Thursday, January 18, 2024

Auch die Wärmepumpe schützt nicht – Für das Gasnetz sollen bald alle mehr zahlen

WELT Auch die Wärmepumpe schützt nicht – Für das Gasnetz sollen bald alle mehr zahlen Artikel von Philipp Vetter • 1 Std. Damit die Betreiber den Gasnetzausbau schneller vorantreiben können, sollen die Kosten bereits deutlich früher umgelegt werden – und zwar auf alle Verbraucher. Das geht aus einem Eckpunkteplan der Bundesnetzagentur hervor. Auch wer mit Strom heizt, wäre demnach betroffen. Es sind gewaltige Summen, die in den kommenden Jahren in den Ausbau der deutschen Energienetze fließen sollen: Allein für die Stromnetze geht die Bundesnetzagentur (BNetzA) von 450 Milliarden Euro bis 2045 aus. Es geht nicht nur um zusätzliche Übertragungsnetze für eine Zukunft mit mehr Energie aus erneuerbaren Quellen. Auch die sogenannten Verteilnetze müssen ausgebaut werden, mit denen der Strom zu einzelnen Wärmepumpen und E-Auto-Ladestationen transportiert wird. Da erscheint die Summe fast schon mickrig, die bis 2032 in den Umbau der Gas-Fernleitungsnetze gesteckt werden muss. Es sind in den kommenden acht Jahren rund 4,3 Milliarden Euro. Bezahlen müssen die Investitionen sowohl bei Strom als auch bei Gas die Verbraucher – über die sogenannten Netzentgelte. Die Bundesnetzagentur will das System, wie die Entgelte berechnet werden, in den kommenden Monaten reformieren. Sie hat dafür nun einen ersten Eckpunkteplan vorgelegt. Es sind viele technische und komplexe Überlegungen. Klar ist: Sie werden sich sehr konkret auf den Gas- und Stromrechnungen der Verbraucher niederschlagen. Vor allem für die Gasnetze plant die Behörde mit einer Regelung, die durchaus kontrovers sein dürfte. Während beim Strom fast alle Verbraucher auch vom Ausbau der Netze profitieren werden, sollen beim Gasnetz auch diejenigen mitbezahlen, die sich frühzeitig für andere Energieträger wie eine Wärmepumpe entschieden haben. Das liegt daran, dass die Kosten beim Gas nicht durch den Auf- und Ausbau der Netze, sondern durch deren Abbau verursacht werden. Wenn die energiepolitischen Pläne der Ampel-Regierung aufgehen, soll maximal noch bis 2045 mit Erdgas geheizt und produziert werden dürfen. Zwar wird ein Teil der bestehenden Infrastruktur voraussichtlich umgewidmet und für das Wasserstoffnetz genutzt. Doch längst nicht das gesamte Netz wird benötigt. Das Problem für die Betreiber ist, dass die Zahl der Gaskunden, auf die man die Kosten über die Netzentgelte umlegen kann, immer weiter schrumpft, weil sie auf Wärmepumpen oder andere Energieträger umsteigen. Deshalb sieht der Vorschlag der Bundesnetzagentur vor, dass die Kosten nicht erst dann verteilt werden, wenn sie tatsächlich anfallen, sondern schon deutlich früher – wahrscheinlich ab 2026. Den Gasnetzbetreibern soll ermöglicht werden, Rückstellungen zu bilden und ihre Infrastruktur schneller abzuschreiben. Diese vorgezogenen Kosten können dann frühzeitig auf alle Kunden umgelegt werden, die noch Gas beziehen. Die Last tragen damit nicht nur die Verbraucher, die besonders lange an ihrer Gasheizung festhalten, sondern auch diejenigen, die noch in den 2020er-Jahren auf andere Heizungsarten umsteigen. Mehrbelastungen sollen „überschaubar“ sein Es gehe darum, „die Kosten so nach vorn zu ziehen, dass sie noch von möglichst vielen Kunden getragen werden“, sagte BNetzA-Chef Klaus Müller bei Vorstellung der Pläne. Das könne zu „überschaubaren Mehrbelastungen“ für die Verbraucher führen. Konkret geht es um einen wohl einstelligen Euro-Betrag pro Monat, um den die Netzentgelte durch die Rückstellungen und schnelleren Abschreibungen steigen werden. Das sei aber nur eine grobe Schätzung, betonte Müller. Bis es Gewissheit gibt, wird es noch eine Weile dauern. Über die Pläne der BNetzA wird dieses und kommendes Jahr beraten, so der Plan. Erst 2026 könnten die Effekte wirken. Weil es bei den Gasnetzen aber eine „höhere Dringlichkeit“ gebe, sei es möglich, dass dieser Teil der Regulierung abgetrennt und vorgezogen wird, hieß es bei der Behörde. Mit Auswirkungen auf die Gas-Rechnungen sei dennoch nicht vor 2026 zu rechnen. Wie hoch der Aufschlag ausfällt, hänge auch von den Betreibern vor Ort ab. Die müssten entscheiden, ob und in welchem Umfang sie die Abschreibungs- und Rückstellungsmöglichkeiten nutzen. Der Verband Kommunaler Unternehmen (VKU), in dem viele Stadtwerke organisiert sind, begrüßte die geplanten Regelungen. „Gut, dass die BNetzA nun beherzt handelt und die Nutzungsdauern bei der Abschreibung verkürzen und den Netzbetreiber erlauben will, Rückstellungen für die Kosten absehbarer Stilllegungen bilden zu dürfen.“ Über die genaue Berechnung der Entgelte müsse man aber noch mal reden.