Monday, March 17, 2025
Nach Trumps Drohungen: Kanadas Schulterschluss mit Frankreich
Frankfurter Allgemeine Zeitung
Nach Trumps Drohungen: Kanadas Schulterschluss mit Frankreich
Michaela Wiegel • 1 Std. • 2 Minuten Lesezeit
Signal an Washington: Mark Carney und Emmanuel Macron wollen die Zusammenarbeit zwischen Kanada und Frankreich vertiefen.
Seine erste Auslandsreise hat den neuen kanadischen Ministerpräsidenten nicht wie üblich nach Washington, sondern am Montag nach Paris geführt. Mark Carney nannte im Élysée-Palast Kanada das „europäischste aller nicht europäischen Länder“ und betonte, dass Frankreich zu den „zuverlässigsten Verbündeten“ seines Landes gehöre. Freihandel sei wesentlich wirksamer zur Wohlstandsvermehrung als Zollbarrieren und Strafzölle. Es komme darauf an, für seine Werte einzustehen, sagte er.
Bei dem gemeinsamen Pressestatement mit Gastgeber Emmanuel Macron sprach Carney Französisch. Auch dies war ganz offensichtlich als Signal an den amerikanischen Präsidenten gemeint, der Kanada als 51. Staat in die Vereinigten Staaten integrieren will und von Carneys Vorgänger als „Gouverneur“ sprach. Kanada werde „niemals, in keiner Weise, Form oder Gestalt, Teil der Vereinigten Staaten sein“, hatte Carney in seiner Antrittsrede am vergangenen Freitag gesagt. Nur ein paar Sätze verlor Carney in Paris in englischer Sprache über die aktuelle „wirtschaftliche und geopolitische Krise“, ohne allerdings dessen Urheber, Donald Trump, beim Namen zu nennen.
Macron erinnerte an die Opfer kanadischer Soldaten im Zweiten Weltkrieg. Sie hätten an der Anlandung der Alliierten am 6. Juni 1944 teilgenommen und Europa befreit. „Diese Generation inspiriert uns weiterhin“, sagte Macron. Kanada und Frankreich setzten sich seit Beginn des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine für einen „soliden und dauerhaften Frieden“ ein. Carney betonte, dass sein Land die Ukraine weiterhin unterstützen werde. Er hatte zuvor mit dem ukrainischen Präsidenten telefoniert. „Weder das Recht des Stärkeren noch der Isolationismus“ seien Werte, mit denen Frankreich sich anfreunden könne, pflichtete Macron ihm bei.
Frankreich hofft auf Rüstungsaufträge
Bei dem gemeinsamen Mittagessen sollte es auch um eine verstärkte wirtschaftliche Zusammenarbeit zwischen Frankreich und Kanada gehen. So ist der Ausbau einer Hochgeschwindigkeitsbahnstrecke zwischen Québec und Toronto auf einer Trasse nach französischem TGV-Modell geplant, wie Macron erwähnte. Die Verbindung soll die Fahrzeit von fünf auf drei Stunden verkürzen. Macron sprach auch eine Kooperation bei kritischen Rohstoffen und bei Künstlicher Intelligenz sowie eine Zusammenarbeit im nuklearen Bereich an. Die französische Rüstungsindustrie hofft auf Aufträge des NATO-Verbündeten Kanada.
Das neue Atom-U-Boot Le Tourville machte für einige Tage im Hafen von Halifax halt, nachdem es seine erste Atlantiküberquerung bestanden hatte. Der französische Außenminister Jean-Noël Barrot feierte das U-Boot bei einer Stippvisite in Halifax als „Zeuge der industriellen Exzellenz“. Der Hersteller, Naval Group, ist eines von drei Unternehmen, die sich um einen Milliardenauftrag der kanadischen Regierung bewerben. Kanada muss seine vier veralteten U-Boote der Victoria-Klasse ersetzen, die das Land in den Neunzigerjahren gebraucht von der Royal Navy erworben hatte. Als möglicher Lieferant galt in Fachkreisen bisher auch der deutsche Werftkonzern Thyssenkrupp Marine Systems. Kanada will zwölf U-Boote kaufen, die unter Eis fahren können. Der kürzlich zurückgetretene Ministerpräsident Justin Trudeau hatte sich für atomgetriebene U-Boote ausgesprochen, um „die längste Küstenlinie der Welt zu schützen“.
In Frankreich verfolgt man auch aufmerksam, dass Kanada mögliche Alternativen zu den amerikanischen F-35-Kampfflugzeugen prüfen will. Vor seinem Mittagessen mit Macron besichtigte Carney die restaurierte Kathedrale Notre-Dame de Paris. Er wollte danach nach London weiterreisen.