Tuesday, January 16, 2024

CDU-Außenpolitiker Röttgen zur Vorwahl in Iowa: „Spätestens jetzt intensiver auf eine Rückkehr Trumps vorbereiten“

Tagesspiegel CDU-Außenpolitiker Röttgen zur Vorwahl in Iowa: „Spätestens jetzt intensiver auf eine Rückkehr Trumps vorbereiten“ Artikel von Christopher Ziedler • 1 Std. Donald Trump gewinnt die ersten US-Vorwahlen in Iowa deutlich. Der CDU-Außenpolitiker Röttgen hält dessen Rückkehr ins Weiße Haus für möglich – und fordert Konsequenzen für die Politik der Bundesregierung. Herr Röttgen, wie schauen Sie auf die zurückliegende erste Wahlnacht in den USA? Die erhoffte Überraschung ist ausgeblieben. Der Auftakt der Vorwahlen in Iowa zeigt vor allem eines: Donald Trump dominiert die Republikanische Partei. Es gibt nicht einmal das kleinste Indiz dafür, dass sich daran etwas ändern könnte. Wie groß ist die Aussagekraft der Vorwahlen im ländlich geprägten Iowa? Natürlich ist sie noch sehr überschaubar, weil Iowa in seiner Sozialstruktur viel weißer, ländlicher, konservativer, evangelikaler und damit noch starker Trump zugeneigt ist als der Durchschnitt des Landes. Wir werden nächste Woche in New Hampshire sicher weniger eindeutige Zahlen sehen. Aber der Gesamttrend geht doch sehr klar Richtung Trump. Iowa gibt ihm nun einen zusätzlichen psychologischen Push, wieder der Kandidat der Republikanischen Partei zu werden. Sind Sie enttäuscht, dass Nikki Haley, die wohl Vernünftigste im Feld, nicht einmal auf Platz 2 kam, sondern hinter Ron DeSantis auf Platz 3? Ja, schon. Nikki Haley steht am ehesten noch dafür, was die Republikanische Partei einmal war. Im Ergebnis von Iowa sind nur noch Überreste dieser „Grand Old Party“ sichtbar. In dieses Bild passt, dass der Viertplatzierte, der Unternehmer Vivek Ramaswamy, in der Nacht schon aufgegeben und seine Anhänger zur Unterstützung Trumps aufgerufen hat. Auch das zeigt, wie sehr Trumps Narrativ verfangen hat, dass er die Präsidentschaftswahl 2020 gar nicht verloren habe, sondern ihm der Sieg von Joe Biden unrechtmäßig entrissen worden sei. Wenn es wirklich zum erneuten Duell zwischen Biden und Trump kommt. Wie würde es Ihrer Ansicht nach ausgehen? Stand heute sehe ich leichte Vorteile bei Trump, auch wenn sich das im Laufe des Jahres natürlich noch verändern kann. Seine Wiederwahl ist absolut möglich. Seine Bereitschaft, völlig unberechenbar zu sein, wird noch deutlich zunehmen in einer zweiten Amtszeit. Norbert Röttgen über die Zeit nach einer möglichen Wiederwahl Trumps Wie würde eine zweite Amtszeit im Vergleich zur ersten aussehen, die ja bereits im Sturm auf das US-Kapitol gipfelte? Ganz anders: Erstens ist der Grad der Vorbereitung viel höher. Die Entschlossenheit, das Land wirklich zu revolutionieren, ist immens in seinem ideologisch geprägten Umfeld. Zweitens würde meiner Einschätzung nach die Aggressivität Trumps und seine Bereitschaft, völlig unberechenbar zu sein, noch deutlich zunehmen in einer zweiten Amtszeit. Im Ergebnis würden wir innenpolitisch eine tiefe Krise der demokratischen Institutionen in den USA und außenpolitisch eine in der Nato erleben. Erstmals seit dem Zweiten Weltkrieg müssten wir wahrscheinlich ganz allein für unsere Sicherheit sorgen – und das in einer Zeit, da auf unserem Kontinent ein Krieg tobt. Kann Deutschland, kann Europa aus Ihrer Sicht noch etwas tun, um die Rückkehr Trumps ins Weiße Haus zu verhindern? Das ist die Entscheidung der Amerikaner. Wir können den pro-atlantischen und bündnisorientierten politischen Kräften aber den Wahlkampf erleichtern, indem wir mehr für die Unterstützung der Ukraine tun, um Trumps Argument zu entkräften, dass Deutschland und Europa auf Kosten der Amerikaner leben. Wirklich maßgeblichen Einfluss auf den Wahlkampf hätte aber auch das vermutlich keinen mehr. Also müssen wir uns auf Trump vorbereiten? Der Trend zu Trump hat sich in Iowa verfestigt. Spätestens jetzt muss sich die Bundesregierung intensiver als bisher auf eine Rückkehr Trumps ins Weiße Haus vorbereiten. Das heißt unter anderem, dass wir unsere Rüstungsproduktion so hochfahren müssen, dass sich die die Ukraine auch ohne US-Hilfe dem russischen Angriff erwehren kann. Daran hängt Europas Freiheit.