Sunday, January 5, 2025

Heizkosten: „Die meisten sind auf diese Preise nicht vorbereitet“

Wirtschaftswoche Heizkosten: „Die meisten sind auf diese Preise nicht vorbereitet“ Petruschke, Felix • 4 Std. • 3 Minuten Lesezeit Steigende Preise für CO2 bedeuten für viele Haushalte absehbar auch steigende Heizkosten. Gaskunden könnten ab 2027 jährlich 1000 Euro mehr fürs Heizen zahlen, prognostiziert der ZEW-Präsident. Verbraucher müssen dann für ihre CO2-Emissionen zahlen – das wird teuer. WirtschaftsWoche: Herr Professor Wambach, 2025 steigt der CO2-Preis für Wärme und Verkehr von aktuell 45 Euro pro Tonne auf 55 Euro. Ab 2027 soll dann der europäische Zertifikatehandel greifen und der CO2-Preis wird frei gehandelt. Sie erwarten einen Anstieg auf bis zu 200 Euro pro Tonne. Was bedeutet das konkret für Verbraucher? Achim Wambach: Das wären für einen Liter Benzin rund 60 Cent mehr. Ein Vier-Personen-Haushalt, der noch mit Gas heizt, müsste mit rund 1000 Euro höheren Heizkosten pro Jahr rechnen. In Frankreich gingen die sogenannten Gelbwesten schon bei einer Spriterhöhung um drei Cent auf die Straßen. Sind die Deutschen auf diese Entwicklung vorbereitet? Nein, die meisten Verbraucher sind auf diese Preise nicht vorbereitet. Es wäre daher wichtig, dass der europäische Zertifikatehandel – bei dem sich der CO2-Preis ab 2027 nach Angebot und Nachfrage ergibt – schrittweise eingeführt wird und die Öffentlichkeit rechtzeitig informiert wird. Wie kommen Sie auf die 200 Euro pro Tonne? Das ist das Ergebnis von mehreren Studien, die das ZEW und andere gemacht haben. Die Bundesregierung selbst rechnet mit einem Preis zwischen 100 und 200 Euro. Es können aber auch mehr werden. Sind im europäischen Emissionshandel Maßnahmen eingebaut, um die Preisentwicklung zumindest abzufedern? Ja. die EU-Kommission hat ein Instrument geschaffen, das zusätzliche CO2-Emissionszertifikate freigibt, wenn der Preis zwei Monate in Folge über 45 Euro pro Tonne steigt. Der Effekt dürfte sich aber in der Praxis in Grenzen halten. Warum? Diese Freigabe kann nur einmal pro Jahr erfolgen, und es werden maximal 20 Millionen neue Zertifikate freigegeben. Im Vergleich zu den 1,2 Milliarden Zertifikaten, die 2027 im Umlauf sein werden, ist das kaum relevant. Die dämpfende Wirkung bleibt daher begrenzt. Die Einnahmen aus dem CO2-Preis sollen aber auf Umwegen wieder an die Verbraucher zurückgezahlt werden. Richtig, die deutschen Einnahmen fließen in den Klima- und Transformationsfonds; die europäischen in einen Sozialfonds. Wie das Geld dann eingesetzt und verteilt wird, ist eine politische Entscheidung. Da liegt viel sozialer Sprengstoff. Die soziale Dimension kommt häufig zu kurz. Neben dem Klimageld – das die Noch-Bundesregierung laut Koalitionsvertrag eigentlich einführen wollte – braucht es auch gezielte Förderprogramme für den Heizungstausch oder Elektromobilität. Auch macht es einen Unterschied, ob man auf dem Land oder in der Großstadt wohnt. Was halten Sie prinzipiell von einem freien CO2-Handel? Das ist das effizienteste und günstigste Mittel, um unsere Klimaziele zu erreichen. In den USA fordern Tausende Ökonomen seit Jahren erfolglos ein ähnliches System, da es laut Studien dreimal weniger Geld kostet als das große Investitionsprogramm des „Inflation Reduction Act“ von Joe Biden. Gibt es noch weitere Vorteile? Ein steigender CO2-Preis könnte viele sonstigen Regelungen überflüssig machen. Denken Sie an den deutschen Kohleausstieg oder das Verbrenner-Aus ab 2035. Je höher der CO2-Preis, desto weniger Anreize gibt es, in diese Bereiche zu investieren – und desto schneller wird das Geld in andere Branchen umgelenkt. Ist die Entwicklung hin zu höheren CO2-Preisen unumkehrbar? Eigentlich schon. Selbst eine neue Bundesregierung könnte das nicht ändern. Dafür bedürfte es einer Änderung der europäischen Gesetzgebung.