Friday, November 8, 2024
Gefeiertes Ampel-Projekt durch Trump-Sieg so gut wie begraben – 3000 Arbeitsplätze verschwinden
Merkur
Gefeiertes Ampel-Projekt durch Trump-Sieg so gut wie begraben – 3000 Arbeitsplätze verschwinden
Fabian Hartmann • 3 Std. • 4 Minuten Lesezeit
Ansiedlung „extrem unwahrscheinlich“
Magdeburg sollte zum Intel-Produktionsstandort werden – bis das Projekt vom US-Konzern verschoben wurde. IWH-Präsident Gropp fürchtet, nun könnte es Trumps Wahlsieg zum Opfer fallen.
Magdeburg – Es waren große Vorhaben, die der US-Halbleiterhersteller Intel in Sachsen-Anhalt hatte. Am geplanten Standort am Magdeburger Eulenberg hatte der Konzern den Bau von zwei Chipfabriken angekündigt, der Spatenstich war eigentlich noch für dieses Jahr geplant. 3000 Arbeitsplätze waren angekündigt worden, insgesamt 30 Milliarden Euro sollten in den Standort investiert werden. Auch die Bundesregierung stellte Unterstützung in Aussicht, rund 9,9 Milliarden Euro waren hierfür im Gespräch.
Anfang August vermeldete Intel jedoch, 2025 im Rahmen weitreichender Maßnahmen mehr als zehn Milliarden US-Dollar einsparen zu wollen. Auch 15 Prozent der weltweit rund 125.000 Stellen sollen gestrichen werden, hieß es dabei. Mitte September wurde dann bekannt, dass Intel den Bau der Magdeburger Chipfabrik vorerst auf Eis legt. Wegen der Intel-Sparmaßnahmen werde sich der Chipfabrik-Bau um zwei Jahre verzögern, hieß es da. Der Sieg Donald Trumps bei der US-Wahl nun könnte das Projekt endgültig beilegen, fürchtet der Präsident des Instituts für Wirtschaftsforschung Halle (IWH), Reint Gropp.
IWH-Präsident hält Umsetzung von Intel Werk in Magdeburg für „extrem unwahrscheinlich“
Gegenüber der Deutschen Presse-Agentur (dpa) äußerte Gropp beträchtliche Zweifel an einer Intel-Werkseröffnung in Magdeburg – auch nicht zu einem späteren Zeitpunkt als dem zunächst geplanten. „Ich halte es für extrem unwahrscheinlich, dass Intel jetzt noch nach Magdeburg kommt“, sagte Gropp der dpa.
Froh könne die Bundesregierung darüber sein, dass im Zuge der Zusicherungen von finanzieller Unterstützung noch keine Zahlungen an das US-Unternehmen geflossen seien. Im vergangenen Quartal fuhr Intel einen Milliardenverlust ein. Analysten rechnen damit, dass der Halbleiter-Hersteller auch im kommenden Jahr rote Zahlen schreiben wird.
Kurz vor dem Bruch der Ampel-Koalition hatte Ex-Bundesfinanzminister Christian Lindner in seinem Grundsatzpapier auch gefordert, die Subventionen der Bundesregierung für das geplante Intel-Werk bei Magdeburg streichen zu wollen. Die Ankündigung reiht sich ein in den Streit der Bundeskoalition über den richtigen Kurs in der Wirtschafts- und Finanzpolitik. Sachsen-Anhalts Wirtschaftsminister Sven Schulze (CDU) forderte als Reaktion auf Lindners Vorhaben Neuwahlen auf Bundesebene.
IWH-Chef sorgt sich nach Trumps US-Wahlsieg wie viele Experten um Trumps Strafzölle
Sorgen löst der US-Wahlsieg Trumps beim IWH-Präsident Gropp vor allem hinsichtlich geplanter Strafzölle auf Exporte in die USA aus. Im Wahlkampf des Republikaners waren sie ein zentrales Anliegen. Gerade in einer Phase akuter wirtschaftlicher Probleme sei ein solches wirtschaftspolitisches Vorgehen gefährlich, resümierte der IWH-Präsident.
Trump setzt wirtschaftspolitisch auf Protektionismus. Während sich seine „America First“-Politik außenpolitisch im potenziellen Aufkündigen internationaler Abkommen oder dem Zurückfahren finanzieller Unterstützung in internationalen Konflikten äußern könnte, dürfte sie wirtschaftlich in Form einer verstärkten Isolation der US-Märkte in Erscheinung treten. Geschehen würde das dann natürlich auch auf Kosten der wirtschaftlichen Beziehungen zu anderen Ländern, darunter auch oder gar insbesondere Deutschland.
Denn Strafzölle von zehn Prozent je Einfuhr oder mehr, wie Trump es vorsieht, könnte massive ökonomische Konsequenzen für die deutsche Wirtschaft bedeuten – dabei deutet auch die Konjunkturprognose für 2025 schon weiteres Stagnieren an. Denn die USA sind aktuell der wichtigste Partner im Außenhandel. Wie die Tagesschau berichtet, exportierte Deutschland im Jahr 2023 Waren im Wert von fast 158 Milliarden Euro in die USA.
Trumps geplante Strafzölle auf Einfuhren in die USA könnten eine Reaktion der EU nach sich ziehen
Mit Trumps zweiter Amtszeit als US-Präsident könnten die deutschen Ausfuhren in die USA in derartiger Höhe jedoch vorerst an ein Ende gelangen. Denn ökonomisch verfolgt der Republikaner das Ziel, US-Unternehmen auf dem heimischen Markt eine bessere Ausgangslage zu verschaffen, indem ausländische Wettbewerber durch Eingriffe wie Strafzölle benachteiligt werden. „Das heißt, unsere eigenen Kosten werden höher, die Preise werden steigen. Zölle sind einfach inflationär“, resümiert Gropp.
Der IWH-Präsident befürchtet, dass Trumps Strafzölle auf Einfuhren in die USA dabei von europäischer Seite nicht unbeantwortet bleiben durften. Er schätzt, dass auch die EU im Gegenzug Zölle einführen wird. Auch rechnet Gropp damit, dass einige Unternehmen wie Intel ihre Produktion in die USA verlagern könnten, weil der amerikanische Markt im Rahmen einer zweiten Amtszeit Trumps eben deutlich an Bedeutung gewinnt. „Und das ist genau das, was Trump will.“
Führende Politiker in Sachsen-Anhalt hoffen weiter auf den Intel-Standort Magdeburg
In Sachsen-Anhalt hatte man sich nach Bekanntwerden des Projekt-Aufschubs im September optimistisch gezeigt. „Es ist nicht so, dass das Projekt jetzt gecancelt ist, sondern im Gegenteil: Es ist verschoben“, sagte Sachsen-Anhalts Wirtschaftsminister Sven Schulze (CDU) dem Mitteldeutschen Rundfunk (MDR) damals.
Der Ostbeauftragte der Bundesregierung, Carsten Schneider (SPD), kritisierte Gropps Position nun als „Schreibtisch-Einschätzung“ eines Wissenschaftlers. Schneider kündigte an, alles dafür tun zu wollen, dass die Ansiedlung mit Subventionen gefördert wird. Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) verwies auf gemeinsame Gespräche in dieser Woche mit dem Konzern und Jörg Kukies (SPD), der nach dem Ampel-Aus nun Bundesfinanzminister ist. „Es gibt die klare Aussage des Intel-Vorstandes, an diesem Projekt festzuhalten“, sagte Haseloff. (fh)