Monday, January 29, 2024
Talk-Show in der ARD - Was Caren Miosga besser macht als Anne Will oder Markus Lanz
Talk-Show in der ARD - Was Caren Miosga besser macht als Anne Will oder Markus Lanz
Artikel von Von FOCUS-online-Experte Christoph Maria Michalski •
5 Std.
Das neue TV-Format von Caren Miosga in der ARD bricht mit traditionellen Konventionen und setzt neue Maßstäbe im Polit-Talk. Kommunikations-Experte Christoph Michalski zieht nach den ersten beiden Ausgaben ein positives Fazit. Die Kosten für die Gebührenzahler sind aber auch nicht ohne.
Was fällt beim Polit-Talk von Caren Miosga in der ARD auf?
Caren Miosga bricht mit der Sterilität der bisherigen Formate. Sie lässt Naheinstellungen der Kamera zu und zeigt im Gesichtsausdruck persönliche Regungen und Anteilnahme am Gesprächspartner. Bei Friedrich Merz lässt sie einen lockeren, leicht freundlich frotzelnden Ton miteinander zu.
Beim Interview mit Wolodymyr Selenskyj zeigt sie ein hohes Einfühlungsvermögen und Souveränität und stellt präzise Fragen. In den Interview-Sequenzen, die eingeblendet worden sind, sehe ich sowohl einen emotional bewegten ukrainischen Präsidenten als auch einen lachenden und schmunzelnden. Dies spricht für die vertrauensvolle Atmosphäre, die Caren Miosga im Gespräch aufbaut.
Ihr Nachbohren hat keine Penetranz (wie das manchmal bei Markus Lanz der Fall ist), sondern zeigt ihr Ringen um Verstehen und Nachvollziehbarkeit. Lediglich ihre sprungbereite Sitzhaltung am Talktisch symbolisiert ein sanftes Drängen und könnte einige Gesprächspartner irritieren.
Im neuen ARD-Talk - Miosga spricht CDU-Chef auf K-Frage an – als Merz antwortet, muss sie lachen
Der Einspieler gestern Abend, in dem sie beim Gang durch die zerbombte Stadt zeigt, gibt das Signal: Ich bin ganz nah dran! Ich scheue mich nicht davor, auch schwierige Situationen in Kauf zu nehmen.
In der gemeinschaftlichen Talkrunde schafft sie es, ausgewogene Gesprächsanteile zu moderieren und alle Gäste mit deren Expertisen zu neuen Erkenntnissen zusammenzufassen.
Meine Einschätzung nach weht mit diesem Format und Caren Miosga eine frische Brise durch den Talk-Dschungel, der Zeihen setzt.
Was unterscheidet das Talk-Format von Caren Miosga von dem ihrer Vorgängerin Anne Will?
Einzelgespräche zu Beginn der Sendung: Miosga beginnt ihre Sendung mit Einzelgesprächen, da sie der Meinung ist, dass Politiker in solchen Settings anders antworten, ohne das Gefühl zu haben, von anderen Gästen angegriffen zu werden.
Publikum im Studio: Im Gegensatz zu Anne Will holt Miosga das Publikum zurück ins Studio. Sie sieht dies als Zeichen für Offenheit und als Resonanzraum für die Diskussion.
Umgang mit der AfD: Miosga beabsichtigt, Mitglieder der AfD einzuladen, im Gegensatz zu Will, die zuletzt keine Politiker dieser Partei mehr in ihrer Sendung hatte. Allerdings macht Miosga deutlich, dass nicht alle Mitglieder der Partei eingeladen werden, insbesondere nicht die, die sie als extrem rechtsextrem einstuft. Miosga betonte nun allein aufgrund der anstehenden Landtagswahlen in Sachsen, Thüringen und Brandenburg: „In allen drei Bundesländern liegt die AfD vorn, also müssen wir sie einladen. Das gilt allerdings nicht für jeden und jede aus dieser Partei.“ Denn: „Nicht wenige von ihnen sind Meister im Errichten von Lügengebäuden. Da kommst du als Moderatorin im Überprüfen der Aussagen live nicht hinterher.“ Auch sagte Miosga, was Gäste aus der AfD angeht: „Es gibt in dieser Partei jene, die so krass rechtsextrem sind, dass sie ebenfalls keine Einladung bekommen werden.“ Doch mit Deutschlands erstem AfD-Bürgermeister in Raguhn-Jeßnitz in Sachsen-Anhalt würde sie „gern über populistische Versprechen reden“.
Wie stehen die Kosten ihrer Sendung im Vergleich zu anderen Talkshows?
Das sind nur Spekulationen, weil genaue Zahlen nicht zuverlässig recherchierbar sind. Da mauern die Sendeanstalten mit Geheimhaltungsklauseln. Die Zahlen der anderen Talkshows sind laut KEF (Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten) 10 Jahre alt.
So hat Anne Will jährlich Gesamtkosten von rund 7,5 Millionen Euro verursacht. Die Show kostete pro Sendung 250.000 Euro – das sind pro Sendeminute mehr als 4.100 Euro.
Für die Talkshow wie „Markus Lanz“ gab das ZDF lediglich einen Rahmen an - abhängig von Länge, Anzahl und redaktioneller Gestaltung der Ausgaben – zwischen 40.000 und 100.000 Euro pro Einheit."
Caren Miosga soll den NDR pro Jahr 5,8 Millionen Euro kosten. Eine Ausgabe kostet 190.000 Euro Millionen Euro. Ihr persönliches Honorar beträgt 570.000 Euro pro Jahr. Da sie auch als Produzentin ihrer Sendung tätig ist , erhöht sich die Jahressumme auf rund 700.000 Euro. Als Moderatorin verdient sie angeblich pro Sendung 19.000 Euro, andere Moderaten wie Louis Klamroth „hart aber fair“ lieben bei 17.000 Euro, Sandra Maischberger bei 22.000 Euro.
„Anne Will“ kostet bis Ende 2023 demnach eine Viertelmillionen pro Ausgabe, „Hart aber fair“ ist mit 195.000 Euro pro Sendung günstiger und „Maischberger“ liegt der Betrag bei 140.000 Euro. Im Vergleich zum Minutenpreis beim „Tatort“ ist das ein Schnäppchen. Die liegen bei rund 15.500 Euro - pro Filmminute. Ein anderthalbstündiger Spielfilm in dem Segment schlägt demnach mit knapp 1,4 Millionen Euro zu Buche.
Was wird an Talkshows allgemein kritisiert?
Talkshows werden oft wegen ihrer oberflächlichen Behandlung komplexer Themen kritisiert. In einer kurzen Sendezeit können tiefgründige Analysen schwierig sein, was zu einer vereinfachten Darstellung führt.
Ein weiterer Kritikpunkt ist die selektive Gästeauswahl, die bestimmte Meinungen bevorzugen und andere ausschließen kann. Dies führt zu Bedenken hinsichtlich der Einseitigkeit und des Mangels an Vielfalt in der Diskussion.
Sensationalismus ist ein weiteres Problem, bei dem emotional aufgeladene oder kontroverse Themen hervorgehoben werden, oft auf Kosten sachlicher Informationen. Die ständige Wiederholung der gleichen Themen und Gäste kann zur Ermüdung des Publikums führen.
Außerdem gibt es Sorgen über den Einfluss von Talkshows auf die öffentliche Meinungsbildung, besonders wenn sie polarisierende Ansichten verstärken oder fördern.
Diese Kritikpunkte zeigen die Herausforderungen auf, denen sich die Produzenten und Moderatoren von Talkshows stellen müssen, um ein ausgewogenes und informatives Programm zu bieten.