Thursday, February 1, 2024

Land „aufgebracht wie selten“: Unions-Leute rügen Ampel-Asyl-„Bock“ – und fordern Gipfel mit Scholz

Merkur Land „aufgebracht wie selten“: Unions-Leute rügen Ampel-Asyl-„Bock“ – und fordern Gipfel mit Scholz Geschichte von Florian Naumann • 1 Std. Sieben Forderungen aus den Ländern Die Union rügt Untätigkeit der Ampel beim Thema Asyl. Den Ruf nach Zusammenarbeit überlässt Merz aber Landespolitikern. Deren Fazit fällt klar aus. Stuttgart/München – CDU-Chef Friedrich Merz den Fehde-Handschuh hingeworfen: „Bitte ersparen Sie sich und uns in Zukunft Ihre Aufrufe zur Zusammenarbeit“, rief er Kanzler Olaf Scholz (SPD) am Montag (31. Januar) im Bundestag zu. Tags darauf erklingen aus der Union Rufe nach einem gemeinsamen Gipfel. Wenn auch von anderer Stelle und für ein anderes Format. Die Landtagsfraktionschefs von CDU und CSU wollen eine Sonder-Ministerpräsidenten-Konferenz – zum Thema Asyl. Die Runde der Landtagsspitzen der Union – dabei waren auch die Amtskollegen aus Bund und EU – erhöht auf diesem Weg den Druck beim Dauerstreitthema Migration. CSU-Landtagsfraktionschef Klaus Holetschek und sein baden-württembergisches CDU-Pendant Manuel Hagel sparten nach dem gemeinsam gefassten Beschluss am Dienstag (1. Februar) nicht mit Vorwürfen: Der „soziale Frieden“ sei in Gefahr, mahnte Holetschek. Sie forderten aber auch fünf konkrete Maßnahmen, um die aus Unions-Sicht „viel zu hohen Zugangszahlen“ in den Griff zu bekommen. Ampel-„Bock“ bei den Abschiebungen? Union ist sauer – und verweist auf die Großdemos Die Bestandsaufnahme der Unions-Fraktionschefkonferenz zur Asylpolitik der Ampel-Koalition fiel – wenig überraschend – düster aus. „Unsere Kommunen sind am absoluten Limit oder bereits weit darüber hinaus“, sagte Hagel mit Blick auf die Aufnahmekapazitäten geflüchteter Menschen in Deutschland. „Unsere Gesellschaft ist so aufgebracht wie selten zuvor“, fügte er hinzu. „Die unverändert viel zu hohen Zugangszahlen“ zu „negieren“ zeuge „von einem Realitätsverlust der Ampelregierung“, hieß es zugleich in einem Beschluss der 16 Unions-Landtagsfraktionsvorsitzenden. Indirekt in den Blick nahm die Runde auch die jüngsten Demonstrationen gegen Rechtsextremismus: Es handle sich um einen „Vertrauensvorschuss der Mitte der Bevölkerung in die Handlungsfähigkeit des Staates“, lautete die Lesart aus CDU und CSU. Dieses Vertrauen dürfe nun nicht durch „Untätigkeit zerstört werden“. Missgestimmt waren die Konservativen ihrem Papier zufolge auch über die jüngste Tätigkeit der Ampel: Dass das sogenannte Rückführungsverbesserungsgesetz Geflüchteten in Abschiebefällen Rechtsanwälte verpflichtend beiordne, sei der „nächste Bock“ der Ampel, rügte Hagel. „Jeder Abschiebefall wird bei uns doch schon rechtsstaatlich geprüft“, betonte er. Streit über Asyl und Migration in Deutschland: Was CDU und CSU fordern Die Lösung bringen soll nun eine Ministerpräsidentenkonferenz – bekannt ist das Format noch aus Corona-Zeiten. Die konkreten Wünsche der Unions-Landtagschefs: Reform des Asylrechts Durchführung der Asylverfahren in Drittstaaten Zurückführungen an den Außengrenzen Ausweisung weiterer sicherer Herkunftsländer Mehr Tempo bei Rückführungsabkommen mit anderen Staaten „Bedarfsgerechte“ Unterstützung und Finanzierung der Kommunen Aus für geplante Asyl-„Pflichtverteidiger“ Näheres erläuterte der an die Medien versandte Beschluss nicht. Die Forderungen sind allerdings in weitesten Teilen bekannt. An Rückführungsabkommen etwa arbeitet der Ampel-Beauftragte Joachim Stamp (FDP) – bislang allerdings ohne großen Durchbruch. Die Erweiterung der Liste „sicherer Herkunftsstaaten“ ist seit jeher ampelintern umkämpft. Und Asylverfahren in Drittstaaten werden ebenfalls seit längerem diskutiert. Die Umsetzbarkeit dieser Idee ist allerdings umstritten. In Großbritannien kassierte zuletzt ein Gericht die Ruanda-Pläne der Regierung. Neues Abschiebungs-Gesetz von Scholz’ Ampel: Zu lasch oder zu hart? Das „Rückführungsverbesserungsgesetz“ hatte der Bundestag im Januar beschlossen. Kritik gab es damals auch von anderer Seite: „Vorgesehen sind weitreichende Eingriffe in Grund- und Menschenrechte, die in keinem Verhältnis zur Wirksamkeit des Gesetzes stehen“, sagte Ulrich Schneider, Chef des Paritätischen Gesamtverbandes damals. Vorgesehen sind im Gesetz 40 Maßnahmen, darunter der Wegfall der Pflicht zur Vorab-Ankündigung einer Abschiebung nach einjähriger Duldung oder leichterer Zugriff auf Handydaten bei Menschen ohne Ausweispapiere. Den neuen Passus zu den Pflichtverteidigern nannte Schneider er einen „Hoffnungsschimmer“, aber auch „eigentlich eine Selbstverständlichkeit“. Die Grüne Jugend zeigte sich ebenfalls empört über die Pläne in Sachen Abschiebungen. Sachsens Landesregierung will die Pläne im Bundesrat noch stoppen. Und Holetscheks Fazit aus bayerischer Sicht fiel einstweilen bitter aus: „Die Mehrheit der Bevölkerung hat das Vertrauen in die Berliner Ampel und den Kanzler verloren. Die groß angekündigte bestellte Führung ist eine Luftnummer.“ Tatsächlich war auch der Weg der Ampel zum Gesetz äußerst holprig: Im Dezember war es wegen Bedenken der Grünen kurzfristig von der Tagesordnung genommen worden. (fn)