Friday, November 15, 2024

Fakten und Lügen: Vorfall in Asylunterkunft schlägt nach Sprachnachricht hohe Wellen

Soester Anzeiger Fakten und Lügen: Vorfall in Asylunterkunft schlägt nach Sprachnachricht hohe Wellen Ludger Tenberge • 1 Std. • 3 Minuten Lesezeit Ein Vorfall in der Bad Sassendorfer Flüchtlingsunterkunft schlägt hohe Wellen. In einer Sprachnachricht wird behauptet, dass das Opfer der Tat um sein Leben kämpfe. Mittlerweile ruderte die Urheberin der Nachricht zurück und gestand, die Unwahrheit gesagt zu haben. Bad Sassendorf – Eine Auseinandersetzung in der Flüchtlingsunterkunft am Hagenbusch schlägt hohe Wellen. Grund dafür ist, einerseits, dass dabei ein Mitarbeiter der Gemeinde schwerer verletzt wurde, als das zunächst aus einer Mitteilung der Polizei hervorging. Grund dafür ist aber vor allem, dass sich eine Sprachnachricht über Whatsapp verbreitete, in der es hieß, der Mann „kämpfe um sein Leben“ und die Gemeinde wolle den Vorfall unter den Teppich kehren. Die Auseiandersetzung hatte sich am Montagmorgen zwischen einem Mitarbeiter und einem Bewohner der Unterkunft zugetragen. Der Mitarbeiter befindet sich noch immer in stationärer Behandlung. Im Gespräch mit der Redaktion schildert er, was seiner Wahrnehmung nach passiert ist. Demnach war es zunächst auf dem Flur zu einer lautstarken Diskussion zwischen ihm und einer deutschen Obdachlosen gekommen. Von diesem Streit habe sich der spätere mutmaßliche Angreifer gestört gefühlt. „Ich bin zu ihm, habe gesagt, dass gleich alles vorbei ist und er wieder in sein Zimmer gehen soll.“ Plötzlich sieht der Mitarbeiter ein Messer in der Hand des Angreifers Daraufhin habe der Bewohner laut knallend die Tür zugeschlagen. Die Situation sei eskaliert, als der Mitarbeiter daraufhin die Tür noch einmal geöffnet und den Bewohner gebeten habe, sich zu beruhigen. Der Mann habe ihm die Tür mit voller Wucht vor den Kopf geschlagen. Er habe dann versucht, den Bewohner zu überwältigen, sei aber zurückgewichen, als der sich massiv wehrte und ihm drohte: „Ich mach dich tot.“ Während der Mitarbeiter einen Kollegen anwies, die Polizei zu rufen, habe er die Tür zugehalten. Als er sie einen Moment außer Acht ließ, habe er einen Faustschlag ins Gesicht abbekommen. Als er den Bewohner erneut zu überwältigen versuchte, habe er plötzlich ein Messer in dessen Hand gesehen. Die Überwältigung gelang, ein anderer Asylbewerber nahm dem Angreifer die Waffe ab. Dann, so schildert der Mitarbeiter, setze seine Erinnerung aus. Erst im Krankenhaus sei er wieder zu sich gekommen. Ärzte diagnostizierten ein geschlossenes Schädelhirntrauma mit Schwindel und Kopfschmerzen, außerdem Prellungen am Körper. Er könne nicht schlafen, bekomme Zitter-Attacken. Psychisch belaste ihn das Erlebte sehr, er habe Todesangst empfunden. Vor allem auf das psychologische Trauma wies am Freitag auch der Dienstherr des Mannes, Bürgermeister Malte Dahlhoff, hin. Er unterstrich, dass mehrere Bewohner dazwischen gegangen seien. Es gebe es eine größere Anzahl an Zeugen. Der verletzte Mitarbeiter sieht sich und seine Rolle unterdessen von der Polizei falsch dargestellt. Die Polizei unterstreicht, dass die Situation „so nüchtern und sachlich“ dargestellt worden sei, wie es von den Beamten vor Ort aufgenommen worden sei. Weitere oder erneute Zeugenvernehmungen würden folgen. Der Fall werde aktuell als „einfache Körperverletzung“ eingestuft. Derartige Fälle gebe es nahezu täglich, deshalb habe die Pressestelle zunächst nicht aktiv darüber berichtet. Urheberin gesteht nach Sprachnachricht, dass Behauptungen falsch sind Schnell verbreitet hatte sich demgegenüber besagte Sprachnachricht einer Sassendorferin. Darin behauptete sie, dass ihr „Bekannter“ – der Mitarbeiter – mit einem Messer angegriffen, er „mit dem Kopf erschlagen“ und „sein Kopf eingetreten“ worden sei. „Er liegt im Krankenhaus und kämpft um sein Leben.“ Ein „absolut guter Freund“ aus der Gemeinde habe ihr verraten, dass der Vorfall „unter Verschluss“ gehalten werden solle, „weil Wahlen anstehen“. Die Nachricht enthielt auch den Hinweis: „Verbreiten sehr gerne erwünscht.“ Der Betroffene stellt im Krankenhaus klar: „Ich muss nicht um mein Leben kämpfen.“ Unsere Redaktion traf die Urheberin der Sprachnachricht. Das, was sie dort verbreitet habe, sei ihr „von anderen zugetragen“ worden. Eigentlich habe sie die Nachricht ja auch „privat versendet“. „Meine Intention war, dass der Vorfall sonst unter den Tisch gekehrt worden wäre.“ Ihr angeblicher Informant aus der Gemeindeverwaltung war noch am Freitag anwaltlich gegen die Behauptung – er habe gesagt, der Vorfall solle „unter Verschluss gehalten“ werden – vorgegangen. Die Frau erklärte daraufhin, gar nicht mit dem Mann gesprochen zu haben. Sie erklärte ausdrücklich, ihre Behauptung sei falsch. Bürgermeister: Gerüchte nicht ungeprüft weitergeben Auch Bürgermeister Dahlhoff und die Polizei treten der Behauptung, der Vorfall hätte verheimlicht werden sollen, entschieden entgegen. Die Auseinandersetzung sei aber in der ersten Einschätzung als weniger gravierend bewertet und deshalb nicht öffentlich kommuniziert worden. Dahlhoff legt Wert auf die Feststellung, es komme nicht regelmäßig zu Gewaltkonflikten in der Asylunterkunft. Ein letzter vergleichbarer Vorfall datiere aus dem Jahr 2016. Ausdrücklich mahnt Dahlhoff, Gerüchte nicht ungeprüft weiterzugeben und sich so womöglich instrumentalisieren zu lassen.