Friday, January 5, 2024

Als Schäuble starb, hörte er Mozart

WELT Als Schäuble starb, hörte er Mozart 1 Std. Hunderte Trauernde kamen zur Beisetzung des verstorbenen CDU-Politikers nach Offenburg. In ihrer Predigt würdigte Landesbischöfin Heike Springhart Schäuble wegen seines Mutes angesichts des Todes. Ministerpräsident Kretschmann erinnerte an einen legendären Spruch. Fullscreen button Angehörige der Bundeswehr trugen den Sarg von Wolfgang Schäuble aus der Kirche in Offenburg Heike Springhart, die evangelische Landesbischöfin von Baden, hat den gestorbenen CDU-Politiker Wolfgang Schäuble (†81) als unabhängigen Geist, beharrlichen Kämpfer für die Demokratie und weitsichtigen Europäer gewürdigt. „Wolfgang Schäuble hat aus einer Kraft gelebt, die größer war als er selbst. Er hat mit seiner Weisheit und der dem Schwarzwälder eigenen Mischung aus Beharrlichkeit und Verschmitztheit die demokratische Kultur in unserem Land geprägt und für den Erhalt der Demokratie gekämpft bis zuletzt“, sagte sie am Freitag beim Trauergottesdienst in Offenburg. Als er am Heiligabend mit der Familie in der Stadtkirche zum Krippenspiel gewesen sei, habe Schäuble gewusst, dass sein Leben zu Ende gehe. „So konnte er gelassen und weise sterben.“ Ohne Angst, nach letzten Anrufen bei Freunden, mit dem Violinkonzert von Mozart im Ohr habe er sich auf seine letzte Reise gemacht, so Springhart. „Wer so stirbt, der stirbt wohl.“ Der am 18. September 1942 in Freiburg geboren und in Hornberg aufgewachsene Schäuble sei unerschrocken gewesen – auch angesichts der Endlichkeit des Lebens. Der CDU-Politiker war am zweiten Weihnachtstag im Alter von 81 Jahren im Kreis der Familie in seiner Heimatstadt Offenburg gestorben. „Papa, Du hast uns gezeigt, wie man mit sich im Reinen und würdevoll sterben kann“, sagte auch seine Tochter, Christine Strobel. Der frühere Bundestagspräsident war nach ihren Worten bis Heiligabend im Krankenhaus und rechnete selbst mit dem Tod. Nachdem seine Frau Ingeborg ihm gesagt habe, sie wolle ohne ihn nicht leben, habe Schäuble „das Sterben wie so viele Male davor wieder abgeblasen“, sagte Strobl und ergänzte: „Er wollte uns noch einmal ein letztes Weihnachten schenken.“ Der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz hob beim Trauergottesdienst Schäubles Lebensleistung hervor. „Wir begleiten ihn in Liebe, in Freundschaft und ganz sicher wir alle zusammen in grenzenlosem Respekt. Was für eine Lebensleistung. Was für ein politisches Leben“, sagte Merz. Schäuble habe „Generationen von Abgeordneten unserer Fraktion eine Prägung mitgegeben, auch mir ganz persönlich. Ohne ihn stände ich heute nicht hier“, sagte der CDU-Chef. „Wir sind über die letzten drei Jahrzehnte immer engere Freunde geworden.“ 16 der bisher 24 Regierungen des Landes habe sein ehemaliger Parteikollege erlebt, fast jeder dritten davon habe er selbst angehört. „Zwei hohe Staatsämter sind ihm versagt geblieben. Er hätte sie ohne Zweifel beide ausgefüllt“, sagte Merz. Als Gestalter Europas, leidenschaftlichen Demokraten und großen Sohn des Landes würdigte der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) den Verstorbenen. „Mit Wolfgang Schäuble verliert unser Land eine ganz große politische Persönlichkeit“, sagte Kretschmann. Der dienstälteste Parlamentarier habe das Land maßgeblich gestaltet, geprägt und getragen. Kretschmann bescheinigte ihm Wirkmächtigkeit über ein halbes Jahrhundert. Er habe Schäubles politisches Geschick, seine Ausdauer, seine Überzeugungsstärke und unglaubliche Urteilskraft immer sehr bewundert. „Er dachte die Dinge durch und dachte sie vom Ende her.“ Er habe auch hart und polemisch sein können, aber er habe immer auch Kompromisse gemacht, die er als Kardinaltugend der Demokratie und nicht als Schwäche angesehen habe. Schäuble sei hinter seine Ämter im Dienst am demokratischen Staat zurückgetreten. „Das machte ihn selber zu einer Institution.“ Für Kretschmann bleibt Schäuble auch mit seiner großen Heimatverbundenheit in Erinnerung und mit seinem Humor. Unvergesslich bleiben für ihn Schäubles viel zitierte Worte: „Isch over“.