Friday, November 15, 2024
Trumps Ministerpläne schockieren selbst Republikaner: „Ihnen explodieren die Köpfe“
Merkur
Trumps Ministerpläne schockieren selbst Republikaner: „Ihnen explodieren die Köpfe“
Nail Akkoyun • 7 Std. • 5 Minuten Lesezeit
„Alle sind einfach schockiert“
Donald Trumps zukünftige US-Regierung nimmt Form an. Dessen ungewöhnliche Berufungen sorgen jedoch schon jetzt für Kontroversen und gemischte Gefühle.
Washington, D.C. – In etwa zehn Wochen wird Donald Trump als 47. US-Präsident vereidigt. Schon jetzt hat er damit begonnen, sein zukünftiges Kabinett zusammenzustellen; die bisherigen Ernennungen von Trump reichen von kontrovers bis ungewöhnlich. Dazu gehören der Multimilliardär Elon Musk, der die Regierung wie ein effizienter Konzernchef straffen, und ein Fernsehmoderator, der als Verteidigungsminister das Pentagon leiten soll. Zudem soll der Hardcore-Trumpist Matt Gaetz das Justizministerium leiten.
Trump bastelt sich seine Regierung: Republikaner von Verteidigungsminister „schockiert“
Was wie ein satirischer Artikel klingt, wird in der US-Politik zur Realität. Trump legt mehr Wert auf Loyalität als auf fachliche Kompetenz. Dies zeigt sich besonders in der Ernennung des Fox News-Moderators Pete Hegseth, der Trump in der Sendung „Fox & Friends Weekend“ jahrelang Honig ums Maul schmierte.
Hegseth hat außer einem erfolglosen Versuch, einen Sitz im US-Senat für Minnesota zu gewinnen, keine politische Erfahrung, soll aber das Pentagon, eines der wichtigsten Ministerien der USA, leiten. „Alle sind einfach schockiert“, zitierte CNN einen Vertreter des Verteidigungsministeriums. Auch aus dem Kapitol, wo die Republikaner im Senat Hegseths Nominierung bestätigen müssen, hört man von gemischten Gefühlen.
Donald Trumps designierter Verteidigungsminister Hegseth: „Wer zur Hölle ist dieser Typ?“
Hegseth, der das Coronavirus für eine Erfindung der Demokraten hielt, diente in der US-Army unter anderem in Afghanistan und dem Irak. Jahre später, als Hegseth im konservativen Fernsehen Fuß gefasst hatte, setzte er sich erfolgreich für die Begnadigung von US-Soldaten ein, die wegen Kriegsverbrechen verurteilt worden waren. Der Präsident, der die Begnadigungen genehmigte, war Donald Trump. Und der hat hohe Erwartungen an seinen zukünftigen Verteidigungsminister: „Pete ist zäh, smart und ein echter America-First-Anhänger. Mit Pete am Steuer sollten sich die Feinde Amerikas in Acht nehmen“, sagte Trump in einer Erklärung. Mit seiner Meinung steht der designierte Präsident aber anscheinend alleine da.
„Wer zur Hölle ist dieser Typ?“, fragte ein Insider in einem Interview mit Politico. Obwohl Hegseth ein Veteran ist, hätte man sich jemanden gewünscht, „der einen umfangreichen Hintergrund in Sachen Verteidigung“ hat. „Das wäre doch mal ein guter Start“, fügte der Insider hinzu.
Der Aktivist und politische Beobachter Paul Rieckhoff, selbst ein Veteran der US-Army, zeigte sich auf X ebenfalls schockiert über Trumps Entscheidung. Hegseth sei „ohne Zweifel“ der „am schlechtesten qualifizierte“ Kandidat für den Posten des Verteidigungsministers in der gesamten US-Geschichte. „Sei gefasst, Amerika“, schrieb Rieckhoff. Er hätte sich den „politischen Krieger für MAGA“ als Trumps Pressesprecher vorstellen können, aber niemals als Verteidigungsminister der USA.
Matt Gaetz: Trump-Hardliner und Ermittlungen wegen „Sex Trafficking“
In der Zwischenzeit sorgt auch Donald Trumps Plan, den ultraradikalen Matt Gaetz zum Justizminister zu machen, für Aufsehen. Gaetz soll nach Trumps Willen „den schwer erschütterten Glauben und das Vertrauen der Amerikaner in das Justizministerium wiederherstellen“. Der 42-jährige Anwalt und Abtreibungsgegner war seit 2017 Mitglied des Repräsentantenhauses, gehört zu den Hardlinern seiner Partei und ist ein treuer Unterstützer Trumps. Aus strategischen Gründen hat er jedoch sein Mandat niedergelegt.
Mit seinem Rücktritt hat Gaetz eine genauere Untersuchung schwerwiegender Vorwürfe gegen ihn durch den Ethikausschuss verhindert. Der Ausschuss hatte den Republikaner ins Visier genommen, weil das US-Justizministerium jahrelang wegen „Sex Trafficking“ – Menschenhandel zum Zwecke sexuellen Missbrauchs – gegen ihn ermittelt hatte. Zudem wird ihm vorgeworfen, eine sexuelle Beziehung mit einer Minderjährigen gehabt zu haben.
Obwohl das Ministerium die Ermittlungen eingestellt hat und Gaetz alle Vorwürfe bestreitet, prüfte der Ausschuss die Vorwürfe weiter, darunter auch angeblichen Drogenmissbrauch und den Erhalt unzulässiger Geschenke. Medienberichten zufolge stand die Veröffentlichung eines Abschlussberichts kurz bevor. Republikanische Parteikollegen deuteten an, dass Gaetz‘ Rücktritt direkt damit zusammenhängen könnte. Zuletzt hatte Trumps Wunsch-Justizminister erklärt, nicht länger freiwillig bei der Untersuchung mitwirken zu wollen. In der Regel stellt der Ethikausschuss diese ein, sobald ein Kongressmitglied das Parlament verlässt.
Ärger in den USA: Trumps Wunsch-Justizminister sorgt für „explodierende Köpfe“
Matt Gaetz vertritt rechte Positionen, lehnt die gleichgeschlechtliche Ehe ab und verbreitet regelmäßig Verschwörungsmythen. Er gehört zu den Abgeordneten, die vor gut einem Jahr den damaligen republikanischen Vorsitzenden des Repräsentantenhauses, Kevin McCarthy, wegen eines Streits über den Haushalt aus dem Amt jagten. Dabei war Gaetz die treibende Kraft der internen Revolte und ist als glühender MAGA-Anhänger bekannt. Inzwischen gilt er selbst in seiner eigenen Partei als höchst umstritten.
Die republikanische Senatorin Susan Collins äußerte sich „schockiert“ über Trumps Entscheidung, Gaetz zum Justizminister machen zu wollen. „Ich bin mir sicher, dass es viele, viele Fragen bei Gaetz‘ Anhörung (vor der Bestätigung durch den Senat, Anm. d. Red.) geben wird, falls die Nominierung weiterverfolgt wird“, sagte sie dem Radiosender NPR. Gegenüber Politico sagte der republikanische Abgeordnete Max Miller, Gaetz sei in der vergangenen Legislaturperiode „herumgerannt wie ein Sechsjähriger mit einem geladenen Revolver und einem lockeren Finger am Abzug“. Den Parteikollegen würden vor Sorge bereits „die Köpfe explodieren“, sagte CNN-Journalistin Jamie Gangel.
Senats-Republikaner gegen Gaetz – doch Trump könnte auf kontroversen Trick nutzen
Im Gespräch mit dem Nachrichtenportal Axios spottete Max Miller: „Gaetz hat bessere Chancen, mit Königin Elisabeth II. zu Abend zu essen, als vom Senat bestätigt zu werden.“ Doch Donald Trump könnte sich eines Tricks bedienen, um seinen treuen Anhänger an die Spitze des Justizministeriums zu befördern.
Die fragliche Unterstützung im Senat muss für Gaetz kein Problem sein. Trump hat angedeutet, möglicherweise eine Sonderregelung zu suchen, um ihn und andere Wunschkandidaten schneller ins Amt zu bringen. Dafür könnte er auf sogenannte „Recess Appointments“ zurückgreifen. Dieses verfassungsrechtliche Mittel ermöglicht es dem US-Präsidenten, in Sitzungspausen des Senats bestimmte Positionen zu besetzen. Obwohl dieses Verfahren hochumstritten ist, da es den üblichen Bestätigungsprozess umgeht, haben mehrere republikanische Senatoren bereits ihre Zustimmung zugesagt.
Sollte es doch am gewählten Gremium liegen, wird sich zeigen, inwieweit die Republikaner in Gänze hinter Donald Trump stehen. „Jeder Nominierte stellt den neu gewählten Senat, mit seiner republikanischen Mehrheit, auf eine große Bewährungsprobe, in der es um die Fähigkeit gehen wird, das Gemeinwohl über Parteiloyalität zu stellen“, schrieb die Washington Post dazu.
Jobs und Gelder kürzen: Musk leitet für Donald Trump die „DOGE“-Abteilung
Auch der Tech-Milliardär Elon Musk wird in Zukunft eine ungewöhnliche Aufgabe für Donald Trump übernehmen. Der designierte US-Präsident hat den Exzentriker dazu berufen, ihm bei der Kürzung der Regierungsausgaben zu helfen. Er wird zusammen mit dem ehemaligen republikanischen Präsidentschaftskandidaten Vivek Ramaswamy die Leitung eines speziell dafür geschaffenen Beratungsgremiums übernehmen, teilte Trumps Team mit.
Musks „Department of Government Efficiency“ (DOGE) wird nicht Teil der Regierung sein, aber mit dem Weißen Haus zusammenarbeiten, „um großangelegte Strukturreformen voranzutreiben“. Die Arbeit von Musk und Ramaswamy soll bis Juli 2026 abgeschlossen sein.
Diese Personalie ist ebenfalls höchst umstritten, da Musk als reichster Mensch der Welt und Chef mehrerer Firmen möglicherweise Interessenkonflikte hat. Zudem hat er als Chef der Online-Plattform X eine enorme Reichweite zur Meinungsmache. In den letzten Monaten hat er diese zunehmend im Sinne Trumps genutzt; auch hat er Millionenbeträge für Trumps Präsidentschaftskampagne gespendet – und sich so möglicherweise seinen lukrativen Beraterposten gesichert. (nak mit dpa)