Tuesday, October 1, 2024

„Berliner Zeitung“ jammert: Sind die seltsam

Frankfurter Allgemeine Zeitung „Berliner Zeitung“ jammert: Sind die seltsam Artikel von Michael Hanfeld • 1 Std. • 2 Minuten Lesezeit Der Verleger Holger Friedrich scheint ein ganz eigentümliches Verständnis von seinem Beruf zu haben. Die „Berliner Zeitung“ hat dem „Spiegel“ einen seltsamen offenen Brief geschrieben. In diesem beschweren sich der Chefredakteur, sein Stellvertreter und der Herausgeber des Blattes über einen „seltsamen Artikel“, den das Hamburger Magazin über das Blatt aus der Hauptstadt und dessen Eigentümer Holger Friedrich gebracht habe. Das ist ganz schön seltsam, denn seltsam ist an dem Artikel von Stefan Kuzmany nichts. Er beschreibt ganz unseltsam, wie aus der „Berliner Zeitung“ wurde, was sie ist – ein Blatt, dessen Eigentümer von der Trennung von Verlag und Redaktion nichts hält und in dem „viel Verständnis für Autokraten, Impfgegner und Russlanderklärer“ herrscht. Der „ausgeprägt ost-identitäre, teil nostalgische Zungenschlag“ fällt dem „Spiegel“-Autor auf, an Belegen für seinen Befund herrscht kein Mangel; eine Ausgabe der „Berliner Zeitung“, in der es anders wäre, müsste man auch lange suchen. Wir erinnern uns an den Informantenverrat Und die sonderliche Berufsauffassung des „Verlegers“ Friedrich blieb niemandem verborgen. Man denke nur an den Informantenverrat, den er und sein Blatt am einstigen „Bild“-Chef Julian Reichelt begingen, als sie dessen früherem Arbeitgeber, dem Springer-Verlag, steckten, der Journalist habe ihnen angeblich vertrauliche Infos angeboten. Oder an den Ergebenheitsbesuch Friedrichs und des Herausgebers Michael Maier beim russischen Botschafter am „Tag des Sieges“ (über NS-Deutschland) und Maiers dazugehörigen klebrigen Artikel. Die Chefs der „Berliner Zeitung“ indes halten den Artikel im „Spiegel“ für ein „taktisches Foul“, für ungenau, voller persönlicher Diffamierung und Diskreditierung, unprofessionell und tendenziös. Sie wünschen sich, Fragen zu ihrem Blatt „in einem transparenten Verfahren zu klären“, um ein „vollständiges, widerspruchsfreies und gerne auch kritisches Bild von unserem Haus zu zeichnen“. Was für ein „taktisches Foul“ soll das sein? Worin die vermeintlichen Widersprüche und all die Mängel im Stück von Stefan Kuzmany konkret liegen sollen – diese Darlegung bleiben die Berliner Blattmacher schuldig, stattdessen ergehen sie sich in Stanzen über die „instabile Situation in vielen westlichen Gesellschaften“ und den angeblichen „Bedeutungsverlust der herkömmlichen Medien“. Dass sie ihr Blatt nicht für „herkömmlich“ halten, ist klar; ihr „Verleger“ meint, die Zeitung sei ein „Juwel“. Doch mehr als sektenartiger Singsang, Politbüroduktus, Jammerossiopferrolle und Putinbewunderung ist da nicht. „Verleger“ Friedrich bittet nun den „Spiegel“-Chefredakteur zu einem „Gespräch auf der Bühne“ ins Gerhart-Hauptmann-Theater in Görlitz. Bei dem seltsamen Zirkus macht Dirk Kurbjuweit besser nicht mit.