Friday, January 12, 2024
Söder schießt gegen Heizungsgesetz: Ohne „hätte Deutschland keine finanziellen Probleme“
Merkur
Söder schießt gegen Heizungsgesetz: Ohne „hätte Deutschland keine finanziellen Probleme“
Artikel von Amy Walker •
2 Std.
Bei einer Bauerndemo in Nürnberg hat der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) die These verbreitet, ohne das Heizungsgesetz hätte das Land genug Geld. Hat er damit recht?
Berlin – Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hat bei einer Bauerndemo in Nürnberg am Freitag (12. Januar) über die Ampel-Regierung geschimpft – und dabei auch die Gelegenheit genutzt, um erneut gegen das sogenannte Heizungsgesetz auszuteilen. „Würden die alleine dieses Heizgesetz wegnehmen, dann hätte Deutschland keine finanziellen Probleme“, sagte Söder vor rund 5000 Landwirten auf dem Nürnberger Volksplatz.
Das Heizungsgesetz trat nach langen Diskussionen am 1. Januar 2024 in Kraft und soll den Beginn der Wärmewende in Deutschland einläuten. Zunächst gelten die Vorgaben aber nur für Neubauten – erst in ein paar Jahren müssen sich Eigentümer über erneuerbare Heizsysteme Gedanken machen.
Söder gibt Heizgesetz die Schuld am Haushaltsstreit
Dass Söder kein Fan des neuen Gesetzes ist, das hat er schon oft im vergangenen Jahr kundgetan. Doch hat er mit seinen Behauptungen über die Kosten wirklich recht?
Die Antwort nach unseren Berechnungen: so einfach ist das leider nicht. Doch es stimmt schon, dass viel Geld für die Wärmewende ausgegeben werden soll. Die Bundesregierung plant, im Jahr 2024 für den Gebäudebereich 18,9 Milliarden Euro auszugeben. Ein Großteil davon soll für Förderungen in neue Heizsysteme ausgegeben werden, also Wärmepumpen oder andere Sanierungsmaßnahmen am Eigenheim.
Dieses Geld kommt nicht aus dem regulären Bundeshaushalt, sondern aus dem Klima- und Transformationsfonds (KTF). Das ist ein Sondervermögen, aus dem Klimaschutzvorhaben finanziert werden. Das Geld, das im KTF liegt, wird durch Einnahmen aus dem CO₂-Preis gefüllt. Also: Die Steuer, die auf klimaschädliche Emissionen erhoben wird, fließt in den KTF und nicht in den normalen Haushalt des Bundes. Laut Bundesregierung befinden sich in den Jahren 2024 bis 2027 insgesamt 211,8 Milliarden Euro im KTF. Die Bundesregierung kann entscheiden, den KTF zusätzlich noch mit Zuschüssen zu füllen, was sie 2024 aber nicht tun wird. Der KTF füllt sich also von selbst.
Würde es das Heizungsgesetz also nicht geben, dann stünden 18 Milliarden Euro mehr im KTF zur Verfügung, für andere Klima-Projekte. Dieses Geld stünde nicht einfach im regulären Haushalt zur Verfügung.
Haushalt 2024: Regierung fehlten 60 Milliarden Euro
Die Finanzprobleme des Bundes, die am Ende den Haushaltsstreit auslösten, hatten natürlich auch mit dem KTF zu tun. Denn Finanzminister Christian Lindner (FDP) hatte ungenutzte Corona-Kreditermächtigung in Höhe von 60 Milliarden Euro in den KTF geschoben – was dann aber als verfassungswidrig eingestuft wurde. Das Gleiche hatte die Regierung mit anderen Sondervermögen, wie dem Wirtschaftsstabilisierungsfonds, gemacht.
Damit stand nicht mehr fest, welche geplanten Projekte nun wirklich das Geld aus dem KTF bekommen, und welche nicht. Auch das Geld für die Wärmewende stand auf der Kippe, wie andere Großprojekte der Regierung sowie Entlastungsvorhaben wie die Zuschüsse zur Netzentgeltstabilisierung. Andere Sondervermögen wurden ganz aufgelöst, sodass die Energiepreisbremsen vorzeitig beendet werden mussten.
17 Milliarden Euro im normalen Haushalt - auch ohne Heizungsgesetz
Doch durch das Haushaltsurteil fehlte der Bundesregierung vor allem Geld aus dem regulären Bundeshaushalt, 17 Milliarden Euro, um genau zu sein. Und um dieses Geld zu sparen, musste die Bundesregierung an anderer Stelle kürzen, beispielsweise beim Agrardiesel und der Befreiung der Kfz-Steuer für Bauern. Wenn es das Heizungsgesetz nicht geben würde, stünde die 17-Milliarden-Lücke trotzdem, die Regierung hätte auch so sparen müssen. Also vereinfacht gesagt: Die konkreten Zahlen sind eigentlich egal, es geht um den Topf, in dem das Geld steckt.
Worüber man sich natürlich streiten kann, ist, ob die 18 Milliarden Euro, die im KTF für das Heizungsgesetz nun vorgesehen sind, wirklich gut eingesetzt sind. Eigentlich hatte die Bundesregierung ja mal versprochen, die Einnahmen aus dem CO₂-Preis würden als Klimageld an die Bürgerinnen und Bürger wieder ausgeschüttet werden. Dafür könnte man diese 18 Milliarden gut verwenden. Oder für die E-Auto-Förderung, die Ende 2023 weggefallen ist. Das sind politische Entscheidungen, worüber sich Markus Söder beklagen kann. Aber die Finanzprobleme ganz auf das Heizungsgesetz zu schieben, verzerrt das Bild doch etwas.