheim-Schongau, Geldgeber ist der Freistaat Bayern. Ihm werden dann auch die Gebäude gehören. Werden die kleinen und größeren Wohnungen nicht mehr als Asylunterkünfte gebraucht, könnten sie laut Hartl auch anderweitig genutzt werden. Millionen wert: Das Grundstück, auf dem die neue Asylbewerberunterkunft gebaut werden soll, liegt in bester Lage unweit des Sees. „Der Gemeinderat kann natürlich mitsprechen, der Bau soll ja ins Ortsbild passen“, so Pössinger. Man müsse sich aber über zwei Punkte im Klaren sein: „Wir haben dieses Grundstück vom Freistaat zur Verfügung bekommen. Wir haben auszuführen, entschieden wird in der Politik. Und wenn nicht wir das dort betreiben, macht es die Regierung von Oberbayern. Und dann wird es vielleicht eine Gemeinschaftsunterkunft mit 500 Personen wie in Warngau.“ Im Landratsamt sei man sich hingegen einig, dass man dezentrale, kleinere Unterkünfte bevorzuge. Wie eben jene nun geplante. Wird es wirklich bei 99 Asylbewerbern bleiben? Eher riesig als klein erschienen die Pläne allerdings den Gemeinderatsmitgliedern, die sich zu Wort meldeten und sich in dieser Sache ungewöhnlich einig waren. Dorothee von Jungenfeld (CSU) sprach von einem „Jumbo“ und glaubte „nicht, dass die Gemeinde das stemmen kann“. Schließlich müssten die ankommenden Kinder ja in Kindergarten und Schule gehen. Maximilian Amon (PFB) rechnete damit, dass es nicht bei 99 Asylbewerbern bleiben wird, sondern alle 152 Wohnplätze mit Geflüchteten belegt werden. „Das beunruhigt mich.“ Diese Bedenken äußerten mehrere im Gremium, Landratsamtsmitarbeiter Hartl bekräftigte aber: „Es sind 99 Asylbewerber.“ Armin Mell (FDP) störte sich vor allem an der Lage. „Das ist ein Filetgrundstück, und es ist nicht kostenlos. Es gehört zum Vermögen aller Bayern. Ich hoffe das geht an uns vorbei.“ Reinhard Weber (SPD) bezeichnete das Vorhaben als „katastrophal“. Er sehe eine Belegung mit Geflüchteten „für die nächsten 40 Jahre“ und frage sich „wer das sein soll, der in die restlichen Wohnungen zieht?“ Am Ende habe man dann doch 150 zusätzliche Bürger, „die man mit allen Leistungen versorgen muss“. Gemeinde im Gespräch mit Rechtsanwälten Weber forderte eine sofortige Abstimmung über die Planungen – was allerdings nicht auf der Tagesordnung stand und somit unmöglich war. „Heute wurden wir erst einmal nur vom Landratsamt informiert“, so Bürgermeister Fritz Egold abschließend. Nun gelte es, alle Möglichkeiten, die die Gemeinde hat, auszuloten. „Wir sind auch schon im Gespräch mit Rechtsanwälten.“ Noch liege aber kein Bauantrag vor, sodass der Gemeinderat – und damit auch die Bürgerinnen und Bürger – abwarten müssten. Auch Fragen der Besucher musste Egold mit Verweis auf die Regeln im Gemeinderat abwürgen. Bei der Bürgerversammlung in zwei Wochen (24. Oktober) dürfte dafür aber Gelegenheit sein.