Tuesday, January 16, 2024

Große Änderung steht bevor: Maria Höfl-Riesch erklärt Ski-Dilemma mit Neureuther-Anekdote

Merkur Große Änderung steht bevor: Maria Höfl-Riesch erklärt Ski-Dilemma mit Neureuther-Anekdote Artikel von Christoph Klaucke • 2 Std. Airbag-Pflicht im Ski alpin Im Ski alpin ist eine kontroverse Diskussion um die Airbag-Pflicht entbrannt. Die ehemalige Weltklasse-Skiläuferin Maria Höfl-Riesch erklärt das Dilemma mit einer Neureuther-Anekdote. Garmisch-Partenkirchen – Airbag oder nicht? Diese Frage müssen oder anders gesagt dürfen sich die besten Skifahrer der Welt in Zukunft nicht mehr stellen. Ab der kommenden Saison 2024/25 ist das Tragen eines Spezial-Airbags unter dem Skianzug verpflichtend. Die Kritik an der Sicherheitsmaßnahme ist groß. Die ehemalige Ski-Rennläuferin Maria Höfl-Riesch hat eine klare Meinung in der Debatte und erinnert sich an Felix Neureuther. Airbag-Pflicht im Ski alpin ab Saison 2024/25 verpflichtend Der Weltverband Fis führt zur Saison 2024/25 den Airbag verpflichtend ein, für Frauen und Männer in Super-G und Abfahrt. Zur Begründung der neuen Regel sagte eine Fis-Sprecherin auf dpa-Anfrage, Airbags hätten sich „als wertvolle Maßnahme erwiesen, um die Sicherheit der Athleten bei Speed-Rennen zu erhöhen“. Erst am vergangenen Wochenende erschütterten schwere Stürze von Aleksander Aamodt Kilde und Alexis Pinturault, dessen Bild mehr als 1000 Worte sagt, den Ski-Zirkus. Viele finden die Spezialweste mit den aufblasbaren Luftkammern unpraktisch im Rennen. Manche zweifeln daran, dass der Airbag sie wirklich schützt. Einige fürchten, vom Hightech-Equipment gehe sogar eher eine Gefahr aus. „Ich habe sogar auch schon gehört, dass durch den Druck des Airbags Verletzungen passieren können, das kann ich aber nicht beurteilen“, sagte Deutschlands dreimalige Olympiasiegerin Maria Höfli-Riesch im Gespräch mit Merkur.de. Maria Höfl-Riesch kritisiert die Airbag-Pflicht ab kommender Ski-Saison. Felix Neureuther fuhr einst mit Mütze, bis die Helmpflicht eingeführt wurde. Maria Höfl-Riesch erklärt Ski-Dilemma mit Neureuther-Anekdote Die Garmischerin, die 2014 ihre Karriere beendet hat, erklärte zwar, mit dem Airbag selbst noch keine Erfahrung gemacht zu haben, würde sich jedoch Entscheidungsfreiheit wünschen: „Als ich noch Rennen gefahren bin, wurde das bei den Herren erstmals vereinzelt auf Freiwilligenbasis ausprobiert. Es gab aber immer Läufer, die gesagt haben, sie fühlen sich damit nicht wohl oder sie haben Angst vor Fehlauslösungen. Einige andere dagegen wollten den Airbag unbedingt. Es sollte jeder selber wissen, ob man ihn tragen möchte oder nicht.“ Entscheidend sei allerdings, ob es erwiesen ist, dass der Airbag besser schützt: „Dann fände ich es schon nicht schlecht, ihn zu nutzen. Eine Tragepflicht finde ich aber doch fragwürdig, wenn so viele Athleten dagegen sind.“ Die 39-Jährige bringt das Problem mit dem Airbag gegenüber Merkur.de mit einer Neureuther-Anekdote auf den Punkt. Große Ski-Änderung steht bevor: Maria Höfl-Riesch teilt Neureuther-Anekdote „Ich erinnere mich noch, als der Helm damals im Slalom zur Pflicht wurde. Felix Neureuther ist noch bis Anfang der 2000er Jahre mit Mütze gefahren. Es ist aber offensichtlicher, dass ein Helm beim Sturz den Kopf schützt, als der Airbag den gesamten Körper“, erklärte Höfl-Riesch, die 2014 in Sotschi im Super-G Olympia-Silber und in der Abfahrt zweimal WM-Bronze holte. Dem stimmt auch Neureuther zu. „Das, was hauptsächlich durch diesen Airbag geschützt wird, ist der Oberkörperbereich“, erklärte Neureuther. In dem komme es im alpinen Skisport aber kaum zu Verletzungen. Der Rücken sei zudem schon durch den Rückenprotektor geschützt. „Als die Helmpflicht im Slalom kam, fand ich das gut. Beim Airbag bräuchte es noch mehr belegbare Studien dafür“, meinte Höfl-Riesch, die ihren Geburtstag in den USA feierte. Fis löste Experten-Gruppe für Airbag auf Einer, der sich bei dem Thema auskennt, ist Karl-Heinz Waibel, der Bundestrainer für Wissenschaft und Technologie im DSV. Er war bis vor Kurzem Teil einer Fis-Expertengruppe, in der er zusammen mit anderen Funktionären und Ex-Sportlern wie Pernilla Wiberg oder Marco Büchel, der als ZDF-Experte wegen des Verletzungsdramas in Wengen tobte, über den Airbag beriet. Die Gruppe sprach sich gegen eine Airbag-Pflicht aus. „Gegen schwere Rückenverletzungen braucht es keinen Airbag, da leistet der Rückenprotektor schon seit den 90er Jahren gute Arbeit“, erläuterte Waibel im Gespräch mit der dpa. Er sei nicht grundsätzlich gegen den Airbag, unterstrich Waibel. Viel wichtiger seien aber Forschung und Entwicklung, wenn es darum geht, schwere Knieverletzungen zu verhindern, die größte Sorge im Skisport, wie das Albtraum-Wochenende in Wengen zeigte. Den Airbag nannte Waibel eine „Nebensächlichkeit“. Die Fis ignorierte die Einschätzung der Experten – und löste die Gruppe jüngst still und heimlich auf. DSV-Star traut dem Airbag nicht mehr – Kollege erlitt auffallende Wirbelverletzungen Ist der Airbag also fast nutzlos? Oder noch gravierender: Ist es sogar gefährlich? In den vergangenen Jahren erlitten einige Athleten – etwa Österreichs Olympiasieger Matthias Mayer und der deutsche Abfahrer Manuel Schmid – auffallende Wirbelverletzungen bei Stürzen, in denen der Airbag auslöste. Die Hersteller weisen nach dpa-Informationen in offiziellen Schreiben an die Fis die Schuld für derartige Blessuren von sich. Doch das Misstrauen wuchs. Der deutsche Routinier Romed Baumann etwa fuhr sieben Jahre lang mit Airbag, nach der Verletzung von Teamkollege Schmid im Sommer 2021 legte er ihn wieder zur Seite. „Ich hatte dann kein gutes Gefühl mehr“, erzählte Baumann. Im deutschen Alpin-Männer-Team nutzen aktuell nur noch die Youngster Luis Vogt und Jacob sowie Thomas Dreßen, der in Wengen den Tränen nahe war, den Airbag. Deutschlands Ski-Ass Dreßen kugelte sich durch Airbag-Wucht wohl beide Schultern aus Dabei ist davon auszugehen, dass dem Ex-Kitzbühel-Sieger Dreßen Anfang 2020 bei einem Rennsturz beide Schultern ausgekugelt wurden durch die Wucht des sich blitzschnell aufblasenden Airbags. Auch Top-Stars wie der Norweger Aleksander Aamodt Kilde, der in Wengen schwer stürzte und einen Kuss von der besten Skifahrerin der Welt bekam, oder Dominik Paris aus Südtirol ziehen keinen Airbag an. (ck/dpa)