Sunday, November 10, 2024

Lindner im „Bericht aus Berlin“: Vor der Vertrauensfrage sollte es keine Gespräche im Bundestag geben

Berliner Zeitung Lindner im „Bericht aus Berlin“: Vor der Vertrauensfrage sollte es keine Gespräche im Bundestag geben Artikel von Ulrich Seidler • 1 Std. • 2 Minuten Lesezeit Für die Bewältigung der jüngsten Vergangenheit steht der FDP-Chef Christian Lindner nur ungern zur Verfügung. Der in der vergangenen Woche von Olaf Scholz persönlich für das Scheitern der Ampelkoalition zur Verantwortung gezogene und aus dem Amt entlassene Finanzminister pflegt bürgerlichen Umgang mit dem noch amtierenden Regierungschef, mehr aber auch nicht. Olaf Scholz habe ihn auf die Straße gesetzt, sagte er am Sonntag der FAZ, „aber auf der Straße fühle ich mich wohl“. Blickrichtung: vorwärts. „In der aktuellen Situation bin ich völlig vereinnahmt von politischem Management. Die seelische Verarbeitung kommt später.“ Womit er aber wohl nicht darauf anspielt, bald mehr Zeit zu haben, wenn seine Partei erst einmal aus dem Bundestag gewählt sein wird. Eher im Gegenteil. Als er im sonntäglichen „Bericht aus Berlin“ von dem ARD-Hauptstadtstudioleiter Markus Preiß befragt wird, hat der Wahlkampf schon begonnen. Die Gelegenheit für eine persönliche Revanche gegen Olaf Scholz, der Lindner laut Medienberichten gar als einen „schlechten Menschen“ bezeichnet haben soll, schlägt er aus: „Ich beteilige mich daran ausdrücklich nicht. Die Bürgerinnen und Bürger können beurteilen, wie sie es finden, wenn in der viertgrößten Wirtschaftsmacht der Welt der Regierungschef offenbar so über ehemalige Regierungspartner spricht.“ Er hätte nicht gedacht, dass Scholz aus dem Bundeskanzleramt heraus Wahlkampf führen wollte. Und schon sind wir mittendrin. Lindner beansprucht eine Art Gestaltungsauftrag und sieht seine Partei nach dem Ausscheiden aus der Regierungsverantwortung in einem neuen Modus: „Viele Menschen sagen mir, dass sie nach den Jahren der Ampel wieder die Liebe zur Freiheit, die marktwirtschaftliche Fundierung, die Vernunft und eben den Mut der FDP erkennen“, sagte er der FAZ. Und im Bericht aus Berlin legt er noch nach: „Um es konkret zu sagen, ich möchte weiterhin auf das Steuergeld der Bürgerinnen und Bürger aufpassen.“ Aus seiner Bewerbung für das Amt des Finanzministers nach der Wahl spricht fast so viel überbordendes Selbstbewusstsein wie aus der Kanzlerkandidatur von Robert Habeck. Scholz stehe, so Lindner, nur noch einer „Rumpfregierung“ vor und solle den Weg frei machen für Neuwahlen. Von Preiß gefragt, ob man nicht noch die gemeinsam erarbeiteten Gesetze auf den Weg bringen könne, Stichwort kalte Progression, hakt Lindner ein. Er habe ein geordnetes Ende der Ampel vorgeschlagen, man hätte gemeinsam Neuwahlen terminieren können, bis dahin geschäftsführend tätig sein und „gemeinsam dies und das verabreden“ können.