Friday, January 12, 2024

„Wir schließen letzte, völlig intakte Atomkraftwerke und setzen nun auf teures flüssiges Gas“

WELT „Wir schließen letzte, völlig intakte Atomkraftwerke und setzen nun auf teures flüssiges Gas“ 1 Std. Manager Joe Kaeser wirft der deutschen Politik vor, zu „oft in Legislaturperioden zu denken“. Dadurch sei es für die Wirtschaft schwer, eine vernünftige Zukunftsplanung aufzustellen. Eine Industrienation wie Deutschland könne so nicht geführt werden. Joe Kaeser war von 2013 bis 2021 Vorsitzender des Vorstands der Siemens Eine „Energie-Agenda 2035“ wäre „die wichtigste gemeinsame Aufgabe von Politik und Wirtschaft. Dieser Dialog findet aktuell nicht statt“, sagt Joe Kaeser, Aufsichtsratschef von Siemens Energy, gegenüber dem „Focus“. Noch sei „alles Stückwerk, und nichts davon passt wirklich zusammen“. Kaeser weiter: „So kann man eine Industrienation wie unsere einfach mittelfristig nicht führen.“ Der 66-Jährige wirft der Politik vor, „oft in Legislaturperioden zu denken. Das hilft aber den Unternehmen nicht, die viel mehr zu verlieren haben als eine Wahl.“ Manager Kaeser führt weiter aus: „Ein vernünftiger Energieplan müsste mindestens zehn Jahre umfassen, am besten mehrere Dekaden umspannen.“ Es gehe „um Rahmenbedingungen und Ziele, nicht um Mikromanagement. Und es wäre dringend nötig, diesen Plan endlich zu entwickeln, der das Wünschenswerte und das Machbare langfristig zusammenbringt.“ Zurzeit erlebe er meist „zu kleines Karo“. Manager kritisiert Chaos bei politischen Maßnahmen Kaeser ärgert sich über das zuletzt erlebte Chaos an politischen Maßnahmen: „Mal gibt es eine Gaspreisbremse, dann wird sie wieder aufgehoben. Die Debatte um einen Industriestrompreis verwirrt alle. Wir schließen letzte, völlig intakte Atomkraftwerke und setzen nun auf teures flüssiges Gas. Und wenn es nicht reicht, wieder auf Kohle. Mal werden E-Autos mit viel Geld gefördert, jüngst wurde die Hilfe abrupt gestoppt. Wir brauchen auch keine gigantischen Offshore-Windanlagen, wenn noch nicht mal die Leitungen genehmigt sind, die den Strom dann zu den Nutzern im Land bringen könnten.“ Mit Blick auf die deutschen Bemühungen hin zur Energiewende zog der deutsche Spitzenmanager ein bitteres Fazit: „Wo ist das mittel- bis langfristige Geschäftsmodell für eine Energiewende auf breiter Front? Es gibt derzeit keines, wäre die ehrliche Antwort.“