Friday, March 29, 2024

„Sie erfahren das aus dem Radio?“ – Bericht über Ampel-Umgang mit den Kommunen entsetzt „Naivling“ Lanz

Merkur „Sie erfahren das aus dem Radio?“ – Bericht über Ampel-Umgang mit den Kommunen entsetzt „Naivling“ Lanz Geschichte von Hannes Niemeyer • 2 Std. • 4 Minuten Lesezeit Talk im ZDF Wie kommuniziert die Ampel eigentlich ihre Pläne an die Kommunen, die sie umsetzen müssen? Lanz lädt die Basis zum Talk. Die überrascht ihn mehrmals. Hamburg – Wohngeld, Heizungsgesetz und vieles mehr. Die Ampel-Regierung beschließt in Berlin vieles, das für gesamt Deutschland gelten soll. Die Umsetzung liegt aber eben oftmals ganz woanders, teils ist die absolute Basis in der Region mitverantwortlich, dass auch gelingt, was da geplant ist. Genau diese Basis lud Markus Lanz am Donnerstagabend (28. März) zum Talk. Schnell wurde klar: So einfach ist die Umsetzung der Pläne besonders auf kommunaler Ebene nicht. Teils scheitert es bereits an der Kommunikation. Ampel-Regierung „lebt in anderer Realität“: Landrätin erhebt bei Lanz schwere Vorwürfe Eine gewisse Unzufriedenheit mit der, sozusagen, Zusammenarbeit mit der Ampel ist in der Lanz-Runde klar erkennbar. Bettina Dickes etwa, CDU-Landrätin aus Bad Kreuznach wirft der Regierung direkt mal vor, Versprechen gemacht zu haben, die eben schlicht nicht haltbar sind, behauptet: „Berlin lebt in einer anderen Realität“. Auch Katja Wolf, BSW-Oberbürgermeisterin im thüringischen Eisenach, sieht sich und ihre Amtskollegen als „die letzten in der Fresskette, die letzten, die es ausbaden müssen“, wenn wieder ein Beschluss gefasst wird. Die Umsetzung von Sachen wie Wohngeld, die Integration von Geflüchteten oder Wärmeplanung seien natürlich alle absolut wichtige Aufgaben, Wolf fühle sich dabei aber „allein gelassen“ vom Bund“. Es käme eben wenig über „wohlfeile Worte“ hinausgehendes. Die Kommunikation sei schlecht, es gäbe wenige Erklärungen. Manche schnelle Änderungen seien einfach selbst nicht mehr nachvollziehbar. Bettina Dickes, CDU-Landrätin aus Bad-Kreuznach Felix Schwenke, SPD-Oberbürgermeister der Stadt Offenbach Christine Herntier, parteilose Bürgermeisterin der Stadt Spremberg Katja Wolf, BSW-Bürgermeisterin der Stadt Eisenach Digitalisierung in Deutschland entsetzt Bürgermeister bei Lanz: „Quasi Neandertaler“ Felix Schwenke, SPD-Oberbürgermeister der Stadt Offenbach, schlägt in eine ähnliche Kerbe. Sein Experiment-Vorschlag: Dass „mal jemand mit dem Anspruch antritt, besonderes wenig zu versprechen. Wenn die Person vielleicht hinterher sogar die Wahl gewinnt, ist vielleicht viel für Deutschland gewonnen.“ Bei Punkten wie dem Wohngeld solle man allerdings auch verstehen, dass es eben einen kleinen Moment dauert, bis etwas Wirkungsvolles dabei herumkommt. Selbiges gelte für das Heizungsgesetz. „Wenn du im Februar erfährst, ab nächsten Januar brauchst du eine neue Heizung, dann funktioniert das nicht“, so Schwenke. Für eine bessere Skalierung könnte man natürlich versuchen, Verwaltung zu digitalisieren. In diesem Punkt sei Deutschland jedoch „quasi Neandertaler“. Unterstützung vom Bund? „Null“, sagt Schwenke. Stattdessen müsste eben „von unten ab, dann jeder sein eigenes Digitalisierungsverfahren entwickeln“. In diesem Punkt nimmt er die Ampel in Mithilfe-Pflicht. Bürgermeisterin berichtet über Ampel-Kommunikation an Kommunen – und Lanz ist überrascht: „Aus dem Radio?“ Das Thema Gesetzesänderungen lässt Lanz allerdings nicht los. Der Moderator will von Bürgermeisterin Wolf wissen, wie die Kommunikation solcher Änderungen vom Bund auf die kommunale Ebene ablaufe. „Kriegen Sie da eine E-Mail, einen Brief, ein Fax?“ – Ein simples „ne“ bringt Wolf erst hervor, erklärt dann: „Meistens ist es tatsächlich, dass auch wir darauf angewiesen sind, Nachrichten zu hören, die Tagesschau und das heute-journal zu verfolgen, uns die Informationen zusammenzusammeln.“ Lanz unterbricht sie entsetzt wie überrascht zugleich: „Entschuldigung, nochmal kurz: Sie erfahren das aus dem Radio, aus dem Fernsehen?“ Mit einem deutlichen „ja“ schaltet sich da auch Landrätin Dickes wieder ein. Das meiste erfahre man „nicht mit einem Anschreiben an uns, sondern indem wir politische Debatten verfolgen.“ Ganz so drastisch läuft es dann aber wohl doch nicht immer ab. „Wer Mitglied im Städtetag ist: Wir kriegen die Informationen auch dort“, erklärt etwa Schwenke. Christine Herntier, parteilose Bürgermeisterin der Stadt Sprembergpflichtet bei, erklärt, es gehöre ja dazu, dass man Nachrichten schaue und dran bleibe. Da erhalte man die Informationen aber natürlich „oft sehr verkürzt“. Sie sagt aber auch: „Wir werden über unseren Städte- und Gemeindebund sehr zeitnah informiert“. In gewissen Fällen gäbe es gar die Möglichkeit zur Stellungnahme. „Was davon beim letztendlich beim Gesetzgeber auf Landes- oder Bundesebene ankommt, ist das eine. Aber die oft zeitlich sehr kurz bemessene Möglichkeit, die gibt es“. „Naivling“ Lanz hakt zu Gesetzesankündigungen nach: „Wir versprechen viel, wir halten wenig – und dann kommt der Frust“ Laut ihr sei viel mehr das Problem: Die Menschen, die betroffen sind, „leben ja nicht im Landtag oder im Bundestag“. Auch die haben natürlich zu derartigen Nachrichten Fragen. Erste Anlaufstelle sei dafür nun mal das Rathaus. Die Aufgabenfülle nehme allerdings „immer mehr zu“. Wenn dann noch die Kommunalpolitik mitmische, könne es auch mal Reibereien geben. „Einfach ist es nicht“, gesteht sie ein. „Das versteht man so gar nicht, wie etwas so zu Ihnen kommt“, fügt Lanz an, findet es „erstaunlich“. Er habe eigentlich gedacht, dass wenn man etwas als Regierung verspreche, man auch erstmal sicherstelle, dass das „so auch machbar ist“. Von Dickes kriegt er nur ein müdes Lachen und ein „nein“. Lanz outet sich selbst, behauptet, er klinge wahrscheinlich wie ein „totaler Naivling“. Dickes will keinem Bundespolitiker schlechte Absichten unterstellen, fügt aber an: „Die Umsetzungsfrage hinterfragt man aber einfach nicht“. Ihr Fazit: Deutschland sei ein „allfürsorgender Staat. Wir versprechen viel, wir halten wenig – und dann kommt der Frust auf den Staat“. Ihr Plädoyer: „Besser weniger Versprechen und dafür einhalten“. (han)