Friday, January 12, 2024

„Freak-Haufen“ auf dem Weg aus der CDU

FR „Freak-Haufen“ auf dem Weg aus der CDU Artikel von Felix Huesmann • 3 Std. Carsten Linnemann traut seinen Augen nicht, wenn er nach Potsdam schaut. Die Partei will die Werteunion schnellstens loswerden nach dem „Remigrations“-Treffen in Potsdam. Generalsekretär Linnemann verspricht „knallharte Konsequenzen“. Ein geheimes Treffen mit einem „Masterplan“ für eine rassistische und verfassungsfeindliche Agenda: Ein am Mittwoch veröffentlichter Artikel des Recherchezentrums Correctiv könnte nicht nur für die AfD ungemütlich werden. Er zeigt auch, wie wenig Abstand zu der in weiten Teilen rechtsextremen Partei manche wahren, die sich bislang noch am rechten Rand der CDU tummeln. Am 25. November hatten sich gut zwei Dutzend Personen in Potsdam getroffen, um darüber zu beraten, wie man Geflüchtete, Migrant:innen und Deutsche mit Migrationsgeschichte aus dem Land kriegen könnte. Hauptreferent war Martin Sellner, Kopf der rechtsextremen Identitären Bewegung aus Österreich. Sellner soll einen „Masterplan“ zur „Remigration“ vorgestellt haben. Der Begriff wird in der rechten Szene als Euphemismus für millionenfache Abschiebung und Vertreibung aus Deutschland verwendet. Das Treffen sei aus zwei Gründen bemerkenswert, sagt Correctiv-Chefredakteur Justus von Daniels dem Redaktionsnetzwerk Deutschland: „Zum einen zeigt es die enge Vernetzung von Sellner mit AfD-Politikern. Eigentlich gibt es einen Unvereinbarkeitsbeschluss der AfD gegenüber der Identitären Bewegung.“ Der zweite Grund seien die Inhalte des „Masterplans“: „Nach dem völkisch-rassistischen Weltbild, das dort vertreten wurde, geht es dabei auch um Menschen mit deutschem Pass. Die Teilnehmer suchen offensichtlich nach Kriterien, wie man Deutsche aufteilen kann – in Menschen, die in deren Weltbild passen, und solche, die das nicht tun.“ Das sei „offensichtlich verfassungswidrig“, sagt von Daniels. Die AfD-Bundestagsabgeordnete Gerrit Huy bestätigte auf X/Twitter, dass sie an dem Treffen teilgenommen hat. Dass ein „Geheimplan gegen Deutschland“ ausgearbeitet worden sei, sei aber eine „infame Lüge“. „Richtig ist, dass sich die AfD für eine Remigration einsetzt“, schreibt sie weiter. Nicht nur AfD-Leute nahmen laut Correctiv an dem Treffen teil, sondern auch drei Mitglieder der CDU. Einer ist der Jurist Ulrich Vosgerau, der auch schon im Kuratorium der AfD-nahen Desiderius-Erasmus-Stiftung war und als Anwalt Partei wie Stiftung vor dem Bundesverfassungsgericht vertreten hat. Die anderen beiden sind gleichzeitig Mitglieder der Werteunion. Der Verein steht am rechten Rand der Unionsparteien und ist keine offizielle Parteigliederung. Der Vorsitzende des Vereins, der frühere Verfassungsschutzchef Hans-Georg Maaßen, will noch in diesem Monat darüber abstimmen lassen, ob aus dem Verein eine Partei in Konkurrenz zur Union werden soll. Simone Baum aus dem oberbergischen Engelskirchen ist NRW-Landesvorsitzende der Werteunion, Michaela Schneider aus Morsbach ihre Vize. Beide waren laut Correctiv in Potsdam dabei. Simone Baum ist laut eigenen Angaben in einem Youtube-Video des Vereins Gründungsmitglied der Werteunion. Wie der „Kölner Stadtanzeiger“ berichtete, saß sie von 2014 bis 2020 für die CDU im Gemeinderat Engelskirchen. Bei einer Kampfabstimmung um eine erneute Kandidatur 2019 habe sie dann jedoch verloren. Schneider war bis Freitag noch in der Mittelstands- und Wirtschaftsunion – anders als die Werteunion eine offizielle Vereinigung von CDU und CSU. Baum und Schneider antworten auf eine Anfrage des Redaktionsnetzwerks zu ihrer Anwesenheit in Potsdam nicht. Ein Sprecher der Werteunion sagte gegenüber der Frankfurter Rundschau, er könne die Teilnahme der beiden Frauen weder bestätigen noch dementieren. Linnemann ist „entsetzt“ Die Bundes-CDU verurteilte das Potsdamer Treffen und übte scharfe Kritik. „Das ist völlig inakzeptabel, entsetzlich, menschenverachtend“, sagte Generalsekretär Carsten Linnemann dem TV-Sender Phoenix. „Die Justiz muss tätig werden, die Sicherheitsbehörden, und knallharte Konsequenzen müssen gezogen werden.“ Zur Teilnahme von Mitgliedern von Werteunion und CDU sagte er: „Wir prüfen im Moment, ob Mitglieder der Werteunion zugegen waren. Sollte dies so sein – und vieles spricht dafür –, werden wir harte Konsequenzen ziehen. Die Sicherheitsbehörden müssen aktiv werden und wir werden das unterstützen.“ Es ist wahrscheinlich, dass die CDU dann ein Ausschlussverfahren veranlasst. Die Werteunion ist in CDU und CSU stark umstritten. Das CDU-Präsidium hat 2023 beschlossen, dass eine Mitgliedschaft in der Werteunion unvereinbar mit einer in der CDU sei. Einen bindenden Beschluss kann aber nur ein Parteitag treffen. Der nächste ist im Mai. Junge-Union-Chef Johannes Winkel bekräftigte seine Forderung nach diesem Beschluss. „Das Treffen in Potsdam zeigt, welches verstörende Weltbild auch in der Werteunion grassiert“, sagte Winkel. „Ob durch Union oder Unvereinbarkeitsbeschluss unsererseits – es ist Zeit, dass sich die CDU von diesem Freak-Haufen verabschiedet.“